Psst – der Gemeinderat tagt

Mehr Transparenz und Kommunikation wünschen sich vor allem Bürger. Doch der Vorschlag in Waakirchen, die Tagesordnungspunkte nicht-öffentlicher Sitzungen öffentlich zu behandeln, kam auch beim Gemeinderat positiv an. Aber wie sieht das in den anderen Talgemeinden aus?

Wie geheim müssen nicht-öffentliche Sitzungen sein? Und wieviel Transparenz wollen die Gemeinden?

Wie berichtet, hat die Aktive Bürgerbewegung am Dienstag in der Gemeinderatssitzung einen Antrag auf Veröffentlichung der Tagesordnungspunkte nicht-öffentlicher Sitzungen gestellt. Mit Erfolg. Weil man ja nichts geheim halten wolle, so hieß es, stimmten die Gemeinderäte einstimmig dafür, nicht-öffentliche Tagesordnungspunkte im Gemeindeboten und auf der Webseite der Gemeinde anzukündigen.

Wir haben aus dem Grund in einigen Talgemeinden nachgefragt. Wie sehen Sie diesen Vorstoß?

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Tegernsees Bürgermeister Johannes Hagn erklärte auf Nachfrage, dass Sitzungen des Stadtrats gemäß der Bayerischen Gemeindeordnung grundsätzlich schon öffentlich seien. Ausnahmen gäbe es allerdings, so räumt er ein. Und diese würden die jeweiligen Geschäftsordnungen der Gemeinden regeln.

So werden – laut Paragraph 20 der Geschäftsordnung der Stadt Tegernsee – Sitzungen nur dann nicht-öffentlich behandelt, wenn beispielsweise personenbezogene Daten behandelt werden. Dies beträfe vor allem finanzielle Verhältnisse, Vertragsverhältnisse und / oder persönliche Verhältnisse Dritter.

Darunter fallen Personenangelegenheiten, Angelegenheiten, die dem Sozial- oder Steuergeheimnis unterliegen, finanzielle Verhältnisse von Bürgern, Bauwerbern oder Handwerkern und Unternehmern im Vergabeverfahren.

Bei jeder neuen Amtszeit werde die Geschäftsordnung neu erlassen, sagt Hagn weiter, zuletzt im Mai 2014. Bei der Entscheidung, ob ein Tagesordnungspunkt öffentlich oder nicht-öffentlich behandelt werde, sei bei der Erstellung der Tagesordnung vorab eine Abschätzung nötig, ob die genannten Rechte verletzt werden könnten.

Nachdem der Verlauf einer Diskussion in einer Sitzung nicht vorher feststeht, muss abgewogen werden und im Zweifel die Nichtöffentlichkeit gewählt werden.

In Tegernsee sei es aber so, dass alle Entscheidungen, bei denen der Grund der Nichtöffentlichkeit wegfalle, sofort in der nächsten Sitzung bekannt gegeben werden, versichert Hagn. Zudem hätten die Mitglieder des Stadtrats die Möglichkeit, einen nicht-öffentlichen Tagesordnungspunkt öffentlich zu machen. Dies sei in Tegernsee einige Male der Fall gewesen.

Zuletzt bei der Behandlung des Bauprojekts in der Perronstraße. Nachdem sich die Öffentlichkeit nicht vorab auf diesen Tagesordnungspunkt hätte einstellen können, habe er selbst alle Unterlagen und Argumente nochmals als öffentlichen Sitzungspunkt bei der nächsten Sitzung aufgenommen. Damit habe er den Stadtrat vor dem Vorwurf des Taktierens schützen wollen. Denn seitens der Schutzgemeinschaft sei der „berechtigte Vorwurf“ laut geworden, man habe mangels Vorabveröffentlichung des Sitzungspunktes nicht an der Sitzung teilnehmen können.

In Rottach-Egern erfordern manche Dinge Diskretion

In Rottach-Egern werde ebenfalls “grundsätzlich so transparent wie eben möglich gearbeitet”, betont Bürgermeister Christian Köck. Ab und zu gebe es allerdings Themen, die in einem nicht-öffentlichem Rahmen vorberaten werden sollten. So ist er der Meinung:

Damit diese nicht von vornherein zerredet und zerrissen werden. Manche Dinge erfordern einfach Zeit und ein gewisses Maß an Diskretion, bevor man damit an die Öffentlichkeit geht.

Und auch Kreuths Bürgermeister Josef Bierschneider betont, dass wie schon in der Bayerischen Gemeindeordnung beschrieben, alle Gemeinderatssitzungen grundsätzlich öffentlich seien, unterstreicht aber den Zusatz: „Soweit dem nicht Rücksichten auf das Wohl der Allgemeinheit oder der berechtigten Interessen Einzelner entgegenstehen.“

Wenn man der Forderung nachkäme, die nicht-öffentliche Tagesordnung öffentlich zu stellen, würde man diese Schutzregelung ad absurdum führen, so die Meinung Bierschneiders:

Wenn jedermann lesen könnte, das der Unternehmer XY einen Antrag auf Stundung seiner Gewerbesteuer gestellt hat (weil er einen finanziellen Engpass hat), oder dass der Mitarbeiter XY einen Antrag auf Höhergruppierung gestellt hat, dann wäre der Schutzzweck des Art. 52. Abs. 2 ja unterminiert, und die Interessen dieser Personen verletzt. Ich vermute, dass auch Sie etwas dagegen hätten, wenn auf der Tegernseer Stimme öffentlich dargelegt würde, Sie hätten ihren Chef um eine Gehaltserhöhung gebeten oder bei Ihrer Wohnsitzgemeinde einen Antrag auf Steuerstundung gestellt, weil Ihr Unternehmen momentan einen finanziellen Engpass hat.

Genauso sei es, so der Kreuther Rathauschef, mit Grundstücksangelegenheiten. Wenn die Medien berichten würden, dass die Gemeinde mit dem Grundstücksbesitzer XY in Vertragsverhandlungen stehe, sie aber noch keinen Vertrag geschlossen hätte, könne es gut sein, dass ein anderer auf die Idee kommt, dem Grundstückseigentümer mehr zu bieten und der Gemeinde das Grundstück „wegzuschnappen“ oder den Preis hochzutreiben.

Die Gemeinde Gmund macht sich – laut Geschäftsleiter Florian Ruml – folgenden Kommentar zur Gemeindeordnung (Bauer / Böhle / Ecker, Bayerische Kommunalgesetze, Rdnr. 1 zu Art. 52 GO, S. 1 f. , Rechtsstand Mai 2016) vollinhaltlich zu eigen:

Die ortsübliche Bekanntmachung …. Ist Voraussetzung für die Verwirklichung des Grundsatzes der Öffentlichkeit der Sitzungen … und dient der Unterrichtung der Gemeindebürgerinnen und -bürger. Auch wenn sich dies im Gesetzeswortlaut nicht entnehmen lässt, bezieht sich Art. 52 Abs. 1 Satz 1 daher auch nur auf öffentliche Sitzungen des Gemeinderats.
Die Bürger haben kein legitimes Interesse daran, die Tagesordnung nicht-öffentlicher Sitzungen zu erfahren, an denen sie ohnehin nicht teilnehmen können. Überdies könnte auch schon das bloße Bekanntwerden der zu beratenden Gegenstände für die Gemeinde nachteilige Folgen haben (vgl. 16. Tätigkeitsbericht des Bayerischen Landesbeauftragten für den Datenschutz ….).
Eine Ausnahmegenehmigung … dafür, von einer ortsüblichen Bekanntmachung der Tagesordnung nicht-öffentlicher Sitzungen abzusehen, bedarf es daher nicht.

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