Reutberg gehen die Nonnen aus

von Maxi Hartberger

Im 400 Jahre alten Kloster Reutberg leben nur noch zwei Schwestern – es droht die Schließung. Die Sachsenkamer kämpfen mit allen Mitteln für den Erhalt ihrer Abtei, doch ernst genommen fühlen sie sich nicht. Sie erheben schwere Vorwürfe gegen das Ordinariat in München.

Seit 400 Jahren leben Franziskanerinnen im Kloster Reutberg. / Foto: www.klosterbrauerei-reutberg.de

Auch wenn die historischen Gemäuer jenseits der Miesbacher Landkreisgrenze liegen, ist vor allem für Holzkirchner und Hartpenninger das Kloster Reutberg eine bedeutende Institution. Doch das 400 Jahre alte Kloster steht vor der Schließung. Der Grund? Es gibt zu wenig Nonnen.

Lediglich zwei Franziskanerinnen leben noch auf dem sogenannten „heiligen Berg.“ Eine der beiden Schwestern ist mit ihren 90 Jahren pflegebedürftig. Eine ihrer Mitschwestern kümmert sich um die knapp 40 Jahre jüngere Frau. Doch für einen Konvent braucht es laut Kirchenrecht mindestens drei Schwestern, da nur so die Wahl einer Oberin möglich ist.

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Vor rund zwei Wochen gab das Erzbistum München/Freising bekannt, dass man „voller Trauer“ sehe, dass die einst lebendige Ordensgemeinschaft zu klein geworden sei. Laut BR soll nun bald ein Bericht nach Rom verschickt werden. Doch was in der Pressemitteilung nicht steht: In den vergangenen Jahren hatten immer wieder auswärtige Konvente oder Schwestern Interesse an Reutberg gezeigt.

Sachsenkamer tun sich zusammen

Ulrich Rührmair ist stellvertretender Pfarrgemeinderatsvorsitzender und Sprecher der Sachsenkamer Delegation – bestehend aus Bürgermeister Johann Schneil sowie Vertretern von Kloster-Freundeskreis und Pfarrgemeinderat. Dass andere Schwestern sich am Reutberg niederlassen, habe das Ordinariat „teils stillschweigend verhindert oder sogar offen verboten“, erklärt Rührmair gegenüber dem Tölzer Kurier.

Vor über einem Jahr hat Rührmair mit Hilfe mehrerer Pfarrer aus der Region ein 25-seitiges Konzept für die Zukunft des historischen Klosters erstellt. Schwestern aus Oberbayern und Österreich bekundeten Interesse. Konkret nennt Rührmair die Gastschwester Maria Benedicta aus Koblenz, die die verbliebenen zwei Schwestern in Reutberg 2017 unterstützt hatte. Sie musste jedoch auf Wunsch des Ordinariats wieder in ihr eigenes Kloster zurückkehren. „Einer anderen Interessentin hat man sogar ein Gastverbot erteilt“, so Rührmair.

Statt Schwestern soll ein Seelsorgezentrum kommen

Dass die Münchner Kirchenvertreter keinen Klosterbetrieb mehr in Reutberg wollen, ist schon länger bekannt. „In den vergangenen Jahrzehnten haben sich nur wenige Menschen für einen Eintritt in ein Kloster entschieden“, erklärt Gabriele Rüttiger, im Ordinariat zuständig für Grundsatzfragen und Strategie, gegenüber dem Merkur. Seit 400 Jahren leben die Franziskanerinnen in Reutberg – doch der Nachwuchs fehlt.

Es ist ein Irrglaube, wenn man meint, ein anderes Kloster kann einfach einige Schwestern auf den Reutberg schicken und alles wäre gut. Das zeugt von Ignoranz gegenüber dem Ordensleben.

Ginge es nach den Planungen der Erzdiözese soll eine Priestergemeinschaft in die historischen Gemäuer ziehen, und ein pastorales Zentrum mit Schwerpunkt auf Familienseelsorge bilden. Vertreter der Gemeinde Sachsenkam wären zwar grundsätzlich einverstanden mit einem Seelsorgezentrum, doch so recht glaubt niemand daran. Man sehe die Planungen in der Gemeinde nur als vage Absichtserklärung, nicht als konkretes Vorhaben.

Kann der Ministerpräsident helfen?

Laut Bürgermeister Schneil habe man bei Treffen in München oft schlechte Erfahrungen mit dem Ordinariat gemacht. Als „nicht auf Augenhöhe“ hatte der Rathauschef die Gespräche beschrieben. Auch Rührmair kritisiert das Verhalten: „Das Ordinariat spielt auf Zeit, während man im Hintergrund rasch und effektiv die Klosterauflösung vorantreibt.“ Trotz mehrfacher Nachfrage gebe es immer noch keine schriftliche Garantie, dass das Seelsorgezentrum auch wirklich komme.

Die Sachsenkamer Delegation will sich nicht zufrieden geben. Das Kloster ist den Menschen am Reutberg so wichtig, dass sie nun sogar den Ministerpräsidenten eingeschaltet haben. Denn auch wenn es derzeit zu wenig Nachwuchs gibt, und das Kloster renovierungsbedürftig ist, birgt es historische Schätze. Dazu gehört unter anderem die Apotheke aus dem Jahr 1688 – sie gilt als besterhaltene Apotheke dieser Zeit. Geht es nach den Sachsenkamern, sollten sich auch künftig Schwestern um dieses Schmuckstücke kümmern.

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