Neuer Miteigentümer für Wiessees „Ritter“- Areal

Der Gemeinderat von Bad Wiessee ist in einer schwierigen Situation. Er hat viele Ideen einer künftigen Nutzung des Areals „Hotel Ritter“. Doch ohne Kenntnisse über den oder die neuen Investoren und deren Absichten würde die Gemeinde die Rechnung ohne den Wirt machen. Dabei gibt es bereits einen neuen Hotel-Miteigentümer.

Was entsteht anstelle des Hotels Ritters im Wiesseer Ortszentrum?

Schon die gut besetzten Zuschauerreihen im Rathaussaal zeigten, dass die Tagesordnung der Sondersitzung am Dienstagabend den Nerv der Wiesseer traf. Es ging zwar auch um die längst fällige Vorstellung des Einzelhandelsgutachtens, doch weitaus bedeutsamer war, was im Ortszentrum anstatt des Hotels Ritter auf dem Areal von 7.600 Quadratmetern entstehen soll.

In ihre Planungen mit einbeziehen will die Gemeinde auch das in ihrem Besitz befindliche Nachbargrundstück mit dem Haus Rheinland. Der Pachtvertrag als Asylbewerberunterkunft mit dem Landratsamt läuft Ende 2019 aus. Zu diesem Zeitpunkt kommt auch für Hotelier Oliver Ritter das Aus. Ihm wurde von den Geschwistern Grühn als Eigentümer nach 18 Jahren der Pachtvertrag gekündigt. Da sich aber die drei Geschwister offenbar nicht grün sind, gehen die Besitzverhältnisse quer durch Hotel und Areal.

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Investor hält 25 Prozent am Hotel

So kommt es, wie auf der Gemeinderatssitzung bekannt wurde, dass ein Teil der Immobilie bereits einen Investor fand. Es ist der Immobilienentwickler Euroboden GmbH aus Grünwald, dessen Geschäftsführer Martin Moll die Diskussion um seinen Neuerwerb mit Interesse verfolgte. Der Notartermin sei Mitte September gewesen, sagte Moll in einer Sitzungspause der Tegernseer Stimme.

Sein Unternehmen habe von der Eigentümerin Ursula Grühn deren Einfamilienhaus auf dem Areal und einen Anteil von 25 Prozent am Hotel erworben. Doch er sei auch bereit, alles zu übernehmen. Darüber sei Moll derzeit im Gespräch mit Rupert Vogel, der als Verwandter und Rechtsanwalt die anderen beiden Geschwister Grühn vertritt.

Keine Eigentumswohnungen?

Bei diesen ungeklärten Eigentumsverhältnissen hat die Gemeinde auch noch keine direkten Ansprechpartner, um eine künftige Bebauung schon in trockene Tücher bringen zu können. Zumal auch das ursprünglich vom Gemeinderat ins Auge gefasste Investorenauswahlverfahren bereits ad absurdum geführt wurde, nachdem Ursula Grühn als eine der drei Eigentümer bereits Fakten geschaffen hat.

So konnten gestern nur Wünsche und Anregungen für die künftige Nutzung des Sondernutzungsgebiets „Hotel“ ausgesprochen werden. Ein Beschluss des Gemeinderates hätte potenzielle Investoren womöglich verschreckt. Durchgängige Meinung in den Fraktionen war die weitere touristische Nutzung des Areals mit einem Hotel. Birgit Trinkl (Wiesseer Block) wollte dort keinesfalls Ferienwohnungen.

Diese könnten durch die Hintertür dann zu Eigentumswohnungen werden.

Kurt Sareiter (CSU) plädierte für ein „Familien- und Kinderhotel“, wie es solche auch am Achensee gebe. Doch die CSU könne sich auf 30 Prozent des Ritter-Areals auch eine Wohnbebauung zur „Querfinanzierung“ vorstellen, „zu günstigen Konditionen für Einheimische“.

Mehr Transparenz bei Vertragsverhandlungen gefordert

Ähnlich sah es auch Rolf Neresheimer (ranBW). Zudem sprach er sich gegen einen Vollsortimenter von Großhandelsketten dort aus, der würde nur zusätzlichen Verkehr schaffen. Insgesamt wünschte sich Neresheimer auf dem Gelände „Wohnen und Leben. Ob dies für einen Investor interessant ist, wird sich zeigen“. Sichergestellt haben wollte Neresheimer, dass der städtebauliche Vertrag mit dem Investor „nicht in der Kanzlei Noerr ausgehandelt wird, sondern der Gemeinderat aus Gründen der Transparenz teilhaben kann“.

Die fraktionslose Seniorenbeauftragte Beate Meister regte an, dass ein künftiges Hotel auch Räume für ein betreutes Wohnen schaffen sollte. Bernd Kuntze-Fechner (SPD) warb für eine „Mischnutzung“, auch mit Miet- und Personalwohnungen. „Denn für die Allgemeinheit muss etwas rüberkommen“. Auf alle Fälle seien „gemeindliche Interessen zu sichern“.

„Schau‘ mer mal“

Angesichts dieser Gemengelage suchte Robert Huber (SPD) als amtierender Bürgermeister die Flucht nach vorne. Er unterbrach die öffentliche Sitzung und zog sich mit einem größeren Kreis aus Fraktionen und Beratern in den Besprechungsraum zurück. Heraus kam, dass kein Beschluss über die Rahmenbedingungen für eine zukünftige Bebauung des „Ritter“ – Areals gefasst wird, sondern nur eine Empfehlung an die Investoren.

Folgende Auflagen an sie kann sich der Gemeinderat vorstellen: „Es muss eine überwiegend touristische Nutzung auf diesem Gelände stattfinden. Die Gemeinde muss bei einer möglichen Auflassung der momentan ausschließlichen Fremdenverkehrsnutzung in hohem Maße davon profitieren. Eine großräumige Tiefgarage muss Teil des Planungskonzeptes sein. Gastronomie soll stattfinden. Gewerbeflächen können berücksichtigt werden. Die Größe möglicher Gewerbeflächen ist in einem Beschluss zu formulieren. Es könnte eine Belebung dieses Geländes in Richtung Einzelhandel stattfinden. Es kann eine Mischnutzung auf diesem Gelände stattfinden. Eine mögliche Wohnbebauung kann berücksichtigt werden; das Gremium steht Eigentumswohnungen ablehnend gegenüber. Personalwohnungen sollten Teil des Planungskonzeptes sein. Für eine ausreichende Durchgrünung des Geländes muss gesorgt sein“.

Ob er damit leben könne, fragte die TS Investor Moll nach der Sitzung. „Schau‘ mer mal, was noch mit dem Vorkaufsrecht der Gemeinde passiert“. Dieser Aspekt wurde allerdings im nicht-öffentlichen Teil der Sitzung behandelt. “Hier werden Zahlen genannt, die zeigen werden, ob wir in diesen Kauf einsteigen wollen, oder nicht”, sagte Huber eingangs. Eines ist nach dieser Sitzung jedenfalls sicher: es wird noch viele dazu geben.

Die Vorstellung des Einzelhandelsgutachtens folgt in einem gesonderten Bericht.

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