Spricht Susanne Seehofer, Landtagskandidatin der FDP. Die Tochter von Horst Seehofer, Bayerischer Ministerpräsident a.D., will die FDP auch im ländlichen Raum nach vorne bringen.
Sie haben sich ganz bewusst dafür entschieden, in die FDP einzutreten. In einem Interview mit dem Tagesspiegel sagen sie, dass sie die CSU in Teilen als rückwärtsgewandt erleben. Inwiefern?
Initialzündung waren Themen wie die gleichgeschlechtliche Ehe oder die Rolle der Frau in der Familie. Da ist mir die CSU zu rückwärtsgewandt. Nicht nur gesellschaftspolitisch, sondern auch in der Wirtschaftspolitik. Die CSU ruht sich auf den industriellen Lorbeeren des 20. Jahrhunderts aus. Die FDP verwendet deutlich mehr Gedanken darauf, wie unser Land innovativer werden kann und fit für die digitale Ära.
Auf dem Land hat die FDP aktuelle besonders schlechte Karten. Wenn man sich anguckt, wie so in den letzten Jahren gewählt worden ist, wie erleben sie das, wenn sie jetzt mit Menschen von hier sprechen?
Ich komme selber vom Land, aus Gerolfing, einem Dorf mit 4100 Einwohnern bei Ingolstadt. Dort bin ich zur Schule gegangen und aufgewachsen. Die FDP hat weniger Mitglieder als andere Parteien, da ist die Verankerung in der Fläche natürlich immer eine Herausforderung, und da müssen wir aufholen. Genau deshalb bin ich ja in ganz Oberbayern unterwegs. Und ich erlebe wahnsinnig viele positive Reaktionen.
Wir hatten im Vorgespräch kurz, dass die Koalition sehr am Kämpfen ist. Was läuft da?
Die Ampel in Berlin war ja von vorneherein keine Liebesheirat. Und wenn man sich nicht einig ist über Details beim Heizungsgesetz, dann muss man das ausdiskutieren, bevor man mit dem Projekt in den Bundestag geht und dort als Koalition mit einer Stimme spricht. Die SPD geht mit dieser Frage derzeit professioneller um als die Grünen. Die haben nicht gemerkt, dass sie sich verrannt haben. Patrick Graichens Hauruck-Heizungsgesetz war Murks. Und jetzt bessern wir in der Koalition nach und bringen ein gutes Gesetz auf den Weg.
Die haben nicht gemerkt, dass sie sich verrannt haben. Patrick Graichens Hauruck-Heizungsgesetz war Murks. Und jetzt bessern wir in der Koalition nach und bringen ein gutes Gesetz auf den Weg. Susanne Seehofer
„Wortbruch“ lautet der Vorwurf von Minister Habeck an die FDP bezüglich des Ringens um das Heizungsgesetz? Ihre Perspektive darauf?
Robert Habeck muss derzeit erleben, dass Regierungshandeln schwieriger ist als Kinderbücher schreiben. Ich kann nachvollziehen, dass seine Nerven blank liegen. Er musste gerade seinen Lieblingsstaatssekretär entlassen. Sein Vokabular würde ich nicht überbewerten.
Sie bremsen nicht?
Das Heizungsgesetz wird so gut wie alle Menschen in Deutschland betreffen. Als Mieter, als Vermieter, als Wohnungseigentümer. Wir brauchen jetzt eine Lösung, die den Klimawandel bekämpft und dabei einen Weg geht, den die Menschen in ihrem jetzt schon sehr fordernden Alltag bewältigen können.
Wie viel Klimaziele stecken in Ihrem Handeln und was haben wir übersehen?
Klimawandel bekämpft man nicht allein mit Ideologie und Verboten. Hinzukommen muss wirtschaftlicher Sachverstand. Zum Beispiel darf Heizen mit Holz nicht erschwert werden. Die Umstellung der Gasnetze auf Biomethan und Wasserstoff muss möglich sein. Und das Gesetz muss die kommunale Wärmeplanung berücksichtigen.
Zum Beispiel darf Heizen mit Holz nicht erschwert werden. Susanne Seehofer
Wie stehen sie zur Wahlalter-Absenkung?
Wir müssen 16-Jährigen eine Stimme geben, sie sind politisch mündig. Ich bin oft in Schulen unterwegs, zuletzt in Ingolstadt bei einem Modell-Europaparlament. Da hätte sich jede Plenardebatte im Landtag eine Scheibe abschneiden können.
Zwei gute Gründe, die FDP auf dem Land zu wählen?
Einen starken Wirtschaftsstandort Bayern gibt es nur mit uns. Der derzeitige bayerische Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger lebt doch nicht einmal im Gestern, sondern im Vorgestern.
Der derzeitige bayerische Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger lebt doch nicht einmal im Gestern, sondern im Vorgestern. Susanne Seehofer
Mit dem bekommen wir weder Bayerns ländlichen Raum zukunftsfit noch unsere Wirtschaft. Dafür muss die FDP ins Kabinett, zum Beispiel mit einem Wirtschaftsminister Martin Hagen. Wenn es um Innovation geht, muss ich mich auf morgen ausrichten. Entbürokratisieren, Genehmigungsverfahren beschleunigen. Die derzeitige Staatsregierung hatte dafür fünf Jahre Zeit und hat nichts getan. Menschen, die in Arztpraxen und Kliniken arbeiten, sind bald mehr mit Dokumentation beschäftigt als mit ihren Patienten. Zweites Thema: Bildung. Der zuständige Minister, Michael Piazolo, von den Freien Wählern führt sein Haus katastrophal. In keinem anderen Bundesland wirkt sich der Geldbeutel der Eltern so sehr auf den Bildungsstand der Kinder aus wie in Bayern.
In keinem anderen Bundesland wirkt sich der Geldbeutel der Eltern so sehr auf den Bildungsstand der Kinder aus wie in Bayern. Susanne Seehofer
Und das hat sich in den vergangenen fünf Jahren nicht verbessert.
Ihre erste Amtshandlung, wenn sie in den Bayerischen Landtag kommen?
Ich würde den Druck erhöhen, dass die zweite Stammstrecke gebaut wird – und zwar schneller als bislang.
Vielen Dank für das Gespräch.
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