Das Schlammmonster in der Tegernseer Schwaighofbucht

An der Mündung der Rottach sollen 60.000 Kubikmeter Schlamm im Tegernsee lagern. Seit Jahren sorgt er für erregte Diskussionen. Auch ein lang ersehntes Gutachten brachte jetzt noch keine Klarheit, wie man mit der wabernden Masse umgehen soll.

Noch immer ist nicht klar, wie man mit dem Schlamm in der Schwaighofbucht umgehen will

Schon im Herbst wurde es erwartet. Doch ständig gab es Verzögerungen. Das bei dem Münchner Unternehmen bioConsult von der Stadt Tegernsee in Auftrag gegebene Gutachten soll klären, ob der Schlamm belastet ist oder nicht. Erst wenn man dies weiß, will die Stadt über nächste Schritte nachdenken. Gestern Abend wurde das Gutachten von Peter Nisslbeck nun dem Stadtrat durch Bauamtsleiterin Bettina Koch präsentiert.

Der Gutachter hält eine Verklappung nicht für realistisch. Auch eine Untersuchung des Schlamms mit Bohrkernen sieht Nisslbeck „nicht zielführend“, weil daraus keine Rückschlüsse auf die Gasbelastung von Methan und Schwefelwasserstoff möglich seien. Stattdessen schlägt der Gutachter ein Pilotprojekt vor, bei dem bis zu 1.000 Kubikmeter Schlamm entnommen werden sollen. Die rechtlichen Rahmenbedingungen dafür sollen in einem Workshop erarbeitet werden, der nach den Pfingstferien stattfinden könnte.

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Kinderspielplatz und Naturbad?

Neben zahlreichen Behörden sollen auch der Verein „Rettet den Tegernsee“, Gutachter und Mitglieder des Stadtrates teilnehmen. Zur Diskussion stünden dann auch „schlammfressende Bakterien zur Reduzierung des Schlamms“. Im Workshop könnte auch der Antrag der Bürgerliste behandelt werden. Sie schlägt eine Alternative zur Verklappung vor. Statt zu versuchen, die Verlandung aufzuhalten, könnte man sie nutzen, so die Bürgerliste.

Sobald die Schlammfläche über den Wasserspiegel wächst und sichtbar wird, sollte man sie auch aus ökologischen Gründen aufschütten und die gewonnene Landfläche sinnvoll gestalten. „Dafür werden ein großzügiger Kinderspielplatz und ein ökologisches Naturbad vorgeschlagen“. Diese Linie sollte bei den künftigen Planungen entsprechend berücksichtigt werden, forderte Mitunterzeichner Heino von Hammerstein (BL).

Riesiges Absetzbecken für die Schwaighofanlage

Für den Gutachter dagegen stellt sich im Rahmen eines Pilotprojekts die Frage, wie sich der Schlamm zusammensetzt, die er sich löst und absetzt. Dafür müssten etwa 1.000 Kubikmeter Schlamm entnommen und ein 50 mal 50 Meter umfassendes Absetzbecken in der Schwaighofanlage geschaffen werden. Aus diesem sollte das Wasser möglichst schadstofffrei ablaufen können. Offen sei aber dennoch, ob das Wasser wieder in den Tegernsee geleitet werden dürfe. Dieser Absetzungsprozess würde etwa zwei Wochen dauern. Möglich sei er nur außerhalb der Frostperiode. Zur Geruchsbelästigung komme es nur unmittelbar bei der Entnahme. Längerfristig könne sie aber nicht ausgeschlossen werden.

„Wir rechnen hier in der Bucht mit ungefähr 60.000 Kubikmeter Schlamm“, verdeutliche Rathauschef Johannes Hagn (CSU) das Szenario. Da könne man sich ausrechnen, wie hoch das Absetzbecken dann sein müsse. „Diese Maßnahme würde mehrere Jahre dauern“. Normalerweise stinke der Schlamm nicht. Fraglich bleibe aber, ob der Schlamm an der Luft nicht weitere Gase entwickeln könnte. „Das wissen wir nicht“, so Hagn. Bis jetzt schon sei der Aufwand für die Verwaltung „exorbitant“. Denn inzwischen habe das Verfahren eine „Komplexität“ erreicht, das die „Möglichkeiten der Verwaltung überschreitet“.

Noch nicht geklärt sei auch die Zuständigkeit, „wer diese Maßnahme beschließt und bezahlt“. Ist es die Schlösser- und Seenverwaltung als Eigentümerin, das Wasserwirtschaftsamt in Rosenheim oder die Stadt Tegernsee, die eigentlich nur baurechtlich zuständig sei. Sich nicht mit „Vorschlägen abzumühen“ sei sein Ziel, so Hagn:.„Ich möchte das Thema Schwaighofbucht abschließend abgearbeitet haben“. Daher sei auch wegen der erheblichen Kosten ein zielgerichtetes Vorgehen notwendig. „Wir brauchen eine wissenschaftlich gestützte Argumentation“.

Vorhaben sprengt finanzielle Möglichkeiten

Der Antrag der Bürgerliste, der für diese Sitzung zwar zu spät gekommen sei, werde dennoch in das Protokoll aufgenommen und auf der nächsten Sitzung im März behandelt. So Hagns Vorschlag zur Güte, da Heino von Hammerstein darauf beharrte, den Antrag rechtzeitig eingebracht zu haben. Doch nicht alle im Stadtrat konnten sich damit anfreunden, der Verlandung ihren natürlichen Lauf zu lassen. „Wir brauchen kein großes neues Naturerlebnis-Schlammbad mit Spielplatz“ konterte Peter Schiffmann (SPD), dafür gebe es ein schönes Freibad. „Überall gebe es die Entwicklung“, mahnte Rudolf Gritsch (CSU), der Natur ihren Raum zu lassen. Dagegen sollten man sich nicht „sperren“.

Gleicher Meinung war Thomas Mandl (SPD). Doch für ihn sei die Ursache der Verschlammung kein natürlicher Vorgang, sondern die Verlegung der Rottach vor Jahren. „Deshalb kann man jetzt nicht einfach zuschauen“, so Mandl. Daher begrüße er den angekündigten Workshop, bei dem aber “die Bürger mitgenommen werden sollten“. Damit von Anfang an Transparenz bestehe und keine Verschwörungstheorien entstehen könnten. „Was hier als Eingriff geplant ist, sprengt bei weitem die wirtschaftlichen Möglichkeiten der beiden Anliegergemeinden“, meinte Andreas Obermüller (FWG), hier sehe er die „übergeordneten Behörden in der Pflicht“. Einstimmig sprach sich der Stadtrat für die Einsetzung eines Workshops aus.

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