Seesteg: Ärger wegen fehlender Tore

Vergangenes Wochenende wurde das letzte Teilstück des Tegernseer Seestegs zwischen Länd und August-Macke-Anlage feierlich eröffnet. Doch was an diesem Tag so friedlich aussah, war lange ein harter Kampf zwischen Befürwortern und Gegnern des 740.000 Euro teuren Projekts.

Jetzt droht neuer Ärger. Denn der Steg kann trotz ursprünglich anderslautendem Gerichtsurteil wohl auch nachts genutzt werden. Anwohner überlegen nun, zu klagen.

Eigentlich sollten am Anfang und Ende des neuen Seestegs Tore installiert werden. Diese fehlen jedoch.
Eigentlich sollten am Anfang und Ende des neuen Seestegs Tore installiert werden. Diese fehlen jedoch.

Vor allem das letzte Teilstück des nun vom Tegernseer Rathaus bis zur Macke-Anlage verlaufenden Weges war lange hart umkämpft. Nach intensiven Diskussionen im Tegernseer Stadtrat entschied sich die Stadt bereits im Dezember 2009 zu dem Schritt, den Seesteg prinzipiell bauen zu wollen.

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Zahlreiche Gerichtsverfahren begleiteten das Projekt und verzögerten dessen Fertigstellung. Anfang des Jahres gab der Stadtrat dann seinen endgültigen Segen für den Steg. In der Folge konnte auch ein Bürgerbegehren das Vorhaben nicht mehr stoppen.

Lärmbelastung schon lange ein Streitpunkt

Einen der Punkte, die die Gegner des Stegs stets anführten, war die durch den Steg steigende Lärmbelastung für die direkten Anlieger. Daher klagten sie vor dem Münchner Verwaltungsgericht gegen das Vorhaben.

Im Rahmen eines Vor-Ort-Termins am 12. April 2011 betonte Anwohner-Anwalt Fabian Gerstner: “Vor allem nachts hört man am See alles.” Zudem sei es sehr wahrscheinlich, dass Jugendliche sich im Sommer mit einer Flasche Wein entlang des Stegs niederlassen würden, so Gerstner weiter. Einer Argumentation, der letztlich auch das Verwaltungsgericht folgte.

Es ordnete ein Lärmgutachten an, das aufzeigen soll, ob die Emissionsrichtwerte der TA Lärm (Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm) erfüllt werden oder nicht. Konkret bedeutet das, dass ein Gutachter prüfen muss, ob die vorgeschriebenen 60 dB(A) in den Grundstücken der Kläger eingehalten werden können. Am Ende kam das Verwaltungsgericht dann zu folgendem Schluss:

Da speziell während der Nachtzeit mit Überschreitungen des Immissionsrichtwertes zu rechnen ist (…), ist aus unserer Sicht davon auszugehen, dass die Errichtung des Seestegs an der geplanten Stelle zumindest aus schalltechnischer Sicht den Anforderungen des Rücksichtnahmegebots nicht genügt.

Am 11. April 2011 einigten sich die Kläger schließlich mit der Stadt Tegernsee auf einen Kompromiss. Demnach erteilte das Gericht die Auflage, dass der Steg zwischen 22 Uhr und acht Uhr morgens nicht benutzt werden darf. “Der Steg ist an beiden Enden mit einem Tor zu versehen und geschlossen zu halten, sodass ein Fußgängerverkehr in diesem Zeitraum ausgeschlossen werden kann”, heißt es in der Anordnung des Verwaltungsgerichts.

Neue Rechtslage erlaubt nächtliche Nutzung

Als der Steg nun am vergangenen Samstag eröffnet wurde, fehlten diese Tore jedoch. Dazu Bürgermeister Peter Janssen: “Die Tore sind nicht vorgesehen, da sich eine neue Rechtslage ergeben hat.” Der Verwaltungsgerichtshof als höhere Instanz habe die Anordnung des Verwaltungsgerichts aufgehoben, so Janssen weiter.

Zu dieser Entscheidung ist man beim Verwaltungsgerichtshof offenbar gelangt, weil man nicht die Richtwerte der TA Lärm, sondern die einer alternativen Norm für ausschlaggebend hält. Dabei handelt es sich um die Straßen- und Wegeverordnung. Da diese höhere Grenzwerte zulässt, ist es nun doch möglich, den Steg auch nachts zu benutzen.

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Die Anwohner erwischt die neue Situation nicht unvorbereitet. Man habe insgeheim damit gerechnet, dass die Stadt nach Wegen suchen wird, das ungebliebte Nachtnutzungsverbot zu umgehen, so einer der Seeanlieger. Offenbar überlegt man sich daher nun, gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts nochmals vorzugehen.

Die Stadt wiegelt derweil ab. Man sei bewusst noch nicht an die Anlieger herangetreten und wolle erst mal abwarten, wie sich die Situation auf dem Steg in den kommenden Monaten entwickelt, so Bürgermeister Janssen weiter. Für die Anwohner kein echtes Argument. Im Winterhalbjahr, so die Erwiderung, dürften die Erfahrungswerte aufgrund der niedrigen Frequenz nicht sehr aussagekräftig sein.

Somit steht eines sicher fest: Egal, ob die Grenzwerte für Lärmemission nun eingehalten werden oder nicht – ganz still wird es rund um den Tegernseer Seesteg wohl auch in absehbarer Zukunft nicht werden.

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