Es war eine Herbergssuche der besonderen Art. Wenn Pastoralreferent Richard Siebler den Hintergrund des Ortswechsels erklärt, klingt das wie ein Weihnachtsmärchen. Die Schließung der Josefskirche am 26. November 2011 hatte die katholische Gemeinde schwer getroffen. Wie sollte man insbesondere die überquellende Kinderkrippenfeier am Heiligen Abend stemmen?
Turnhallen und Oberbräu-Saal wurden als Veranstaltungsort diskutiert und verworfen. Es kam zu einem „Gipfelgespräch“ mit dem damaligen Bürgermeister Josef Höß, Vertretern von Ordnungsamt und Bauhof.
Und ich durfte meinen Wunschzettel auspacken“, sagt Siebler: „Marktplatz-Sperrung, der Bauhof baut die Bühne vor St. Laurentius für Kripperl und Jesuskind auf, die Beschallung wird genehmigt und wir kriegen Hütten vom Winterzauber für Musik und Technik!
Das kam bereits vor drei Jahren hervorragend an. „Wir machen damit den Menschen ein niederschwelliges Angebot“, sagt der Pastoralreferent. Jeder könne nach Gusto kommen und gehen, vielleicht auch mal mit einem unruhigen Kind eine Runde drehen.
In diesem Jahr hat Siebler vorsichtshalber die Veranstaltung für 1.000 Teilnehmer beim Ordnungsamt genehmigen lassen. „Die 600 Liedzettel vom vergangenen Jahr waren deutlich zu wenig.“ Außerdem: „Maria und Josef kamen kaum zwischen den Leuten durch.“
„Jedes Jahr ein bisschen anders“
Seit Anfang Dezember ist ein achtköpfiges Team am organisieren – Licht und Tontechnik, Bühnenelemente und Genehmigungen müssen stehen. Der Text wird um das Lukas-Evangelium herum erstellt. „Das ist jedes Jahr ein bisschen anders.“ Manchmal werden Rollen aus den Adventsgottesdiensten eingebaut.
Dieses Jahr bekommen die Hirten einen größeren Part. „Die waren damals Außenseiter, da gibt es viele Bezüge zu heute.“ Musikalisch liegt die Verantwortung in den Händen von Dirk Weil und dem Jugendchor. Die Leitung der Veranstaltung übernimmt Siebler, Gebete und Liturgie Pfarrer Gottfried Doll.
Dennoch gibt es Standards: Die Traktorenanhänger als Hirtenbühne stellt schon seit Jahren die Landwirtsfamilie Eichner. Die Pfadfinder sorgen für Lagerfeuer und die Verteilung des Friedenslichts aus Jerusalem. Die traditionell verteilten Olivenholz-Anhänger aus Israel kommen von Barbara Frua. Nach der Feier gibt es noch Punsch und Weihnachtslieder.
Von Engeln und Hirtenpullovern
Für viele ist die Krippenfeier bereits zum festen Bestandteil ihrer familiären Weihnachtsrituale geworden. Ganze Familien kommen in Loden, Strick oder Fellumhang als Hirten, stellen sich als Engel oder für Sprechrollen zur Verfügung. Ministrantin Marcella Groeger spielt schon seit Jahren die Maria und Johannes Hüttl scheint sich dauerhaft auf die Josefsrolle einzustellen.
Doch erst bei der Generalprobe am Tag vor Heiligabend entscheidet sich, wer wirklich mitmachen möchte. „Frei nach dem Motto: Haben wir jetzt 15 Engel oder 30“, schmunzelt Siebler. Auch hier gilt die Maxime vom „niederschwelligen Angebot“. Der Vorteil dabei ist, dass nicht vier Wochen lang geprobt und „Befindlichkeiten“ berücksichtigt werden müssen.
Und es bleibt Platz für neue Einfälle. Im vergangenen Jahr beispielsweise trompetete Oberministrant Max Knopp zum Gaudium der Besucher überraschend aus dem Dachfenster von St. Laurentius. „Nur trocken muss es bleiben“, wünscht sich Siebler.
Um 16 Uhr beginnt die Feier, um 18.30 Uhr ist im Normalfall alles aufgeräumt, familienfreundlich zur Bescherung für alle Beteiligten. Wenn also der spezielle Hirtenpullover hervorgeholt wird, wenn sich ein kleiner Darsteller sein Plüschschaf unter den Arm klemmt und wenn schließlich auf dem stimmungsvoll beleuchteten Holzkirchner Marktplatz „Stille Nacht“ erklingt, dann ist die Herbergssuche der besonderen Art gelungen.
SOCIAL MEDIA SEITEN