Ohne Finn wäre sie verloren

Der Border Collie Finn wird gerade zum Therapiehund ausgebildet – auch dank Spenden der TS-Leser. Sein Training absolviert er mit nur einem Ziel: Um der 29-jährigen Veronika Stanglmayr aus Kreuth den Alltag zu erleichtern und ihr in Notsituationen zur Seite zu stehen.

Finn und Veronika in Rottach an der Seepromenade - ohne den Hund wären Spaziergänge für Veronika eine Qual.
Finn und Veronika in Rottach-Egern. Ohne den Hund wären Spaziergänge für die Kreutherin eine Qual.

Er ist eine Mischung aus Border Collie, Labrador und Münsterländer und heißt Finn. Seine künftige Aufgabe: Der 29-jährigen Veronika Stanglmayr aus Kreuth eine Hilfe im Alltag zu sein. Denn die junge Frau leidet seit 2011 an einer Posttraumatischen Störung (PTBS). Um Veronika künftig unterstützen zu können, muss Finn hart trainieren.

In einer Spezialausbildung, die er momentan bei seiner Trainerin Claudia Wagner macht, lernt der Mischling wichtige Grundkommandos kennen, die Veronikas Leben später einmal erleichtern und gegebenenfalls sogar retten sollen. Besteht er die Prüfung, ist er nicht nur ein ausgebildeter Begleit-, sondern auch ein Assistenzhund. Das heißt, er wird in der Lage sein, Veronikas Sinnes- und Körperfunktionen zu ersetzen.

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Dass es so eine Ausbildung für Vierbeiner gibt, erfuhr Veronika Stanglmayr durch eine Freundin. Da die PTBS-Ausbildung aber zwischen 8.000 und 10.000 Euro kostet, wandte sich Veronika Stanglmayr Anfang des Jahres an die Tegernseer Stimme. Mithilfe eines Spendenaufrufs kamen auch dank der finanziellen Unterstützung der Leser insgesamt 7.000 Euro zusammen. Geld, das sie in den kleinen Welpen Finn investierte.

Ein Hund für alle Fälle

Heute ist Finn 18 Monate alt und befindet sich mitten in der Ausbildung. Was er in der Hundeschule lernt, rettet Veronika später einmal vielleicht das Leben. Wenn sein Frauchen nämlich nachts Albträume bekommt, dann wird Finn das Licht anmachen. Kommen ihr Menschen zu nah, stellt er sich dazwischen. Braucht sie ihre Medikamente, dann ist Finn zur Stelle und holt sie.

Wenn der Rettungsdienst kommen soll, drückt er den Hausnotruf. Und wenn sie sich tagsüber an das belastende Erlebnis zurück erinnert, dann holt er sie durch Abschlecken und Anstupsen ins Hier und Jetzt zurück. Selbst das Handy bringt er Veronika, wenn sie es braucht und nicht selbst holen kann.

Er ist Begleiter und Kamerad. Einer, der tröstet und Kraft spendet, wenn sie sich unsicher fühlt. Seit 2011 ist die gelernte Krankenpflegerin und Rettungsassistentin nämlich nicht mehr arbeitsfähig und auf Medikamente angewiesen. Den extremen Unterschied zu ihrer Situation vor dem Trauma schildert sie so:

Mein Körper kann nicht mehr so, wie ich möchte. Mir fehlt es an Kraft und Energie. Dadurch bin ich nicht mehr belastbar.

Mehrere Krankenhausaufenthalte hat die 29-Jährige bereits hinter sich. Momentan sucht sie einen freien Therapieplatz, um das Trauma zu bewältigen. Mindestens vier bis sechs Monate müsse man auf die zwölfwöchige Behandlung warten, hat man ihr gesagt. Ein Leben mit Finn kann also frühestens im nächsten Jahr beginnen. Solange wird er noch in der Obhut der Trainerin bleiben.

Bis sie ihren Vierbeiner mit nach Hause nehmen kann, fährt Veronika weiterhin jeden Donnerstag zu ihm in die Hundeschule nach Vaterstetten. Er müsse lernen, auf ihre Kommandos zu hören, sagt sie und fügt lächelnd hinzu: “Doch das klappt schon sehr gut.”

Ruhig, ausgeglichen, nervenstark und der Blick immer wachsam .
Ruhig, ausgeglichen, nervenstark. Der Blick immer wachsam – Therapiehund Finn.

Mit Finn soll Veronikas Leben vor allem Struktur bekommen. Sie traut sich jetzt auch wieder nach draußen, unter Menschen. Finn gibt ihr Sicherheit. Allein seine Anwesenheit mache vieles leichter, sagt sie. Denn im Alltag holt ihr Bewusstsein immer wieder Erinnerungen an das Erlebnis in Form von Tag- und Albträumen oder Flashbacks zurück. Dann will sie verdrängen, wird teilnahmslos anderen Menschen gegenüber.

In solchen Momenten ist es gut, einen Freund an der Seite zu haben, der erkennt, wenn es ihr schlecht geht und sich dann wortlos zu ihr legt. „Finn ermöglicht mir, am Leben teilzunehmen“, sagt Veronika. Die Zukunft ist für beide eine Herausforderung. Zunächst muss Finn seine Prüfung bestehen, und Veronika zieht vom Elternhaus in die erste eigene Wohnung. Danach sind beide auf sich allein gestellt und müssen beweisen, dass sie im Alltag miteinander zurechtkommen.

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