Brommes Bücher sollen weg

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Knapp 11.600 Bücher und einen Psallierchor hat der ehemalige Sparkassen-Chef Georg Bromme seinem ehemaligen Kreditinstitut als zweifelhaftes Erbe hinterlassen. Nun muss die Sparkasse zusehen, dass sie den Besitz möglichst ohne Verlust wieder veräußern kann. Zumindest einige Exemplare werden wohl im Museum Tegernseer Tal unterkommen können. Doch was passiert mit dem 1,5 Millionen Euro teuren Nutzungsrecht für den Psallierchor?

Kirchlich oder weltlich, dies ist wohl die Frage, um die es nun bei den über 11.600 Büchern geht. Vor Kurzem standen sie noch im ehemaligen Psallierchor der Tegernseer Klosterkirche. Nun werden die Prachtbände durch das Berliner Auktionshaus Hauff & Hauvermann bereits zum Verkauf angeboten. Womöglich aber kommen die kirchlichen Bücher wieder an den Tegernsee zurück.

Erstmalige Veröffentlichung der Kirchenbücher

„Wir hätten einen Sponsor, der bereit wäre, die Bücher mit Klosterbezug für unser Tegernseer-Tal-Museum zu erwerben“, erzählt der Historiker Roland Götz, „denn unter den verschärften Umständen kann uns die Sparkasse diese Bücher nicht mehr schenken. Sie muss jetzt einen Teil der beträchtlichen Summe, die sie vor Jahren für die Bibliothek ausgegeben hat, wieder erlösen.“

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Interessiert wären die Verantwortlichen des Museums an „etwa drei Dutzend bis maximal 100 Bänden“, so Götz, „die auf dem Einband zum Teil das Seelaub als Besitzkennzeichen haben.“ Im Inneren sei auch ein Erwerbungsvermerk des Klosters. Insgesamt 13 Bände habe man von der Sparkasse in zwei Umzugskartons zur Ansicht erhalten. „Bis auf zwei Bände stammen alle aus den ehemaligen Beständen des Klosters und sind daher von großem Interesse für uns“, erklärt Götz.

Ein Exemplar aus dem Tegernseer Psallierchor
Kirchenbuch mit handschriftlichem Vermerk aus dem Kloster

Die Tegernseer Stimme hatte exklusiv die Möglichkeit, die fraglichen Bände einzusehen. In einem Buch stammt die lateinische Handschrift aus dem Jahr 1731. Sie verweist ebenso eindeutig auf die Bibliothek des Klosters Tegernsee wie ein anderes Werk mit einem kirchlichen Motiv, das im Jahr 1700 gedruckt wurde. Hier wird sogar explizit die „Monastery St. Quirini“ als Eigentümerin ausgewiesen. „Es wäre schön, wenn wir die Bücher einmal präsentieren könnten“, hofft Roland Götz. Doch dies sei nur ein sehr kleiner Teil der über 11.000 Bände.

Unrechtmäßiger Erwerb durch die Kreissparkasse

Veräußert werden sie von der Kreissparkasse. Sie hatte die Bibliothek von der herzoglichen Familie 2010 für 150.000 Euro erstanden. Den Kauf eingefädelt hatte der damalige Kreissparkassen-Chef Georg Bromme, der auch das Dauernutzungsrecht für den Psallierchor erwarb. Dafür ließ Bromme sogar 1,5 Millionen Euro springen. Hinzu kommen weitere 105.000 Euro für Notar- und Planungskosten.

Nun muss die Bank Bücher und Chorraum zu Geld machen. Hierzu wurde sie bei der Kontrolle ihrer Sponsoring-Aktivitäten durch die Regierung von Oberbayern aufgefordert. Ursprünglich wollte Bank-Chef Bromme den Raum öffentlich zugänglich machen. Doch die Behörden machten ihm einen Strich durch die Rechnung: Es fehle bei Veranstaltungen ein zweiter Fluchtweg. Damit war die millionenschwere Investition Brommes geplatzt. Sein Nachfolger im Amt, Martin Mihalovits, hat nun das „unrechtmäßige“ Erbe Brommes am Hals.

„Bücherkauf war ein Fehler“

Enttäuscht über das abrupte Verschwinden der Bibliothek ist vor allem der Altertumsgauverein als Träger des Museums Tegernseer Tal. Die Verantwortlichen hatten gehofft, die eigentlichen Klosterbücher aus den herzoglichen Beständen retten zu können. Doch ihr Veto fand bei der Kreissparkasse zunächst kein Gehör, sie ließ den barocken Saal im Frühjahr komplett räumen.

„Vom Verbringen der Bücher aus dem Psallierchor war ich persönlich völlig überrascht“, erklärt Roland Götz. Er meint, dass auch der Vorsitzende, Hans-Herbert Perlinger, der zur Zeit verreist ist, nichts davon wusste. „Das verwundert mich ein wenig“, erwidert Kreissparkassen-Sprecher Peter Friedrich Sieben, „mit dem Museum standen wir natürlich in Kontakt, mit Herrn Götz sowieso.“

buecher psallierchor

Wie auch immer: Was für den Tegernseer Raum kulturell wichtig sei, werde vom Auktionshaus separiert und dem Museum direkt angeboten. „Weil wir nicht wissen, was die einzelnen Bücher wert sind, haben wir sie aus diesem Grund erst einmal dem Auktionshaus überlassen“, erläutert Sieben, „da aber die meisten Bücher gar keinen Bezug zum Tegernsee haben, war es ein Fehler, die überhaupt zu kaufen.“

Für Götz als Kirchenhistoriker und Archivoberrat im Diözesanarchiv ist folgendes Szenario denkbar: „Die Kirchenbücher sind vermutlich irgendwo im ehemaligen Klostergebäude liegen geblieben, und sie kamen so mit dem Erwerb des Klosters 1817 durch die Herzöge in Bayern in deren Bibliothek.“ Daher dürfe man sich nicht vorstellen, dass es hier eine größere Verbindungslinie zwischen der klösterlichen und der herzoglichen Bibliothek gebe.

Kirche zeigt wenig Interesse am Psallierchor

Weitaus größere Probleme hat die Kreissparkasse allerdings mit dem Psallierchor. Dessen Dauernutzungsrecht würde sie gerne an die Kirche verkaufen, doch die zögert. Das Erzbischöfliche Ordinariat zeigt sich interessiert, aber der geforderte Preis sei zu hoch.

Für die Sparkasse ist das ein Problem. Denn die Forderung des Innenministeriums ist klar: Man muss den Chor verkaufen. „Der Geschäftsbetrieb einer Sparkasse ist nicht dafür geeignet, selbst Projekte der Wissenschaft und Kunst zu betreiben. Vielmehr wäre eine Förderung durch Spenden oder Sponsoring einzelner Veranstaltungen oder Projekte Dritter der richtige Weg“, heißt es dazu vom Ministerium.

Ein Regal aus "360 laufenden Metern"

Hintergrund: Was ist ein Psallierchor?

Das Wort „Psallierchor“ leitet sich von „Psallieren“ ab, was „Psalmen singen“ bedeutet. In diesem Raum kamen die Mönche siebenmal am Tag und einmal in der Nacht zusammen, um Gott im Psalmengesang zu danken. Dabei saßen sie sich auf Bänken gegenüber und sangen abwechselnd. Der Chorraum selbst war von der Öffentlichkeit abgeschirmt. Allerdings konnten Kirchenbesucher die Deckenbemalung sehen.

Der Freskenzyklus, den Hans Georg Asam an die Decke der Tegernseer Kirche gemalt hat, ging hinter dem Hochaltar weiter. Seit der Chorraum 1824/25 abgetrennt wurde, endet der Zyklus mit dem Kuppelbild im Hochaltar.

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