Wie gestern berichtet, will Bürgermeister Peter Höß das Radlverbot an der Wiesseer Seepromenade aufheben, obwohl es immer wieder Beschwerden über Radfahrer gibt, die keine Rücksicht auf Fußgänger nehmen. Unterstützung bekommt Höß dabei auch von den Behörden. Landratsamt wie Polizei haben sich gegen ein neues Verbotsschild ausgesprochen, weil von Unfällen am See in Verbindung mit Radfahrern nichts bekannt sei.
Dies blieb bei der gestrigen Diskussion am Ratstisch nicht unwidersprochen. Heftig prallten die Meinungen aufeinander, auch fraktionsintern. Claudia Martini (SPD) beklagte durch ihre fast täglichen “Gassi-Runden” mit ihrem Hund, dass vor allem E-Biker rücksichtslos um die engen Kurven beim Strandbad Grieblinger preschen würden.
Die fahren schnell und lassen es laufen.
Und dort, wo die Promenade asphaltiert ist, würden die Radler teils zu dritt nebeneinander auf die Fußgänger zufahren. Deshalb sei sie „gegen diese generelle Freigabe“, denn das “Ding heißt Seepromenade und nicht Fahrradweg”. Anders sah dies Martinis Tischnachbar und SPD-Parteifreund Bernd Kuntze-Fechner: „Habt den Mut, die Radfahrer an den See zu lassen“ und sie nicht auszusperren. Unvernünftige Radler werde es immer geben, auch trotz Verbotsschilder. “Wir sollten ein Zeichen des Mutes setzen”, so Kuntze-Fechner.
„Schrittgeschwindigkeit ist Träumerei“
CSU-Fraktionssprecher Kurt Sareiter, den das „Thema seit 30 Jahren begleitet“, war sogar mit dem Meterstab am Uferweg unterwegs, um dessen unterschiedlichen Breiten nachzumessen. Während das Landratsamt an der schmalsten Stelle 2,50 Meter Breite gemessen hatte, kam Sareiter zu einem anderen Ergebnis. An der schmalsten Stelle, beim Strandbad Grieblinger, habe er nur 1,75 Meter nachgemessen. Hier seien nach Sareiters Ansicht auch die Forderungen nach einer Schrittgeschwindigkeit nur „Träumereien“.
Eine Aufhebung des Radlverbots widerspreche auch dem Ziel des Ortes, die Gesundheitsgemeinde im Tal zu werden, da die Seepromenade nun einmal eine Ruhezone ist. Höß hielt dagegen, dass die „Menschen einfach ans Wasser wollen, auch mit dem Radl“. Man könnte auch radelnd flanieren, hieß es dazu in einer Stellungnahme des Landratsamtes. Dies sei auch in Seeglas und Rottach-Egern möglich.
Rolf Neresheimer (ranBW) schlug vor, den Radfahrern im Ort „bessere Routen“ anzubieten, damit die Seepromenade nicht zur Transitstrecke werde. Dies könne man auch Barrieren wie Pflanzentröge erreichen, um „Konflikte zu vermeiden“. Georg Erlacher (CSU) sprach sich für mehr Kontrollen aus, „da sich da Szenerien abspielen würden“. Für eine “verkehrsfreie Zone” plädierte auch Ingrid Versen (CSU). Verbotsschilder seien ihm in anderen europäischen Ländern, in denen er radle, noch nicht begegnet, so Radfahrer Fritz Niedermaier, FWG-Fraktionssprecher. Wo er unterwegs sei, gebe es ein friedliches Nebeneinander von Fußgängern und Bikern.
Freie Fahrt für Radfahrer auf dem Gehweg
„Leben und leben lassen“ ist die Richtung, die die Gemeinde einschlagen will, das betonte Höß gestern Abend nochmal. Deshalb wäre er dafür, das Radfahren auf dem Weg zwischen dem Strandbad Grieblinger und dem Bootsverleih in Schrittgeschwindigkeit zu ermöglichen. Künftig soll ein Schild darauf hinweisen, dass Radfahrer freie Fahrt haben, sich aber nur im Schritttempo fortbewegen dürfen.
Mit dem Kompromissvorschlag von Neresheimer, dass die Gemeinde Maßnahmen treffen werde, um den Konflikt zwischen Fußgängern und Radlern zu minimieren, stimmten neun Gemeinderäte für den Beschluss, sechs nicht. Doch angesichts der bevorstehenden Bauvorhaben – auch an der Wiesseer Seepromenade – könnte die Freigabe für die Radler schon bald wieder Makulatur sein. Kurt Sareiter würde sich dann bestätigt fühlen, denn mittlerweile hat er mit dem „Dauerbrenner Seepromenade“ im 31. Jahr zu tun. Und ein Ende ist wohl nicht in Sicht.
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