Politikerin nimmt Gamsjagd ins Visier

Die alljährliche landkreisweite Hegeschau in Miesbach bietet reichlich Gelegenheit, über Rotwild, Abschusszahlen und Waldverbiss zu diskutieren. Diesmal ging es, wie schon in den vergangenen Jahren, vor allem um das Wohl der Gams, die immer noch zu stark bejagt werde.

Martin Weinzierl redete Klartext in der Oberlandhalle.

Sie ist ein exzellenter Kletterer, streift auch im Schutzwald herum und knabbert junge Latschen und Fichten an: die Gams, das Sorgenkind der Bayerischen Staatsforsten. Im vergangenen Jahr sprachen kritische Jäger bei der Hegeschau in Miesbach von einem Vernichtungsfeldzug gegen die Gämsen, weil deren mittlere Jahrgänge weggeschossen würden. Daran hat sich offenbar wenig geändert. Zu deutlich waren auch diesmal wieder die eindringlichen Warnungen vor dem Raubbau an der bedrohten Kreatur.

So beklagt beispielsweise Martin Weinzierl, Vorsitzender der Kreisgruppe Miesbach des Bayerischen Jagdverbandes (BJV), dass die Staatsforsten seit Jahren darauf bedacht seien, die Gams verstärkt zu schießen. Das, was in seinem Blickfeld an den Stellwänden bei der landkreisweiten Hegeschau am Samstag in der Oberlandhalle hing, erfüllt ihn mit Sorge: Gamskruckerl, soweit das Auge reicht. Darunter auffallend viele Jungtiere. Für Weinzierl steht daher seit längerem fest:

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Die Gams wird zu stark bejagt, ihre Rückzugsgebiete werden immer beengter.

Maximal zehn Prozent sollte der Abschuss in der Schonzeit betragen, „doch in den letzten Jahren ist diese Verordnung missbraucht worden. Die Abschusszahlen sind weit höher“. Für ihn habe dies den Charakter einer Verdrängungsmaßnahme. Schon vor zwei Jahren sei den Jägern gesagt worden, dass sie bei der Gams eine Bestandserhebung machen und bei der Bejagung der jüngeren Tiere zurückstecken müssten. „Das ist auch die Forderung des heutigen Tages“.

Ganzjährige Bejagung in Sanierungsgebieten

Dem schloss sich auch Miesbachs Bürgermeisterin Ingrid Pongratz (CSU) an. Ihre Bedenken seien, wenn sie hier die Trophäen sehe, dass man irgendwann auch keine Gams mehr sehe. Deren Abschuss sei auf zehn Prozent festgelegt worden. „Doch wie kann ich dies festlegen, wenn ich nicht einmal den Gamsbestand kenne?“. Applaus von den Rängen. Deshalb, so ihre Bitte, „eruiert erst einmal den Bestand und die Klasse (Jahrgänge), dann kann man sich in der Zukunft entsprechend verhalten“. ‘

Ihr sei das Verhältnis der Jäger zu den Staatsforsten wichtig, betonte Pongratz. Es sei klar, dass man wegen des Klimaschutzes Bergwälder brauche, „aber genauso Almweiden. Wir brauchen das Zusammenleben von Rotwild, Rehen und Gämsen“. Pongratz beklagte die Aufhebung der Schonzeiten in Sanierungsgebieten, „die immer größer werden“. Da darin das ganze Jahr gejagt werden dürfe, hätten die Tiere vor allem im Winter keine Ruhezeiten mehr. Erfolge gebe es nur in Zusammenarbeit zwischen Jägern und Waldbesitzern.

Nicht Trophäen sind entscheidend

Damit fühlte sich Stefan Kramer, Abteilungsleiter Forsten am Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) angesprochen. Der Landkreis Miesbach habe einen Waldanteil von 54 Prozent und sei damit einer der waldreichsten in Bayern. Wegen seiner Schutzfunktionen habe der Wald im Alpenvorland eine hohe Bedeutung. „In den Bergen ist er unverzichtbar“, so Kramer. Deshalb erfülle ihn mit Sorge, dass an einigen Stellen der Wildverbiss sehr hoch sei, „was nicht akzeptabel ist“.

Die “Kruckerl” der Gämsen, die immer junger geschossen werden.

Er begrüße es auch sehr, dass Jäger und der Forstbetrieb wieder miteinander, statt übereinander reden würden. Die Konflikte der vergangenen Jahre, „die teils sehr persönlich wurden“, gebe es zum Glück nicht mehr. „Die kommenden Generationen werden uns weniger daran messen, welche Trophäen wir ihnen übergeben, sondern welche Umwelt“.

Doch mit einer solchen Trophäenschau erhalte man wichtige Erkenntnisse über die Kondition des Wildes, wusste Landrat Wolfgang Rzehak (Grüne). Für ihn seien Jäger auch Naturschützer und Erhalter. Der Referent der Hegeschau, Dr. Armin Deutz aus der Steiermark, beklagte grundsätzlich die hohen Abschusszahlen bei jungen Gamsböcken. Eine Entwicklung, die der Wildbiologe auch in seinen Bergen sehe. Die Böcke hätten keine Chance mehr, auszureifen, ältere gebe es nur noch wenige. „Sie werden überschossen“, davon ist Deutz überzeugt.

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