Von der Straße ist das Neubauvorhaben der CW Baumanagement aus Gmund kaum sichtbar. Doch tritt man um eine Häuserecke, fällt der Blick auf einen riesigen Wassertümpel vor der Egerner Bucht. Die Baugrube am Seeufer ist bis zur Oberkante mit Grund- und Oberflächenwasser gefüllt. Kaum vorstellbar, dass hier einmal ein Mehrfamilienhaus mit vier Wohnungen und einem Penthouse in dem Wasserloch entstehen soll.
„Sie haben die Wahl zwischen 100 und 60 Quadratmetern Wohnfläche, jeweils im Erd- und Obergeschoss“, wirbt ein bekanntes Tegernseer Immobilienbüro für das Objekt am „Südufer“. Im Penthouse wohne man auf 133 Quadratmetern mit Blick auf den Tegernsee. Ein Lift führt zur Tiefgarage. Sie soll Maße von 23 auf 17 Meter haben. Noch stützen Spundwände das Bauloch, das vergangene Woche auch ein Taucher nach etwaigen Felsen inspiziert haben soll.
Doch meist besteht der Untergrund aus Schwemmland und Seeton, auf den man bei Probebohrungen in fünf Metern Tiefe stieß. Beides bürgt nicht für Stabilität, wie Anwohnerin Gertraud Eberwein seit Jahrzehnten weiß. Bis Ende Januar betrieb sie dort ihr Café. Eberwein gab auf, weil ihr Handwerksbetrieb nach 70 Jahren nicht mehr mit der Billigkonkurrenz in unmittelbarer Nachbarschaft konkurrieren konnte. Nun entstehen im vorderen Bereich des Cafés an der Bundesstraße eine Ferienwohnung und ein Büro. Dies genehmigte am Montagabend der Tegernseer Bauausschuss.
Risse im Mauerwerk
Doch Eberweins Problemfall ist mehr das Rückgebäude ihres Anwesens, das unmittelbar an das neue Bauvorhaben im Wasserloch grenzt. Überall zeigt sie auf Risse, die in den letzten Wochen entstanden sein sollen. Am 28. Februar wurden die sichtbaren Schäden in einem Protokoll mit Architekt und Bauleiter festgehalten. Eberweins Sorge sind die Folgeschäden, denn bereits jetzt zeige sich eine Vergrößerung der Risse innerhalb von drei Wochen von zwei auf bis zu zehn Zentimetern, so das Protokoll.
Offensichtlich hat sich der Untergrund unter der Teerdecke auch nach dem setzen der Spundwände weiter bewegt.
Der Architekt äußerte sogar „große Besorgnis“, da Eberweins betroffener Hausteil nicht unterkellert sei. „Durch die Bewegung der Teerdecke lassen sich die Holzschiebetür der Backstube und die Innentüre der Garage nicht mehr richtig schließen“. Es seien auch diverse Mauerrisse innerhalb des Hauses entstanden, „die in diesem Ausmaß nicht zu erwarten waren“.
Doch die Genehmigungsbehörden fühlen sich dafür nicht zuständig. Für die Stadt Tegernsee sagt Bürgermeister Johannes Hagn, „das ist Sache des Landratsamts“. Dort wiederum bekommt Eberwein zur Antwort, dass sie ihre Ansprüche nur zivilrechtlich geltend machen könne. Erstaunlich und befremdlich zugleich, findet das die Tegernseerin. Denn wer Baugenehmigungen in der Hochwasserlinie und der verschlammten Schwaighofbucht genehmigt, sollte eigentlich wissen, dass dort der Untergrund mehr als fragil ist.
Den Schaden haben nun die Anwohner, die um ihre Immobilien fürchten und von den Ämtern sprichwörtlich im Regen stehen gelassen werden. „Wieder einmal siegten die Geschäfte der Bauträger“, klagt ein Rottacher Nachbar gegenüber der Tegernseer Stimme, „und das Grundwasser wird verdrängt“. Und dafür gebe es viele Beispiele in seiner Gemeinde.
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