Nichts ist wie es ist: Die Sache mit dem Bioalter

„50 ist wie 35“, sagte das Gesamtkunstwerk Petra Perle kürzlich in einer Radio-Talksendung. Petra Perle ist aus Film- und Fernsehproduktionen wie „Der Tod ist kein Beweis“ bekannt.

Sie moderierte „Wir in Bayern“ und ist seit dem Jahre 2005 Wirtin des Turmstüberls des Karl Valentin Museums in München. Als solche sollte sie eigentlich rechnen können, denn es dürfte kaum zu ihrem Service gehören, dem Gast eine Zeche von 50 auf 35 Euro zu reduzieren.

Allerdings hört man solche seltsamen Interpretationen von Zahlen und Zahlenverhältnissen in letzter Zeit des Öfteren. So in „Zettl“, im neuen Kinofilm von Helmut Dietl, mit dem er seine in den 1980er Jahren ausgestrahlte TV-Serie „Kir Royal“ im Kino fortsetzt.

Schauspielerin Senta Berger spielt im Film eine alternde Volksmusikdiva und als solche darf sie sich von der Produzentin einer Fernsehsendung anhören, dass die Menschen heute, wenn sie 60 sind eigentlich wie 40 sind. Damit nicht genug. Dieter Hildebrandt, der im Film den rollstuhlfahrenden Starfotografen und Verehrer der Volksmusikdiva spielt, sagt ihr bei einem Candle Light-Dinner, dass wir von unserem realen Lebensalter durchaus 25 Jahre abziehen können.

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Gefühlte Fakten überall

Wer je dachte, dass Zahlen verlässlich sind, für so etwas wie nackte Tatsachen, objektive Realität, Wahrheit oder Fakten stehen und die Mathematik für den Fels in der Brandung des Lebens hält, der darf loslassen.

Hören wir nicht zuweilen von den Moderatoren des Wetterberichtes, dass sich Minus fünf Grad wie Minus zwanzig Grad anfühlen, weil heftiger Ostwind. Und wie war das bei der Einführung des Euro? Gefühlt war der Preis für ein Schnitzelgericht in einer Wirtschaft von 12 Euro gleich dem Schnitzelpreis zuzeiten der D-Mark von 12 Mark, jedenfalls war das im Jahr 2002 noch so.

Faktische Grundlagen gibt es ebenfalls für das gefühlte Alter, das für Petra Perle, die bald 50 Jahre alt wird, bei 35 Jahren liegt. Wie im Falle des Euros gibt es eine Berechnungsgrundlage, allerdings etwas komplexer: den Rechner für das biologische Alter. Er wird im Internet mehrfach angeboten.

Eingeben kann man Daten aus seiner Krankheits- und Familiengeschichte, Vitalparameter sowie Daten zum Lebensstil und herauskommt im besten Fall ein herunter gerechnetes Bioalter. Das biologische Alter durch gesunden Lebensstil zu reduzieren lohnt sich allemal. Denn die durchschnittliche Lebenserwartung hat sich in den vergangen 130 Jahren verdoppelt. Neugeborene männliche Babys haben derzeit eine Lebenserwartung von 77,4 Jahren und weibliche Babys derzeit von 82,2 Jahren. Und die Lebenserwartung steigt jährlich.

Ü-30 oder Ü-70?

Was nun wenn in Rottach-Egern Yoga für die Altersgruppe 50 Plus angeboten wird. Ist damit das tatsächliche Lebensalter oder das Bioalter gemeint? Denn immerhin könnte es sein, dass eine 70-jährige Frau entsprechend ihres biologischen Alters erst 45 Jahre alt ist.

Insofern sind auch die demografischen Angaben über die Altersstruktur der Bevölkerung genaugenommen Makulatur. Denn wie alt 60- oder 70-Jährige entsprechend ihres biologischen Alters sind, dürfte einer Differenz von mehreren Dekaden unterliegen.

Petra Perle jedenfalls hat im Jahre 2005 für die mittlere Turmuhr des Münchener Isartors eine rückwärtslaufende Uhr gestiftet. Die Ziffern dieser Uhr sind spiegelverkehrt und die Zeiger laufen in die andere Richtung. Bleibt nur noch zu sagen: Alles ist immer anders, als man es denkt oder fühlt.

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