Nach Seehofer nun Spahn auf Kaltenbrunn

Beim heutigen Neujahrsempfang des CSU-Kreisverbandes Miesbach begrüßte dessen Vorsitzender Alexander Radwan erstmalig einen CDU-Politiker als Festredner. Im vergangenen Jahr war es noch Horst Seehofer. Mit Bundesgesundheitsminister Jens Spahn habe man einen Redner mit „großer Zukunft“ gewinnen können.

Alexander Radwan begrüßte die zahlreichen Mitglieder und Gäste. / Fotos: Klaus Wiendl

Wer als „Wahl-Gmunder“ im großen Festsaal auf Gut Kaltenbrunn nicht gesichtet wurde, war Friedrich Merz. Ihm war Spahn kürzlich im Rennen um den CDU-Parteivorsitz noch unterlegen. Dennoch sei man in den Zeiten neuer Parteichefs mit Annegret Kramp-Karrenbauer (AKK) für die CDU und seit gestern mit Markus Söder als Nachfolger Horst Seehofers froh, mit Jens Spahn einen Mann bei zu Gast zu haben, der beim Wettlauf um Merkels Nachfolge ein offenes und transparentes Verfahren angestrengt habe.

Mit AKK und Söder gebe es, so Alexander Radwan bei seiner Rede, erstmals Parteivorsitzende, die „nicht Mitglied der Bundesregierung sind“. „Das lasse mit „Spannung Entscheidungen erwarten“. Die Unionsschwestern hätten in den vergangenen Monaten gelernt, dass es wichtig sei, miteinander zu ringen. Die CSU werde auch weiterhin eigenständige Meinungen haben. Aber zum Streiten würden bekanntlich Zwei gehören. Das sei in Berlin „hoffentlich verstanden“ worden. Mit den neuen Parteivorsitzenden habe man aber zwei Personen, die verschiedene Spektren abdecken würden.

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Demokratie lebt vom Engagement

Bevor Radwan aber Spahn das Rednerpult im gut besetzten Saal überließ, kam er noch auf die Ziele der CSU im Landkreis zu sprechen. Mit Ilse Aigner als Abgeordnete und nun Präsidentin des Landtags sollen wichtige Projekte weiter vorangetrieben werden. Dazu zählte Radwan die Elektrifizierung der BOB und den Streckenausbau des RVO. Dort, wo es notwendig ist, will die Miesbacher CSU „die Staatsregierung in die Pflicht nehmen“. Wo es Reibungspunkte gebe, „werden wir auch widersprechen“, gelobte Radwan.

So wie bei der Wasserschutzzone im Mangfalltal, die Radwan als Beispiel anführte. Ingrid Pongratz als Miesbachs CSU-Bürgermeisterin vertrete die Interessen der Stadt gegen die Staatsregierung. „Wir warten nicht auf einen Brief aus München“, betonte der Kreisvorsitzende, „wir wissen selbst, was notwendig ist“. Die Kommunalwahl 2020 würde bereits ihre Schatten vorauswerfen. Alle Gruppierungen seien nun auf Kandidatensuche. „Demokratie lebt vom Engagement“, was man in diesen Tagen des Katastrophenfalls auch an der Hilfsbereitschaft der vielen Freiwilligen gesehen habe. Etwas Ähnliches wünschte er sich auch für Kommunalwahl.

Die Kandidaten sollten Schlange stehen, damit man sich die Besten aussuchen kann.

Ein ähnliches Auswahlverfahren praktizierte auch die CDU, als es um die Nachfolge von Angela Merkel als Parteivorsitzende ging. Bekanntlich machte ihre Generalsekretärin das Rennen. Spahn landete abgeschlagen auf dem dritten Platz. Dennoch tat dies der spürbaren Erwartungshaltung auf Kaltenbrunn keinen Abbruch. Zumal der 38-Jährige den Parteimitgliedern gleich aus der Seele sprach. Für ihn als Westfalen sei das hier am Tegernsee gleich nach dem Münsterland die schönste Region. Hier würde er gerne noch mehr Zeit verbringen können.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn bei seiner Festrede.

„Doch ich muss zurück nach Berlin und verlasse damit den gut funktionierenden Teil Deutschlands. Sie bleiben hier“, das sei ungerecht, so Spahn. Bei ihm zuhause sei alles so flach, dass man schon am Montag sehen würde, „wer am Freitag zum Essen kommt“. Mit seinem Besuch wolle er auch ausdrücken, dass CDU/CSU eine Union bleiben würde. „Wir sind nah beieinander und stark als Team“.

13.000 zusätzliche Stellen in der Altenpflege

In seiner Rede kam Spahn auch auf sein Resort. Er führe viele Gespräche mit Pflegekräften, die in den letzten Jahren „immer mehr in eine Spirale von mehr Arbeit und mehr Stress“ gekommen seien. Zuletzt in Landshut vor 200 Pflegekräften. Schon beim Betreten des Saals habe er das Misstrauen bemerkt, dass „der Minister überhaupt keine Ahnung von der Realität hätte“. Das sei seine Antwort, „es wird Schritt für Schritt besser“. Man solle kein Paradies versprechen, das mache „eh jemand anders“.

Wichtig seien ihm konkrete Schritte. So gelte seit Anfang des Jahres, dass jedes Krankenhaus so viele Pflegekräfte vollfinanziert einstellen könne, „wie es will“. Das Geld sei „jetzt jedenfalls da“. Es reiche für 13.000 zusätzliche Stellen in der Altenpflege“. Dennoch schalle ihm entgegen, „das ist zu wenig, das muss mehr sein“. Dies wisse er auch, so Spahn, aber man müsse „irgendwo anfangen“. Dann höre er wieder, der Arbeitsmarkt sei leergefegt, „so viele Stellen gibt’s doch gar nicht“. Aber wenn sich mehr Menschen wieder für Pflege entscheiden sollen, müsse man erst die Arbeitsbedingungen und das Bild der Altenpflege in der Öffentlichkeit verbessern.

Die Dramatik würde sich in etlichen Jahren verschärfen, denn laut Spahn steige die Lebenserwartung eines Bundesbürgers „jeden Tag um sechs Stunden“. Dies sei eine „schöne Entwicklung“ im Traum vom langen Leben. Doch im Gegensatz dazu habe sich die Geburtenrate in den letzten 50 Jahren halbiert. Die Folge sei, dass künftigen Rentnern weniger Beitragszahler gegenüber stünden. Dies erfordere ein Um- und Weiterdenken.

Ein Stehempfang.

Über die Digitalisierung kam Spahn zur Vergabe des 5G-Netzes. Dieses müsse auch auf dem Land und bis „zur letzten Milchkanne“ vorhanden sein. Denn das Breitband-Glasfaser-Kabel diene der Wertschöpfung. Man müsse den Anspruch haben, „überall vorne zu sein, auch beim autonomen Fahren“. Sonst verliere man die Märkte, beispielsweise an China und die USA.

In diesem Jahr der Europawahl müsse man auch mal „mit positiven Geschichten lauter sein“, warb Spahn. Es sei „für andere Menschen auf dieser Welt immer noch wie ein Lottogewinn, wenn sie sich vorstellen, in diesem Land geboren zu sein“. Sein Rat: „Bessere Debatten führen und die Ausgangslage mal wahrnehmen, wo wir einmal standen“. Wenn sich CDU und CSU vertragen, wovon er ausgehe, so Spahn, könne dies „ein erfolgreiches Jahr werden“.

Von links: Alexander Radwan, MdB und Kreisvorsitzender, Gesundheitsminister Jens Spahn, Ilse Aigner MdL und Landtagspräsidentin, Olaf von Löwis, Holzkirchens Bürgermeister und Bezirksrat sowie Josef Bierschneider, Kreuther Bürgermeister und CSU-Vorsitzender im Kreistag.

Nach dem offiziellen Teil nahm sich der Gesundheitspolitiker noch Zeit für eine nicht-öffentliche Diskussionsrunde mit hiesigen Ärzten und Vertretern des Krankenhauses.

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