60 Jahre Freundschaft zwischen Bad Wiessee und Dourdan
Deutsch-Französische Freundschaft

Städtepartnerschaften: Diese kommunalen Begegnungen leben vom Engagement der Ehrenamtlichen. 60 Jahre aber hält schon eine solche Verbindung zu einer französischen Gemeinde. Jetzt war eine Delegation aus Bad Wiessee zu Gast in Dourdan.

v.rechts: 1. BM Dourdan, Paolo de Carvalho, R. Kühn, 2. BM Dourdan, Josèpha Brébion, 2. BM Birgit Trinkl

16 Namen stehen auf der Tafel. Es sind Männer aus Bad Wiessee, die zwischen 1914 und 1918 vornehmlich an der Westfront, also auf französischem Boden ihr Leben verloren. Wer das Rathaus bis vor zehn Jahren betrat, konnte die Name der Toten nicht verfehlen. Jetzt hängen im Flur Fotos von badenden Männern.

Dreiundzwanzig kriegerische Konflikte in 500 Jahren zählen die Historiker zwischen uns und den Franzosen, dazu zwei Weltkriege mit Millionen von Toten. Alle 20 Jahre ein neuer Krieg. Noch unsere Großeltern wuchsen mit der steinernen Wahrheit auf: Der Franzose, das ist der Feind, und er wird es auch immer bleiben.

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Und jetzt? Seit fast 80 Jahren herrscht Frieden zwischen unseren Ländern, so lange wie nie zuvor. Warum? Klar, da ist die Politik, der Elysee-Vertrag, die EU. Aber da sind eben auch die kleinen Pflanzen der Begegnung, die von Bürgern in Orten wie in Bad Wiessee gepflanzt wurden.

Vor 60 Jahren, 1963, suchten Ehrenamtliche aus Bad Wiessee den Kontakt mit einer Gemeinde aus Frankreich. Man fand Dourdan, ein 10 000 Einwohner Ort, südwestlich von Paris. Ratsmitglied Bernd Kuntze-Fechner war schon als junger Mensch Ende der 60er Jahre mit dabei. Heute fungiert er als Partner-Referent, hält mit viel Engagement die Verbindung zu den Freunden im Westen aufrecht.

Bürgermeister Robert Kühn, seine Vertreterin Birgit Trinkl und Mitglieder der Partnerschaftsgruppe reisten am Freitag nach Frankreich.

“Für mich ist das immer etwas Besonderes”, erklärt Robert Kühn. “Ich habe erst kürzlich noch den kaum zu ertragenden, aber wichtigen Film “Im Westen nichts Neues” gesehen. Wir müssen alles daran setzen, dass auf allen Ebenen die Freundschaft zwischen den Ländern aufrecht, lebendig halten. Das sind wir den Toten, die es auch in unserem Tal gab, schuldig, finde ich.”  

Dabei muss gar nicht nur das Gedenken an Tod und Verderben im Vordergrund stehen. der Austausch auf vielen Ebenen ist auch für den Bürgermeister interessant und wichtig: “Ich möchte natürlich wissen, wie unsere französischen Freunde Fragen wie Kinder-Tagesbetreuung oder Altenpflege behandeln. Für mich ist das immer ein intensives Lernen”, betont er. Besonders hilfreich dabei war seine zweite Bürgermeisterin, Birgit Trinkl. Sie konnte, weil dank eines langen Aufenthaltes in Frankreich fließend französisch sprechend, in vielen Gesprächen dolmetschen.  

Für Trinkl ist es ein schönes Wiedersehen. Sie war als Jugendliche vier Mal im Austausch. “Ich habe nach vierzig Jahren wieder meine einstigen Freundinnen getroffen”, erzählt sie. Aber neben diesen sentimentalen Erinnerungen ist für Trinkl der politische Austausch wichtig: “Wie entscheiden die? Was läuft dort gut, was schlecht? Was kann man übernehmen? In Dourdan ist ja eine ähnliche Situation. Auch hier ist die zweite Bürgermeisterin eine Frau, Josèpha Brébion. Ich kann in wenigen Tagen unglaublich viel lernen.”

Am letzten Tag sitzen die Politiker aus Deutschland mit ihren französischen Kollegen auf dem Marktplatz in der Sonne, grüßen und schwatzen mit Bürgern. Und in diesen Momenten ist Krieg und Haß aufeinander fern – drei Generationen entfernt. So soll es bleiben.

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