Mutti integriert nicht

Die allgegenwärtige Asyldebatte ist nicht nur am Stammtisch, in der Familie oder im Büro das Thema Nummer 1: Auch in der Redaktion der Tegernseer Stimme wird immer wieder diskutiert. Aus aktuellem Anlass haben wir gestern eine Rubrik zu dem Thema gestartet, in der die Redakteure ihre Sicht in einem Kommentar darstellen. Heute spricht Robin Schenkewitz aus seiner Erfahrung.

Helferkreis Asyl und Integration im Tal
Integration wird nicht in Berlin, sondern im Lokalen gemacht.

Ein Kommentar von Robin Schenkewitz
„Wir schaffen das“. Dieses einfache Willensbekenntnis ist in den vergangenen Wochen zum Kampfbegriff für alle möglichen Gedankenwelten und Anfeindungen geworden. Dabei ist es schlicht eine Einstellung. Es könnte auch heißen: „Wenn wir es schaffen wollen, dann schaffen wir es auch.“

Wenn man es nicht will, dann wird es auch nicht funktionieren. So einfach ist das. Aber dann soll man es bitte auch so formulieren: Nein, ich lasse die Menschen an der Landesgrenze verhungern, erfrieren, leiden. Alles was nach Kreuth kommt interessiert mich nicht. Ich mag keine Ausländer vor der Haustür, im Fernsehen sind sie schon schlimm genug.

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Menschen statt Asylbewerber

Doch lassen wir die große Politik. Denn die wird uns heute nicht helfen. Wer immer noch glaubt, Merkel, Seehofer oder auch der Bürgermeister wird für uns das Flüchtlingsproblem lösen, dem sei gesagt: Nein Leute, so funktioniert das nicht. Mutti hat die Flüchtlinge ins Land geholt und überlässt sie jetzt den Helferkreisen. Ändern können wir daran wenig. Die Menschen sind da, jetzt müssen wir es auch anpacken. Gelöst wird das Problem nicht in Berlin sondern in Rottach-Egern.

Stefan Berghammer hat das erkannt. Er stellt sich hin, sammelt Unterschriften und sagt seine Meinung. Die ist zwar nicht bequem und sie ist auch nicht einfach. Aber er hat sich wenigstens mit dem Thema auseinandergesetzt. Er will etwas bewegen.

Das Problematische an einer so einfachen Weltsicht ist aber, dass die Situation eben nicht einfach ist. Es kommen keine Syrer, Afghanen oder Bosnier zu uns. Es kommen Achmed, Abdul und Dalibor. Ist jeder Flüchtling ein grabschender, frauenverachtender Terrorist? Wohl kaum. Kommen nur dankbare Atomphysiker zu uns, die Oma über die Straße helfen? Auch nicht.

Integration vor Ort, nicht in Berlin

Genauso wie ich nicht jeden Rottacher leiden kann, geht es mir auch mit den Asylbewerbern. Und denen übrigens auch. Mit zwei von ihnen spiele ich Fußball. Auch die sind froh, aus der Turnhalle raus zu sein, weil sie es da schrecklich fanden: Zu eng, zu viele Leute, zu laut. Doch ihr Status macht sie nicht gleich zu einem schlechteren Menschen als den Durchschnitts-Rottacher.

Wer das glaubt, der ist von dumpfen Rassismus nicht weit entfernt. Wer die beiden letzten Sommer bei einer “bayrischen Olympiade” hat Baumstämme werfen sehen, kann heute nicht mehr ernsthaft behaupten, sie seien nicht anpassungsfähig und -willig.

Die Konsequenz daraus ist einfach: Ich will nicht jeden Asylbewerber integrieren. Aber ich will auch nicht alle ausweisen. Daher sind Pauschalurteile oder Lösungsvorschläge wie von Kollege Martin Calsow völlig weltfremd. Wie soll ich jeden beschäftigen? Erst recht, wenn er nicht will. Das wird nie funktionieren. Kann es auch gar nicht. Dafür sind Menschen per se zu unterschiedlich. Aber es kommt darauf an, dass wir es versuchen. Mutti integriert nicht, du tust es. Wenn du es willst.

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