Ohne Partnerbetriebe kein Bergsteigerdorf

Partnerbetriebe finden, Flyer erstellen, die Verleihungsfeier vorbereiten. Um das werbewirksame Prädikat „Bergsteigerdorf“ vom Deutschen Alpenverein (DAV) zu bekommen, muss sich Kreuth mächtig ins Zeug legen. Vor allem aber erst einmal in den Geldbeutel greifen.

DAV-Projektleiter Dr. Tobias Hipp (stehend hinten links) stellte das Projekt “Bergsteigerdorf” gestern Abend noch einmal vor. Rechts neben ihm: Kreuths Bürgermeister Josef Bierschneider.

Wie Kreuths Bürgermeister Josef Bierschneider beim gestrigen Info-Abend im Kreuther Rathaus richtig anmerkte: „Es gibt viel zu tun.“ Denn um zum Kreis der 20 Bergsteigerdörfer zu gehören, hat der Deutsche Alpenverein (DAV) der Gemeinde noch einige Hausaufgaben auf den Weg zum Gipfel mitgegeben.

Neben der Bedingung, dass so ein „Bergsteigerdorf“ nicht mehr als 2.500 Einwohner haben darf, und im Gemeindegebiet eine Höhendifferenz von mindestens 1.000 Metern vorweisen muss, lautet eine andere: Partnerbetriebe finden. DAV-Projektkoordinator Dr. Tobias Hipp machte gestern klar, welche Kriterien ein solcher „Partnerbetrieb“ erfüllen sollte:

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1. Der Firmensitz und die Produktion des Betriebes müssen im „Bergsteigerdorf“ liegen.
Desweiteren muss er eigenständig sein, das heißt, unabhängig von einer großen Kette.
2. Der Betrieb sollte auf regionale, frische Produkte setzen und das ökologische Wirtschaften
vorantreiben.
3. Der Betrieb hat „Alpinkompetenz“. Sprich, er kann Informationen über das Gemeindegebiet geben
und Tourenvorschläge machen. Er verfügt beispielsweise über Kenntnisse der Wetter- und
Lawinenlage.
4. Der Betrieb identifiziert sich mit der Philosophie des DAV. Er verstößt als nicht gegen die
Prinzipien von Natur und Umweltschutz und wirbt beispielsweise mit Alpen-Motorcrossfahrten.
DAV bittet zur Kasse

Mitmachen können nicht nur Beherbergungsbetriebe, so Hipp, sondern auch Dorfläden. Wichtig sei, dass der Betrieb eine „lokale Bedeutung“ und einen Mehrwert für den Ort habe. Um ein solcher Partnerbetrieb zu werden, sei die Mitgliedschaft beim DAV allerdings ebenfalls Voraussetzung.

Die Kosten seien je nach Bettenanzahl gestaffelt. Gastbetriebe mit bis zu zehn Zimmern zahlen im ersten Jahr einen Beitrag von 30 Euro jährlich, Betriebe mit über siebzig Zimmern 200 Euro pro Jahr. Wer keine Übernachtung anbietet, ist mit 100 Euro dabei.

Rabatte für Alpenvereinsmitglieder

Im Folgejahr ist eine Erhöhung angedacht. Dann zahlen alle Betriebe – ob mit oder ohne Übernachtung – 100 Euro im Jahr. „Wir befinden uns im Entwicklungsprozess“, erklärt Hipp die noch nicht hundertprozentig festgelegten Preise. „Schließlich müssen wir vier Länder zusammenbringen.“ Die Mitgliedsbeiträge kommen nämlich unter anderem vom Österreichen Alpenverein (ÖAV), dem Südtiroler (AVS) sowie dem Slowenischen (PZS).

Allen Alpenvereinsmitgliedern sollten die Partnerbetriebe einen zehnprozentigen Rabatt auf die Übernachtung mit Frühstück einräumen. Um Doppelzahlungen zu vermeiden, seien Reservierungen über Buchungsplattformen von diesem Preisnachlass ausgeschlossen.

Der Vorteil: Die Nutzung der DAV-Vermarktungsplattform

Was man als Vermieter davon habe, Partnerbetrieb zu werden, wenn man die ganzen Bedingungen erfüllen müsse, wollte einer der Anwesenden wissen. „Durch die Mitgliedschaft beim DAV profitiere der Gastgeber insofern, als dass er er dessen riesige Vermarktungsplattform nutzen kann, um Gäste nach Kreuth zu holen“, gab Bierschneider zur Antwort. Vor allem Gäste, die länger als nur einen Tag im Ort verweilen.

Ein gewisser Idealismus müsse auch gegeben sein, räumte Hipp ergänzend ein. Mit insgesamt 1,7 Millionen Alpenvereinsmitgliedern und 150.000 Facebook-Likes sei eine gewisse Reichweite da. Mit dem DAV habe man einen „starken Partner“ gewonnen, freute sich Bürgermeister, der die Ziele von Kreuth im Hinblick auf einen naturverträglichen, nachhaltigen Tourismus unterstütze.

Die Schönheit unseres Ortes zu erhalten, darin liegt unsere Zukunft.

Voraussichtlich im nächsten Frühjahr soll das Prädikat „Bergsteigerdorf“ offiziell verliehen werden. Die Chiemgauer Orte Schleching und Sachrang haben diese Auszeichnung bereits in der Tasche. Bis spätestens Dezember sollten sich Partnerbetriebe gefunden haben. Denn “ohne geht’s nicht”, wie Tobias Hipp auf Nachfrage sagt. Sie würden das vom DAV geforderte Interesse signalisieren und dem Ganzen die nötige “Rückendeckung” geben. Ein “Bergsteigerdorf” ohne Partnerbetriebe? “Den Fall hatten wir noch nicht”, so Hipp. Das Werbelogo würden die Partnerbetriebe erst erhalten, wenn die Kooperation unterschrieben ist.

Und bis dahin ist Kreuth gefordert. Denn noch fehlt das „Hauptprodukt“ – die vom DAV geforderte Broschüre. Mit Wandervorschlägen und geschichtlichem Background zum Ort. Als Beleg und Zeichen für den neu erworbenen Titel „Bergsteigerdorf“. Was macht die Gemeinde aus? Welche Besonderheiten gibt es? Vier bis sechs Monate räumt der DAV den Kreuthern für die Erstellung der Broschüre ein.

Wo soll Verleihungsfeier stattfinden?

Ein erstes Redaktionstreffen setze Hipp für September an. Bis Ende des Jahres sollte dann alles „unter Dach und Fach sein“, damit die Gemeinde Kreuth im Frühjahr die offizielle Anerkennung für ihr „Bergsteigerdorf“ erhalte, wie der Projektleiter erklärte. Die neu gegründete Arbeitsgruppe „Bergsteigerdorf“ hat angekündigt, zwischenzeitlich Ideen und Vorschläge zu sammeln und sie dem Bürgermeister zu präsentieren.

Bierschneider stellte die Frage, wo denn die Verleihungsfeier stattfinden könnte. Schließlich sei die Presse an diesem Tag ebenfalls anwesend und sollte möglichst viele Eindrücke aus der Region mitnehmen. Als prädestinierte Plätze schlug er die Tegernseer Hütte oder Königsalm vor.

Doch jetzt gehe es erst einmal darum, in den nächsten zwei bis drei Wochen geeignete Partnerbetriebe zu finden. Wer mitmachen will, wendet sich einfach an den Bürgermeister. Denn wie gesagt: Ohne Motivation und Initiative von Kreuth könnte der Traum vom Bergsteigerdorf-Titel theoretisch auch noch platzen.

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