2016. Die Talgemeinden wollen ihren Anteil vom letzten Jahr aus dem Spielgewinn in Bad Wiessee. Und der fiel schon 2014 mit 2,8 Millionen Euro für Bad Wiessee ganz passabel aus, 2015 bekam die Gemeinde sogar einen fünfzehnprozentigen Anteil der Gesamterträge in Höhe von drei Millionen Euro. Davon hätten Tegernsee und Rottach-Egern im vergangenen Jahr mit je 100.000 Euro vom Casino-Gewinn profitiert, Kreuth und Gmund mit je 50.000 Euro. Bis Wiessees Bürgermeister Peter Höß auf den Plan trat. Der drehte im Januar 2015 den Geldhahn zu.
Doch zurück zum Anfang.
Im Jahr 1977, es war am 3. Mai, traf Bad Wiessee mit den Talgemeinden eine eher formlose Abmachung, die ihnen das Anrecht auf zehn Prozent des Bruttospielbetrages seiner in Wiessee ansässigen Spielbank auf unbestimmte Zeit garantierten sollte.
Alle waren zufrieden und planten die Gewinne in ihre jährlichen Haushaltsplanungen mit ein. Die Solidarität klappte ebenso wie die monatlichen Überweisungen vom Finanzministerium. Jahre später investierte Bad Wiessee 28 Millionen Euro in seine Spíelbank, deren Neubau im Juni 2005 gefeiert wurde. Und auch da freuten sich noch alle. Die Besucherzahlen stiegen, die Bruttospielerträge übertrafen alle Erwartungen, und die Nachbargemeinden profitierten.
Überseh`n ist auch verspielt
Dann kam der 24. Februar 2014. Wiesees Bürgermeister Peter Höß erhält einen Anruf vom Finanzministerium. Man wolle wissen, ob die Abmachung von 1977 überhaupt noch Gültigkeit habe. Höß ist irritiert. Von einer Spielbank-Vereinbarung ist ihm nichts bekannt. Er erkundigt sich und stellt fest, dass die Regelung nur so lange Gültigkeit gehabt hat, bis ein Erweiterungsbau oder Neubau der Spielbank Bad Wiessee vorgenommen wurde.
Moment mal, denkt Höß, das war doch 2005 der Fall. Kein Vertrag, keine Zahlung. Gleichzeitig erinnert er sich an die noch ausstehenden Baukosten in Höhe von 3,6 Millionen Euro, die er bei den Talgemeinden noch offen hat und will diese nun rückwirkend durch Aussetzen des Casino-Gewinns einfordern. Daraufhin erwirkt er, die Zahlungen an die vier Nachbargemeinden einzustellen. Als Standort-Gemeinde darf er das, so glaubt er richtig. Aus Rücksicht auf die bereits beschlossenen Haushalte und aufgrund der Verhandlungsgespräche friert er die Zahlungen nicht schon im laufenden Jahr 2014 ein, sondern erst ab Januar 2015.
Die Nachbargemeinden sind entsetzt. Als das Finanzamt die Zahlungen mit Bescheid vom 19.11.2014 tatsächlich einstellt, ziehen sie im November 2015 vor das Münchner Verwaltungsgericht. Der Wiesseer Bürgermeister sieht das Ganze gelassen:
Die Klage richtet sich nicht gegen uns, sondern gegen den Bescheid des Finanzamts München. Beklagter ist also der Freistaat Bayern. Die Gemeinde Bad Wiessee ist lediglich beigeladen. Wir sind aber nach wie vor verhandlungsbereit.
Der Münchner Rechtsanwalt Peter Bachmann prüft nun die Rechtslage. Welche Verträge haben Gültigkeit? Welche Ansprüche können geltend gemacht werden? Müssen sich die vier Talgemeinden wirklich im Nachhinein an den Baukosten der Spielbank beteiligen oder sind diese mit der Miete, die Bad Wiessee für die Spielbank bekommt, abgegolten?
Eine vernünftige Einigung scheint nicht in Sicht zu sein, die rechtliche Lage nicht eindeutig. Tegernsees Bürgermeister Johannes Hagn, der zum Wortführer der betroffenen Tal-Gemeinden ernannt wurde, will keinen Streit. Er erklärt, dass es sich bei der Klage um eine „rein juristische Maßnahme“ handeln würde, und dass der Einspruch nötig sei, damit man die Verjährungsfristen einhalte. Sollte die Sachlage juristisch aber nicht klärbar sein, so sagt Hagn weiter, so hoffe er auf Bad Wiessees Solidarität in dieser Angelegenheit.
Ob sich das Blatt noch wendet, oder ob es tatsächlich zu einer öffentlichen Verhandlung kommt, das weiß bis jetzt niemand. Das Spiel geht also weiter.
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