Sauerlach, wo bist Du?

Was ist am Ende eigentlich ausschlaggebend, über welches geographische Gebiet ein regionales Medium wie die Stimme berichtet? Welche Grenzen werden gezogen und welche Kriterien werden angelegt? Wir finden, das Autokennzeichen allein kann es ja wohl nicht sein und sind mal über das Otterfinger Terrain und damit die Kreisgrenze hinaus nach Sauerlach gefahren.

Holzkirchner Stimme Sauerlach 3Seit über 40 Jahren gehören Sauerlach und die seinerzeit eingemeindeten Gemarkungen wie Arget oder Altkirchen nun zum Landkreis München. Davor war die Gemeinde mit dem markanten Zwiebelturm – wie Otterfing übrigens auch – noch Teil des Altlandkreises Wolfratshausen. Dies lebt zumindest insofern seit einiger Zeit wieder auf, als Autobesitzer aus dem Landkreis München unter anderem die Wahl haben, ihr Fahrzeug mit dem nostalgischen Kürzel WOR zuzulassen. Am Straßenbild und den zugeordneten Buchstabenfolgen ist ersichtlich, dass dieses Angebot dort im südlichen Landkreis München durchaus genutzt wird.

Es liegt ein bisschen zwischen den Welten, dieses Sauerlach. Der malerische alte Ortskern könnte oberlandlerischer nicht sein, das Straßendorf Arget ist ohnehin ein einziges historisches Kleinod. Die Nähe zu und die Anbindung an München macht die Gegend andererseits attraktiv für die Pendler und die solventen Zuzügler, die – herzlich willkommen – „irgendwo zwischen München und dem Tegernsee“ wohnen wollen.

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Das macht sich wiederum in den Immobilienpreisen und einer mittlerweile recht heterogenen Bevölkerungsstruktur bemerkbar. Aus dieser Sicht hat Sauerlach mit den S-Bahn-Gemeinden Holzkirchen und Otterfing schon mal eine Menge gemein.

Same, same but different

Allein die Landkreiszuordnung, so scheint es, hat vor einigen Jahrzehnten eine recht artifizielle Schneise durch ein kulturlandschaftlich eigentlich zusammengehöriges Gebiet gezogen. Auch wenn es, jaja, zugegebenermaßen wichtigeres gibt, haben wir ein paar O-Töne eingefangen zu der simplen Frage – wo ist eigentlich Sauerlach?

Um unsere Sauerlacher und Argeter Informanten vor Repressalien aus dem Landratsamt am Mariahilfplatz zu schützen und es ihnen zu ersparen, dass plötzlich Baugenehmigungen nicht erteilt werden können oder Kreiszuschüsse eingefroren werden, geben wir die gesammelte empirische Feldforschung anonymisiert wieder.

“Wenn man von der Kugler Alm in Oberhaching durch den Wald zurück nach Sauerlach radelt, weiss man, hier in diesem Wald fängt das Oberland an”, erzählt uns ein Bürger aus Arget und spricht von „Blurred lines“, was die Sauerlacher Zuordnung zu München oder zum Oberland betrifft. Er führt weiter aus:

Wir sind die blöde Frage aber eigentlich schon gewöhnt, ob das hier München ist oder Bayern. Aber stell die gleiche Frage mal einem Otterfinger…hoffentlich kannst schnell laufen.

Die Wahrnehmung, so stellt sich im Gespräch heraus, ist auch eine Frage der Zeit: Die Stadt breitet sich aus, die junge Generation ist schon in dem Verständnis aufgewachsen, irgendwie Münchner zu sein- oder zumindest stolze Vorstadt. Und findet das auch voll in Ordnung. Ist ja auch nicht unpraktisch. Man hat’s genauso nah auf ein Waldfest wie in die feinen Clubs der Stadt. So what? Was sind schon Grenzen? Behörden? Buchstaben auf dem Nummernschild?

Letzteres sehen andere wiederum entschieden anders:

Hab’ mir sofort ein WOR-Schild geholt. Endlich nimmer mit Isarpreißn verwechselt werden…

In der Tat gibt es, so die Erfahrungswerte über die Zeit und quer durch alle Schichten und Altersklassen einige Sauerlacher, die mit der Zuteilung zu „München-Land“ nie so richtig warm geworden sind. Es sei ja eben nicht nur eine Formalie, sondern man sei Adressat einer Kreispolitik, die am Ende strukturell eben besser zu Kirchheim, Oberschleißheim, Garching oder Unterhaching passe als zu Sauerlach.

Etwas tendenziöser, oder sagen wir, als Satz für die Ewigkeit formuliert haben wir es mal in einem Festzelt im Oberland aufgeschnappt:

Sauerlach geht no. Aber dahinter, nördlich, fangen die Kreisel an. Der Landkreis München besteht nur aus lauter Kreisel. Und aus dene Kreisel kummst du nie wieder raus. Nie.

Wir möchten das so stehen lassen, greifen aber eine letzte Analogie des Argeter Psychotherapeuten, Unternehmers und Sauerlacher Gemeinderates Josef Bacher-Maurer auf:

Besonders manifestiert sich das Ganze in der Versorgung mit der Presse – hier ist Sauerlach wirklich ein bisschen im Bermudadreieck. Man kann den Holzkirchner Merkur lesen, den Isar-Loisach-Boten oder die Lokalausgabe Süd des Münchner Merkurs. Aber wir sind eben überall sozusagen ein wenig am Rand.

Eigentlich höchst unverdient – denn Sauerlach ist samt seiner hübschen Satelliten doch ein wirklich feiner Ort, in dem es von der Markthalle und der bunten Gastronomie über den altbayrischen Ortskern bis hin zu einem jungen Brauereigasthof und einer zeamen Lederhosenmanufaktur wirklich einiges zu entdecken gibt.

Auch für die Stimme. Wir freuen uns.

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