Beruf und Ehrenamt soll künftig gemeinsam unter die generelle Wochenarbeitszeit von 48 Stunden fallen – so will es zumindest die EU. Im Klartext hieße das, wer bereits 40 Stunden in der Woche im Beruf tätig war, dem blieben nur noch acht Stunden fürs Ehrenamt übrig.
Eine Katastrophe für die Freiwilligen Feuerwehren im Tal oder auch die diversen Vereine, die auf die Hilfe von ehrenamtlichen Mitarbeitern angewiesen sind.
Was unsinnige Richtlinien angeht, ist man aus der EU ja schon einiges gewöhnt. Ob Bananenform oder Gurkengröße, fast alles wurde bereits in irgendeiner Form geregelt. Die neuen Pläne der EU, die derzeit noch verhandelt werden und im September dann verabschiedet werden sollen, bedrohen nun allerdings die Existenz des Ehrenamts.
“Das würde keiner machen”
Geplant ist die “Wochenarbeitszeit” auf 48 Stunden zu begrenzen – und zwar für Beruf und Ehrenamt zusammen. Dienste wie beispielsweise bei der freiwilligen Feuerwehr wären dann nicht mehr möglich.
„Die meisten sind ja schon über 40 Stunden in ihrem Beruf tätig. Wenn dann nur noch sechs bis acht Stunden für die Feuerwehr übrig bleiben würden, könnten wir nicht mal die Ausbildung aufrecht erhalten“, meint Franz Huber, erster Kommandant der Freiwilligen Feuerwehr Dürnbach: „Und dann haben wir noch keinen Einsatz absolviert“.
Sollte die Richtlinie in ihrer jetzigen Form vom Parlament verabschiedet werden, würde dies in der Praxis bedeuten, dass die Feuerwehrmänner bei einem Brand ihre Schläuche hinlegen müssten, sobald ihre maximale Arbeitszeit erreicht wäre. „Das würde keiner machen“, ist Huber überzeugt.
Viel zu teuer
Eine mögliche Lösung könnte dann eine Berufsfeuerwehr sein, die den notwendigen Dienst verrichtet. Laut Huber gab es vor einiger Zeit bereits Überlegungen, eine solche einzuführen. Das Ergebnis der Kalkulationen: viel zu teuer. „Für das Geld könnte man allen Feuerwehren im Tal jedes Jahr ein neues Fahrzeug kaufen“.
Und selbst dann, wäre laut dem Kommandanten wohl nicht einmal gewährleistet, dass die Feuerwehr innerhalb von maximal zehn Minuten am Einsatzort wäre: „Schließlich können wir nicht über den See drüber fahren“.
Aber nicht nur die Feuerwehren würden eine solche Regelung in große Bedrängnis bringen. Auch Sportvereine wären arg betroffen. Ehrenamtlich tätige wie der Erste Vorstand des FC Rottach Anton Erlacher müssten ihr Amt in dem Fall ruhen lassen, denn: „Innerhalb der dann vorhandenen Zeit wäre die Arbeit sicher nicht zu bewältigen“, so Erlacher.
Außerdem gäbe es jetzt schon immer weniger Ehrenamtliche, da sich der freiwillige Dienst zunehmen seltener mit dem Beruf vereinbaren lasse. Ein Problem, dass viele Vereine kennen. Die Nachwuchsarbeit entwickelt sich mehr und mehr zu einem überlebenswichtigen Faktor. Mit ungewissem Ausgang.
Einen weiteren Punkt bringt Clemens Engel, ehemaliger Vorstand des TSV Bad Wiessee und diesjähriger Organisator des Wiesseer Waldfestes ins Spiel.
Durch den Mehraufwand wegen der zweimaligen Verlegung dieses Jahr, habe ich fast meinen eigentlichen Job ruhen lassen müssen, damit das Waldfest überhaupt stattfinden konnte.
Mit der neuen Regelung hätte der TSV Bad Wiessee dieses Jahr wohl auf sein Fest verzichten müssen. Aber auch unter normalen Umständen scheint ein Waldfest ohne die bis zu 100 ehrenamtlichen Helfer schier undenkbar. Eine Arbeit, die vor allem der Jugendarbeit zu Gute kommt.
Angesichts dieser Umstände erscheint es wohl mehr als fraglich, ob die Richtlinie in ihrer derzeitiger Form in Europa eine breite Zustimmung erhält. Schließlich hat sich die Europäische Union selbst das Ziel gesetzt die Voraussetztungen für ehrenamtliche Tätigkeit zu verbessern und deswegen das vergangene Jahr zum Europäischen Jahr der Freiwilligentätigkeit erklärt. Eine Entscheidung für die neue Richtlinie wäre dagegen eine Entscheidung gegen das Ehrenamt und damit gegen die Vereine.
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