Die Kirchen feiern Geburtstag
Pfingsten – das erste Sprachprogramm der Menschheit?

Für die einen der Start in die “kleinen” Sommerferien, für die anderen das Fest der Kirche – Pfingsten. Aber was ist da genau los? Der TS-Ministrant erklärt gern.

Es fängt in der Apostelgeschichte wie ein Blockbuster aus Hollywood an: “Da kam plötzlich vom Himmel her ein Brausen, wie wenn ein heftiger Sturm daherfährt, und erfüllte das ganze Haus, in dem sie (die Jünger) waren.”

Dann wirkt es erst wie Horror, mutiert dann aber zum Sprachprogramm:

“Und es erschienen ihnen Zungen wie von Feuer, die sich verteilten; auf jeden von ihnen ließ sich eine nieder. Alle wurden mit dem Heiligen Geist erfüllt und begannen in fremden Sprachen zu reden, wie es der Geist ihnen eingab.” So beschreibt es die Bibel: Brausen, Sturm, seltsame Zungen und irgendwann taucht eine Taube auf.

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Wäre das Neue Testament eine Netflix-Serie käme jetzt eine kurze Zusammenfassung über das, was bisher geschah: Ostern ist vorbei. Kreuz ist ohne Jesus, das Grab leer, der Chef nicht mehr bei den Meetings dabei. Home office? 50 Tage nach Ostern hocken also die Jünger von Jesus Christus in einem Haus in Jerusalem. Wie soll es mit ihnen weitergehen? Sie haben sich verbarrikadiert, trauen sich nicht vor die Tür, aus Angst vor den Soldaten, die Jesus getötet haben.

Statt sich die Zeit mit Uno-Spielen zu vertreiben, beten sie zusammen. Dann kommen oben genannte Special Effects. Auf Bildern von Pfingsten schwebt meist eine kleine Flamme über dem Kopf der Menschen. Alle Furcht und Trübsal fallen von ihnen ab. Sie gehen raus in die Welt und erzählen begeistert von Jesus Christus. Die Pfingstgeschichte erzählt also davon, wie die Christen auf die Idee kamen, die Geschichte von Jesus zu verbreiten. 

In der Folge zogen sie um die Welt, “besuchten” fremde Völker und bimsten ihnen die Liebe Gottes ein. Pfingsten ist also der Geburtstag für alle Kirchen. Aber da ist doch nicht die Sache mit der Sprache:

Wer regelmäßig in der Kindheit oder auch noch später Messen (nicht Handwerk, Heilige!) besuchte, in fremde Länder mit einer völlig anderen Sprache reist, wird den Effekt kennen: Man besucht dort einen Gottesdienst und ist sofort heimisch.

Alles ist in Buenos Aires wie in Bad Wiessee. Das eucharistische Sprachprogramm lässt einen Besucher alles verstehen. Auch das ist die gemeinsame Sprache der Kirche. Zum Schluss noch ein paar Fakten rum um das Zungen-Spektakel:

  • Bis zum vierten Jahrhundert wurde an Pfingsten nicht nur der Abschluss der Osterzeit, sondern auch die in der Apostelgeschichte erwähnte Himmelfahrt Christi gefeiert. Nachdem sich dafür ein weiterer Festtag herausgebildet hatte, wurde arbeitnehmerfreundlich Pfingsten eigenständig.
  • Als Pfingstsymbol gilt vor allem die Taube als Sinnbild für den Heiligen Geist, aber auch Feuerzungen und die Pfingstrose. Eine Sprachprogramm-App ist angedacht.
  • In Österreich und Teilen von Deutschland heißt die Nacht von Pfingstsonntag auf Pfingstmontag die Unruhnacht oder Bosheitsnacht. Ursprünglich sollten in dieser Nacht böse Geister ausgetrieben werden. Jetzt werden in der Unruhnacht den Mitbürgern Streiche gespielt, zum Beispiel wird die Gartenbank des Hauseigentümers versteckt oder seine Haustür wird mit Gerätschaften verstellt. Diese Aktivitäten werden auch als “Pfingststehlen” bezeichnet. Alles, was nicht durch ein Dach geschützt ist, darf mitgenommen und versteckt werden.
  • In der Jugendarbeit wird zu Pfingsten oft gezeltet. Meist (Achtung, anekdotische Inzidenz) soffen diese Zeltlager auch ohne Klimakrise in strömenden Regen ab. Ergebnis: Heulende Kinder, genervte Leiter und müffelnde Zelte.
  • Jenseits der schlechten Böden unseres Oberlands begann früher die Ackerbausaison: Landwirte hofften zu Pfingsten auf eine reiche Ernte. In früheren Zeiten war es vielerorts üblich, das Vieh an diesen Tagen zum ersten Mal im neuen Jahr zum Grasen auf die Weiden zu lassen. Oft führte dabei ein besonders geschmücktes Tier – der Pfingstochse – den feierlichen Zug an. Letzterer trägt jetzt Gucci-Gürtel, enge rote Hosen und eine Rolex, sitzt in einschlägigen Restaurants des Tegernseer Tals.

Beide Kirchen im Tal feiern ausgiebig diese Tauben/Zungen-Festtage. In der Evangelischen Kirche Tegernsee wird zudem am Sonntag die Fusion zwischen den Gemeinden in einem Gottesdienst gefeiert.  

Bei der Mutter aller Kirchen wird in Tegernsee, Rottach-Egern und Kreuth so gefeiert. Die Katholiken in Gmund und Bad Wiessee feiern hier.

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