„Nicht über den Tisch ziehen lassen“

25 Euro pro Quadratmeter bieten die Gmunder Verantwortlichen den Eigentümern an der Tölzer Straße für Grundstücksabtretungen. Einen ähnlichen Spottpreis legte die Gemeinde Bad Wiessee vor Jahren auf den Tisch. Eine Anwohnerin klagte dagegen. Doch ihr Kampf dauerte fünf Jahre.

In der Tölzer Straße mussten Anwohner Teile ihrer Grundstücke abgeben.

Der Ausbau der Tölzer Straße in Gmund wird noch Monate dauern. Bis Ende des Jahres sollen dann alle Versorgungsleitungen erneuert und ein verbreiteter Gehweg bis hinauf zur Realschule vorhanden sein. Diese Maßnahmen sind nur möglich, weil Grundstückseigentümer bereitwillig einen Teil ihrer Fläche zur Verfügung stellen. Zu einem Spottpreis, wie etliche Anlieger gegenüber der Tegernseer Stimme (TS) beklagen.

25 Euro pro Quadratmeter hätte ihnen Bürgermeister Georg von Preysing geboten, obwohl der Bodenrichtwert bei ungefähr 400 bis 600 Euro liege, sagen Betroffene der TS. „Bei direktem Verkauf an das Straßenbauamt Rosenheim gebe es deutlich mehr. Deshalb fühlt man sich über den Tisch gezogen“. Die Gemeinde wollte sich zu diesen schwerwiegenden Vorwürfen nicht äußern. Geschäftsleiter Florian Ruml betonte immer wieder: „Zu Grundstücksgeschäften geben wir keine Auskünfte“.

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Wenn die Gemeinde die Spekulationen um verschiedene Grundstückspreise nicht dementieren wolle, beklagt sich ein Betroffener, „dann stinkt das zum Himmel“. Ähnlich gelagert war ein Fall vor über zehn Jahren in Bad Wiessee. Auch da fühlte sich eine Eigentümerin von der Gemeinde „beschissen“, weil diese einen Teil ihres Grundstücks zur Verbreiterung des Freihauswegs enteignen wollte.

In Tegernsee wurden bis zu 500 Euro pro Quadratmeter bezahlt

Eva-Rosina Hackel wurden vom damaligen Bürgermeister Herbert Fischhaber nur 75 Mark pro Quadratmeter geboten. Letztlich ging es um 12 Quadratmeter. Doch Hackel zog vor das Verwaltungsgericht, da sie sich “über den Tisch gezogen fühlte“, wie sie heute sagt. Schließlich habe das Landratsamt mit Schreiben vom Jahr 2001 erklärt, dass ihr Grundstück damals bereits einen Wert von 780 Mark pro Quadratmeter hatte.

Deshalb seien die 75 Mark von der Gemeinde ein „inakzeptables“ Angebot, so Hackels Anwalt Helmut Wölfel im Schriftsatz an das Gericht. Der angebotene Preis entspreche nicht den Voraussetzungen des Baugesetzbuches. Wölfel verwies darauf, „dass beim Bau der B307 in Tegernsee für vergleichbare Grundstücksstreifen Beträge von 200 bis 500 Euro pro Quadratmeter bezahlt wurden“.

Auch am Freihausweg in Bad Wiessee sollten Anlieger ihren Grund zu einem “unangemessenen Preis” abtreten.

Der Bund als Baulastträger sei nicht verdächtig, Geld zu „verschenken“. Im Gegenteil: „Die entscheidungsrechtliche Kompetenz des Straßenbauamts Rosenheim ist unbestritten“, so der Fachanwalt für Enteignungen und Grundstücksabtretungen in München. Hackel schwört auf ihn. „Er ist eine Koryphäe“. Bekannte von ihr hätten mit Wölfel auch gegen die Deutsche Bahn.AG und gegen Audi gewonnen.

Auch Hackel obsiegte nach fünf Jahren Rechtsstreit vor Gericht. Der Richter schrieb der Gemeinde ins Stammbuch, dass ihr Kaufangebot nicht „angemessen“ sei, „weil es nicht auf ein wirtschaftlichen und sachgerechten Ermittlungen beruhendes Fachgutachten gestützt ist“. Das Verfahren wurde eingestellt und der Bebauungsplan der Gemeinde außer Kraft gesetzt. „Alles ist so geblieben, wie es war“, sagt Hackel, „wir mussten nichts abtreten“.

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