Schaden oder Nutzen für den Tegernsee?

Die beiden großen Tourismusorganisationen im Landkreis ATS und TTT sollen bis Anfang 2014 zu einer Organisation verschmelzen. Zunächst müssen aber alle 17 Landkreisgemeinden dem Vorhaben grundsätzlich zustimmen. Gestern standen die Entscheidungen in Tegernsee und Rottach-Egern auf der Tagesordnung.

Vor allem im Rottacher Gemeinderat entwickelte sich dabei eine hitzige Diskussion. Zwischenzeitlich stand das Projekt auf der Kippe.

Der Tegernsee soll auch nach der Fusion das Aushängeschild der Region bleiben/Foto: Ludwig Hörth

Gestern Abend wurde es ernst für die Verantwortlichen der beiden Tourismusorganisationen ATS und TTT. Der Tegernseer Stadt- und der Rottacher Gemeinderat debattierten über die geplante Fusion der beiden Tourismusverbände. Nur mit einer Zustimmung aller Gemeinden kann diese auch realisiert werden.

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Gestern ging es dabei zunächst darum, dass Tegernsee und Rottach-Egern ihre Bereitschaft für die Fusion in einem Grundsatzbeschluss zeigen. Über die genaue Ausgestaltung der „neuen ATS“ werden die Gremien im Herbst nochmals abstimmen und Details klären.

Der landkreisweite Masterplan Tourismus sieht für das kommende Jahr die Fusion vor. Die neue Tourismus-Gesellschaft wird demnach als Dachorganisation das Tourismusmarketing für den Landkreis übernehmen.

Skepsis bei Idee, Kosten und Zeitplan

Neben der neuen ATS soll die Marke „Der Tegernsee“ als Premiumprodukt auch weiterhin bestehen bleiben. Doch dafür müssen die Talgemeinden, wie bisher, tief in die Tasche greifen. Eine jährliche Premiumumlage von 500.000 Euro wird auch weiterhin fällig.

Bislang können viele Gemeinderäte jedoch den Sinn und Nutzen einer Fusion nicht nachvollziehen. Auch der straffe Zeitplan und die Kostenverteilung stoßen auf massive Kritik.

Um den Räten die Bedenken gegen eine Fusion zu nehmen und sie über das Vorhaben zu informieren, läuft seit knapp zwei Monaten eine Informationsoffensive der Touristiker. Zuletzt wurden am 16. Mai alle Bürgermeister und Gemeinderäte des Tegernseer Tals im Rottacher Seeforum über den aktuellen Stand unterrichtet.

Gestern waren die beiden Geschäftsführer der ATS und der TTT, Harald Gmeiner und Georg Overs, zunächst in Tegernsee und dann in Rottach-Egern, um den Räten nochmals die Bedeutung und den Sinn des Zusammenschlusses zu erläutern. Beide trugen den beiden Gremien eine Kurzfassung des Konzeptes vor, bei der Gmeiner betonte:

„Nur mit einer gemeinsamen Organisation können wir langfristig unsere Wettbewerbsfähigkeit sichern und gezielt Marketing betreiben.“

Und auch Georg Overs sprach „von einer historischen Chance, den Tourismus langfristig zu stärken“. Denn auch das Tegernseer Tal werde in einigen Jahren unter dem zunehmenden Wettbewerbsdruck leiden und sich alleine nicht mehr erfolgreich vermarkten können.

Schaden für die Marke Tegernsee?

Eine Sichtweise, die aber bei Weitem nicht alle Räte in Tegernsee und Rottach-Egern teilten. So machte die Rottacher Gemeinderätin Gabriele Schultes-Jaskolla (Freie Wähler) gleich zu Beginn klar, wie sie zu dem Zusammenschluss steht:

„Ich werde klar dagegen stimmen! Echte Alternativen zu dieser Art von Fusion wurden nie ernsthaft in Erwägung gezogen, und ich sehe die große Gefahr, dass unsere Premiummarke Tegernsee durch die Vereinigung verwässert und großen Schaden nimmt.“

Schultes-Jakolla brachte dagegen die Idee einer Zusammenarbeit ins Spiel, bei der die einzelnen Tourismusorganisationen zwar projektbezogen kooperieren, aber grundsätzlich eigenständig bleiben. Dieses Prinzip werde beim Alpe-Adria Trail sehr erfolgreich umgesetzt, so Jaskolla.

Die Verantwortlichen Cornelius Obier, Harald Gmeiner und Georg Overs werben für die neue Tourismusdachorganisation ATS
Die Verantwortlichen Cornelius Obier, Harald Gmeiner und Georg Overs werben für die neue Tourismusdachorganisation ATS

Darüber hinaus kritisierte Andreas Erlacher (FWG), dass bislang noch kein schlüssiges Marketingkonzept vorgestellt wurde, um den Nutzen einer solchen Fusion für das Tegernseer Tal aufzuzeigen. TTT und ATS würden sich derzeit viel zu stark mit sich selbst beschäftigen, anstatt sich auf die Vermarktung der Tourismusregion zu konzentrieren, betonten mehrere Rottacher Gemeinderäte.

Und auch im Tegernseer Stadtrat wünschte sich Andreas Obermüller mehr Transparenz:

„Es gibt viele Menschen, die befürchten, dass die Organisation sehr groß wird. Da muss man für mehr Transparenz sorgen. Wer arbeitet für wen? Wie sind die Gewichtungen? Da muss man einfach wissen, was passiert.“

Gerade die Ausführungen von Schultes-Jaskolla ließen TTT-Geschäftsführer Georg Overs zunächst schlucken. Entkräften konnte er einige der Kritikpunkte gestern nicht und musste die anwesenden Räte schließlich auf den Herbst vertrösten.

Der TTT-Chef betonte allerdings, dass eine Aufweichung der Marke Tegernsee auf alle Fälle verhindert werden soll und man darauf bei der Fusion ganz besonderes Augenmerk legen werde. Zudem machte er deutlich, dass „der Tegernsee“ auch zukünftig ein eigenes Markenerscheinungsbild haben werde. „Wir werden auch in Zukunft nichts über die Talgemeinden hinweg entscheiden.“

Den neuen Markenauftritt der Organisation wollen die Verantwortlichen unterdessen erst im Herbst präsentieren. Die zukünftige Präsentation des Tegernsees wird im Rahmen der Detailbeschlüsse ein Thema sein. Dann wird es auch ein Organigramm mit der Postenverteilung geben, das stellte Harald Gmeiner, Geschäftsführer der ATS klar.

Mehrheit dafür, aber …

Nichtsdestotrotz gab es aber gestern nicht nur kritische Stimmen in den beiden Gremien. So betonte Martin Goldhofer (FWG) im Rottacher Gemeinderat:

„Ich bin für einen Zusammenschluss, weil eine stärkere Zusammenarbeit auch für die Touristen viele Vorteile bringt. Zudem ist es doch ganz klar, dass wir uns über eine größere Organisation deutlich besser vermarkten können.“

Und auch Hermann Ulbricht ‒ vor ein paar Monaten laut eigener Aussage noch sehr skeptisch ‒ muss eingestehen, dass das Tal langfristig einfach zu klein sei, um für sich wettbewerbsfähig zu bleiben. Der Tegernseer Stadtrat Toni Staudacher sprach unterdessen „von einer historischen Chance für das Tal und den Landkreis“.

Während der Beschluss im Tegernseer Stadtrat einstimmig für die Fusion ausfiel, stimmten in Rottach-Egern sieben Gemeinderäte gegen den Zusammenschluss. Trotzdem fiel das Ergebnis mit 11 zu 7 knapp für das Projekt aus.

Eine Zustimmung, die jedoch mit ganz klaren Auflagen verbunden ist. Im Herbst müsse ein klares Marketingkonzept folgen, nur dann könne man den Zusammenschuss guten Gewissens vertreten, so Andreas Erlacher. Und auch Hans Keil von der CSU machte deutlich, dass es auch in einigen Monaten noch immer die Möglichkeit gäbe, das Vorhaben zu kippen.

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