Zwar versicherte Geschäftsführer Thorsten Schär von der Alpenregion Tegernsee Schliersee (ATS) im Kreistag, dass es nicht Ziel des Projekts sei, noch mehr Touristen in die Region zu locken, sondern den Tourismus besser auf die Natur abzustimmen und die Besucherströme zu lenken. Dies sei auch dringend notwendig, war parteiübergreifend Konsens. Noch aber klagten etliche Kreisräte über die Auswüchse.
„Das Freizeitverhalten hat sich komplett verändert“, gab FWG-Sprecher Norbert Kerkel zu bedenken. Als Bergwachtler erlebe er, dass die Einsätze der Kollegen inzwischen die ganze Woche durchgehen und nicht nur an Wochenenden. „Noch erschreckender ist, dass nun die Freizeitaktivitäten auch nachts erfolgen“. Da dies der Natur nicht guttue, begrüße er das Konzept der ATS zur Schärfung des Bewusstseins. Da der Landkreis im Speckgürtel von München lebe, „müssen wir uns des Themas annehmen, da es immer mehr Trendsportarten gibt, die von Massen ausgeführt werden“.
„Uns läuft die Zeit davon“
Auch sein CSU-Kollege Josef Bierschneider forderte, für das Konzept auf jeden Fall Geld in die Hand zu nehmen. Kreuths Bürgermeister bewirbt sich mit seiner Gemeinde derzeit um den Titel Bergsteigerdorf, der nur an Orte verliehen wird, die sich dem sanften Tourismus verschrieben haben.
Es gibt Reibereien zwischen den unterschiedlichen Nutzern unserer Berge. Möglicherweise kann mit einem solchen Projekt mehr Frieden dort einkehren.
Wichtig war für Bierschneider auch die Einbindung der Grundstückseigentümer, denn ohne die gehe nichts. Gerhard Waas (Grüne) schilderte ein drastisches Beispiel nach seinem Rundgang mit Waldbauern kürzlich am Taubenberg. Dort gebe es seit etwa sechs Jahren den schön beschilderten Themenweg für Familien mit Kindern. „Doch dieser ist durch die Mountainbiker völlig ruiniert worden und nur noch ein matschiger Pfad“, klagte Waas aus Schliersee.
Das andere Problem sei, dass die Waldbesitzer verkehrssicherungspflichtig seien, wenn dort den Bikern auf ihren fünf bis sechs selbstgespurten Trails und den Sprungschanzen etwas passiere. Wenn es jetzt im Landkreis nicht gelinge, die Probleme vor allem mit den Münchner Tagestouristen in den Griff zu bekommen, „dann läuft uns die Zeit davon“. Waas wusste aber auch:
Spinner werden wir nie bekehren können.
Noch bedenklicher sind die Erfahrungen von Heinrich Schwabenbauer (CSU). Der Miesbacher musste am „eigenen Leib erfahren, wie prekär die rechtliche Situation bei einem Vorfall ist“. Ein Biker habe vor Gericht angegeben, er sei in seinem Wald verunglückt. Der Richter glaubte ihm, so Schwabenbauer, obwohl der Kläger kein ärztliches Attest vorlegen konnte.
In der Konsequenz wurde Schwabenbauer als Waldbesitzer zu einer Geldstrafe von 800 Euro verurteilt, weil er keine DIN-genormten Warnschilder aufgestellt habe. Nach dem Urteilsspruch sei dann bekanntgeworden, dass der Radfahrer gar keinen Unfall hatte, sondern als Hartz IV-Empfänger nur „zusätzlich Geld generieren wollte“.
„Hundekot bedroht Existenzen“
Fischbachaus Bürgermeister Josef Lechner (CSU) beklagte ein anderes Problem, den Hundekot auf den Flächen der Landwirte. Wenn diese Hinterlassenschaften weiter so zunehmen, sehe er die Existenz von vielen Bauern bedroht. „Diesen kausalen Zusammenhang gibt es“. Da die Belange der Grundstückseigentümer in der Diskussion vorherrschend waren, versicherte Umwelt-Abteilungsleiter Thomas Eichacker vom Landratsamt, man habe die Bedenken nach einem „sehr konstruktiven Gespräch“ ausräumen und Anregungen einarbeiten können. „Wir haben jetzt ein gutes, vorzeigbares Konzept“, sagte er.
Letztlich befürwortete der Kreistag die Bewerbung, die dem Landkreis etwa 100.000 Euro kosten wird. Die Sieger sollen Anfang Juli feststehen. Einzig Michael Lechner (FWG) stimmte gegen das Konzept. „Ich bin nicht überzeugt, dass wir damit unsere Ziele erreichen“, sagte er. „Es gab schon viele Absichtserklärungen – bis jetzt ist nichts besser geworden.“
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