So sehr auch Rottachs Bürgermeister Christian Köck (CSU) seine Position verteidigte, er sei gegen die Lockerung des Nachfahrverbotes, so sehr spaltete der Antrag der Firma Stettner parteiübergreifend die Sitzungsteilnehmer. War Anfang August, als das heikle Thema erstmalig auf den Ratstisch kam, die Lager in etwa ausgewogen, so kippte nun das Pendel zugunsten des örtlichen Fachmarktes Stettner, der von einem Nachtfahrverbot ausgenommen werden will.
Er sehe sonst seine Existenz bedroht, wenn er nicht mit seinen beiden 14 und 26 Tonnen-Lkw gegen 3 oder 4 Uhr morgens zum Kunden aufbrechen könne. Wenn ihm da keine Ausnahme genehmigt werde, sehe er sich gezwungen, den Betrieb in diesem Bereich einzustellen und die Lkw zu verkaufen, machte Wolfgang Stettner seine Lage in einer Stellungnahme im August deutlich. Doch das Thema war dem Gemeinderat vor sechs Wochen zu heikel, so kam es nun wieder auf die Tagesordnung.
13 Ausnahmegenehmigungen im Tal
Zugezogen wurde der Verkehrsexperte des Landratsamts, Peter Schiffmann. Er hatte einige Zahlen zum Nachtfahrverbot im Tal parat, das zwischen 22 und 6 Uhr gilt. Gegenwärtig gebe es 13 Ausnahmegenehmigungen, überwiegend seien diese für einen österreichischen Spediteur aus Achenkirch ausgestellt, da dieser international tätig sei. Dieser dürfe am Sonntag von 20 bis 22 Uhr fahren und am Montag ab vier Uhr morgens.
Unter die Ausnahmeregelungen fallen auch einzelne Lkw von auswärtigen Lebensmittel-Lieferanten. Diese dürfen zwischen 4 und 6 Uhr auf festen Routen im Tegernseer Tal unterwegs sein, beispielsweise über Bad Wiessee rein und über Tegernsee raus. Jedoch nicht täglich. „Auch die Tegernseer Brauerei wollte Ausnahmegenehmigungen vom Nachtfahrverbot“, so Schiffmann, „doch diese wurden vom Tegernseer Stadtrat abgelehnt“.
Damals hatte der Stadtrat argumentiert, wenn man dem Lieferverkehr Tür und Tor öffne, dann würde dieses Verbot ausgehöhlt werden. Als nächstes käme dann ein Kraftstoffhändler oder weitere Betriebe. Das Nachfahrverbot und damit die Nachtruhe der Anwohner sei ein hohes Gut, so das Argument. Weiter verwies Verkehrsexperte Schiffmann darauf, dass täglich etwa 350 Lkw auf beiden Seiten den Tegernsee pro Tag passieren würden. Dies seien vergleichsweise noch wenige Schwertransporte. Auf der B472 bei Waakirchen seien es 700 und in Miesbach etwa 1.000 Lastkraftwagen am Tag.
Langwierige Verhandlungen
Vielen am Ratstisch wollte nicht einleuchten, dass man einem örtlichen Unternehmen das verbietet, was einer ausländischen Spedition gewährt wird. „Warum gibt man österreichischen Firmen Ausnahmegenehmigungen und einheimischen nicht“, fragte Alexandra Wurmser (CSU). Thomas Lamm (FWG):
Für mich sind die internationalen Spediteure rein wirtschaftliche Unternehmen. Also geht es hier in den politischen Bereich. Bislang habe ich keinen Grund, pro Spedition oder gegen den Antrag der Firma Stettner zu stimmen.
Schiffmann verwies darauf, dass den bestehenden Nachtfahrgenehmigungen langwierige Verhandlungen zwischen österreichischen und bayerischen Regierungsvertretern vorausgegangen seien. Damals sei ein Unterschied zwischen international tätigen Speditionen und regionalen Fuhrunternehmen gemacht worden. „Vermutlich steckt hinter dieser Entscheidung auch die hohe Politik“, musste Schiffmann einräumen.
Köck wird überstimmt
„Egal, wie auch immer die Abstimmung ausfällt“, verkürzte Köck die Diskussion, „wir stimmen jetzt ab“. So kam es, was sich während der Diskussion abzeichnete. Die Existenz des örtlichen Unternehmens Stettner lag der Mehrheit der Gemeinderäte mehr am Herzen als die Ausnahmegenehmigungen für die Tiroler Spedition. Mit 12:8 Stimmen unterlag Rathauschef Köck mit seiner Position, das Nachtfahrverbot nicht zu lockern.
Der trug es mit Fassung: „Bindend ist das Ergebnis ohnehin nicht“, da das Landratsamt das letzte Wort habe. Zudem haben die Polizei und die Stadt Tegernsee schon signalisiert, dass auch sie gegen die nächtliche Ruhestörung seien.
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