Ergänzung vom 03. Juni / 07:41 Uhr
Das Thema Regenerative Energien wird uns die nächsten Jahre begleiten. Soviel steht zumindest nach dem gigantischen Schwenk der Bundesregierung wie auch der bayrischen Landesregierung mittlerweile fest. Alle Politiker sind, etwas überspitzt formuliert, bereits seit Jahren Atomgegner und glühende Solarstrom-Befürworter.
In den Kommunen jedoch kommt die Urgewalt der regenerativen Wechselbereitschaft scheinbar noch nicht an. Die wirklichen Treiber sind derzeit normale Bürger oder von Bürgern ins Leben gerufene Initiiativen, wie der Energiestammtisch in Kreuth.
Dass man auch in Rottach-Egern irgendwie nicht so richtig in die Pötte kommt beim Thema Solaranlagen machte Jakob Appoltshauser von der SPD auf der letzten Gemeinderatssitzung klar. Vor allem gefällt Appoltshauser nicht, dass alles so lange dauert.
In der Märzsitzung wurde vom Martin (Anm. d. Redaktion: Martin Goldhofer, FWG) gefordert, dass wir in einer neuen Sitzung nochmal die Solaranlagen diskutieren. Bisher ist nichts passiert. Und im Juni wird auch nichts mehr passieren, da wir keine Sitzung haben. Also ein zeitnahes Fenster ist das nicht.
Bürgermeister Franz Hafner wollte das nicht so einfach auf sich sitzen lassen. Man habe sich für den relativ späten Termin aus zwei Gründen entschieden: Ersten will man das Urteil in einem aktuellen Rechtsstreit noch abwarten. Und es habe sich eine unerwartete technische Neuerung im Bereich der Solarkollektoren ergeben, über die ein Fachmann in der übernächsten Gemeinderatssitzung am 26. Juli informieren möchte.
Zu diesem Zweck wird ein Vertreter einer Firma in die öffentliche Sitzung kommen und einen Vortrag über die neuen Möglichkeiten halten. Und zwar “keinen ideologisch angehauchten Vortrag, sondern nur die reine technische Entwicklung,” wie Bürgermeister Hafner betonte.
Und dann werden irgendwann vielleicht die Satzungen in den fünf Talgemeinden angepasst und vereinheitlicht. Falls keine weiteren technischen Neuerungen dazwischen kommen.
Ursprünglicher Artikel vom 10. Mai mit der Überschrift: “Regenerative Energie ist ja schön und gut – aber bitte nicht bei uns!”
Die Energiewende wird kommen. Darüber sind sich viele Experten einig. Doch um eine echte Wende zu erreichen müssen auch die Möglichkeiten im Tegernseer Tal stärker genutzt werden. Wasser, Wind und Sonne reichen dabei nicht aus. Nicht vergessen werden darf die Nutzung von Holz und Biomasse zur Energiegewinnung oder auch oberflächennaher Geothermie.
Die Überzeugung der Gemeinden: Generell sind regenerative Energien sehr gut, aber bitte nicht bei uns.
Josef Bogner brachte das Dilemma auf den Punkt. Auf dem Energiestammtisch in der Kreuther Naturkäserei gehörten dem Initiator der ersten Veranstaltung dieser Art auch die ersten Worte. Und Bogner kam, im vollbesetzten Saal, gleich zum Kern des Problems. Die Gemeinden schieben sich gegenseitig die Verantwortung zu. Passieren tut aber nur wenig. “Die Macht kommt aus dem Volk,” so ein überzeugter Josef Bogner. Und aus dem Grund müsse der einzelne Bürger auch zeigen, dass es wichtig sei, was zu tun. Sonst werde sich, vor allem im Tegernseer Tal, nie etwas ändern.
Alleine der Punkt Sonnenenergie zeigt wie sehr das Thema regenerative Energien im Tal im Argen liegt. Laut Josef Bogner sind in Rottach-Egern beispielsweise nur 25% der möglichen Dachflächen zur Nutzung für Photovoltaikanlagen zugelassen. In den anderen Gemeinden liegen die Werte entweder drüber oder drunter. Der Grund: Jede der fünf Talgemeinden hat einen eigene Satzung. Der Sinn dahinter erschließt sich dem normalen Bürger nicht.
Im Laufe der zweistündigen Diskussion kamen unterschiedliche Experten zu Wort. Dabei wurde auch auf die Bedeutung von Holz als Energiequelle hingewiesen. Peter Haberzettl, Vize-Vorsitzender der Energiewende Oberland ist überzeugt, dass gerade bei uns in diesem Bereich ein riesen Potential steckt:
Holz ist das, was bei anderen Raps ist. Also nutzen wird doch das, was bei uns vor dem Haus ist.
So oder so: Unser Ziel muß sein, dass jeder einzelne Bürger selber entscheiden kann, ob er mit regenerativen Energien für sich Strom erzeugen will oder nicht.
Als Zuhörer gekommen, als Experte gleich in die “Mangel” genommen wurde Dr. Norbert Kruschwitz, der Direktor des E-Werks Tegernsee. Kruschwitz ist der Ansicht, dass den regenerativen Energien die Zukunft gehört. Was das genau bedeutet und warum regenerativ nicht nur die Nutzung von Wasser, Wind und Sonne umfassen darf, hat Kruschwitz gestern ansatzweise durchklingen lassen. Der E-Werk-Chef hat uns seine Sicht der Dinge aber auch vor einigen Wochen in einem Interview erzählt. Hier ein Ausschnitt des Gesprächs, welches wir in der nächsten Ausgabe des Tegernseer Stimme Magazins ab Freitag veröffentlichen:
Herr Dr. Kruschwitz, mit diversen Verboten versucht der Staat Energie zu sparen. Bringen uns Energiesparlampen aber wirklich weiter?
Der Anteil, den das Licht an der Strommenge ausmacht, wird immer überschätzt. Er liegt nur bei etwa 10 Prozent. Die paar Haushaltslampen machen nicht viel aus.Und dass die EU quecksilberbelastete Enerigesparlampen vorgeschrieben hat, die darüber hinaus auch noch andere giftige Stoffe abgeben, halte ich für einen ökologischen Treppenwitz. Da ist wenig eingespart worden.
Am meisten Energie im Haushalt verschlingt die Heizung und Geräte wie Spülmaschinen, Kühlschränke, Waschmaschinen. Hier energieeffiziente Geräte einzusetzen, macht Sinn.
Wie sieht es denn bei uns aus – ist der Landkreis Miesbach bis 2035 wirklich energieautark?
Ach, wissen Sie, Horizonte bis 2035 kann man durchaus visionär eröffnen. Aber für den Landkreis Miesbach alleine habe ich da meine Zweifel. Autark können wir nur werden, wenn wir über den Landkreis hinaus die regenerativen Energiequellen ausnutzen: Wasserkraft und Windkraft zum Beispiel. So kann sicherlich eine höhere Abdeckung erreicht werden. Nur auf örtlicher Ebene wird das schwierig.
Ist es für Sie überhaupt möglich, sich auf die Energiewende Oberland einzustellen?
Das ist nicht die entscheidende Frage. Die Ratschläge sind sicher gut gemeint. Aber ob man damit Autarkie erreicht, ist fraglich.
Was müsste man also tun, um den Ausbau erneuerbarer Energien wirklich zu beschleunigen?
Nur auf den Ausbau regenerativer Energien zu setzen ist zu einseitig. Am meisten gewinnen wir mit dem Ausbau der Energieeffizienz: Wärmedämmung in Altbauten, an Dächern, Fenstern, Türen und Wänden. Auch mit moderner Straßenbeleuchtung ist viel zu machen. Alte Laternen brauchen noch 120 Watt, die neuesten Entwicklungen liegen bei etwa 10 – 15 Watt.
Insgesamt braucht es aber auch einen ausgewogenen Energiemix: Wind, Wasser, Sonne und Biomasse. Vor Einseitigkeit will ich aber warnen. Am Tegernsee wird beispielsweise traditionell viel mit Holz geheizt. Würden dazu noch viele große Hackschnitzelheizungen errichtet, bekommen wir ein Problem mit der Luftqualität. Das gefährdet langfristig auch das „heilklimatische“ Prädikat im Tal.
Was ist Ihre persönliche Prognose für die Zukunft des Energiemarktes?
Der Markt geht eindeutig in Richtung erneuerbare Energien. Man wird aber bald erkennen, dass das nicht ausreicht. Und da die Atomkraft langfristig abnehmen wird, werden andere Kraftwerks-Typen wie Gas-, Kohle- oder Wasserkraftwerke eine Renaissance erleben. Bis hin zum Bau von neuen Kraftwerken. Ob man sie haben will oder nicht, wir (ver-)brauchen nun mal eine Menge Energie. Eine andere Möglichkeit wäre, man schafft per Gesetz alle Kraftwerke ab und wir nehmen in Kauf, dass wir ab und zu im Dunkeln sitzen. Das wäre vielleicht manchmal ganz heilsam.
Herr Dr. Kruschwitz, wir Danken für das Gespräch!
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