Doch gerade der Schiffsverkehr auf dem See wird von vielen nicht als ernsthafte Alternative zum Auto gesehen. Geht es nach dem Kreuther Wolf Stadler, soll sich das aber ändern.
Im November vergangenen Jahres trafen sich zahlreiche Lokalpolitiker mit Verkehrsexperten und Bürgern, um über Wege aus dem Verkehrschaos im Tal nachzudenken. Im Rahmen des Verkehrsforums am Margarethenhof wurde diskutiert, wie man ein landkreisweites Verkehrskonzept auf die Beine stellen kann. Der Bedarf am Tegernsee ist dabei besonders groß.
Zwischen 20.000 und 30.000 Autos fahren täglich ins Tal. Gerade an Tagen mit schönem Wetter sind lange Staus vorprogrammiert. Dabei ist nicht nur der Ausflugsverkehr ein Grund für die vollen Straßen. Auch der Ziel- und Quellverkehr schlägt, so die Auswertungen, mit fast 90 Prozent zu Buche und bildet so insgesamt die größte Gruppe der Verkehrsteilnehmer. Trotzdem wartet man bislang vergebens auf eine Lösung des Problems. Ein einheitliches Verkehrskonzept im Tal: Fehlanzeige.
Die Schiffe als Lösung?
Darüber, dass ein solches Konzept nur Erfolg haben kann, wenn man alle Verkehrsmittel mit einbezieht, herrscht eigentlich Einigkeit. Über eine Ausweitung des Busangebots im Tal oder gar den Bau einer Ringbahn um den See wird derzeit ernsthaft nachgedacht. Die Einbindung der Tegernseer Schifffahrt wurde dagegen bislang kaum diskutiert.
Das weiß auch der Kreuther Wolf Stadler und hat aus diesem Grund beim Landratsamt und der landkreisweiten Standortmarketing Gesellschaft (SMG) Ideen eingereicht, wie sich das künftig ändern könnte. Stadler würde die Schifffahrt gerne, ähnlich wie die bestehende Ringlinie des Regionalverkehrs Oberbayern (RVO), einsetzen. Viele der Haltestellen seien dabei deckungsgleich.
Durch den Bau weiterer Anlegestellen, wie beispielsweise an der Bayersäg in Bad Wiessee, in St. Quirin, Tegernsee Süd oder am Schorn in Rottach-Egern, könnte das Angebot zudem sinnvoll ergänzt werden. Den Schiffsverkehr will Stadler über einen Südring (Tegernsee–Rottach-Egern–Bad Wiessee–Tegernsee) und einen Nordring (Tegernsee–Bad Wiessee–Gmund–Tegernsee) abwickeln. Dabei laufen die Routen gegenläufig zueinander, sodass eine kurze Verbindung zwischen Tegernsee und Bad Wiessee gewährleistet ist.
Schiffe näher an die BOB bringen
Weiterhin schlägt er vor, den Schiffsverkehr so zu takten, dass eine Erreichbarkeit der Bayerischen Oberlandbahn in Tegernsee und Gmund möglich ist. Um das zu schaffen, könnten Pendelbusse eingesetzt werden, die von den Anlegestellen direkt zu der nächstgelegenen Bahnhaltestelle fahren. Eine weitere Möglichkeit sei auch der Bau einer BOB-Haltestelle in Gmund Seeglas, um so eine direkte Anbindung an die Schifffahrt zu gewährleisten.
„Bevor wir über den Bau einer Ringbahn nachdenken, sollten wir überlegen, wie wir die vorhandenen Verkehrsangebote besser miteinander verknüpfen können“, erklärt Stadler. Er betont aber auch, dass es sich bei seinen Ideen lediglich um Denkanstöße und nicht um ein ausgearbeitetes Konzept handelt. Das teilte er auch Vertretern von Landratsamt und SMG schriftlich mit.
Experten begrüßen Stadlers Ideen
Stadler scheint aber durchaus auf offene Ohren gestoßen zu sein. „Die Überlegungen von Herrn Stadler sind grundsätzlich zu begrüßen. Über die Umsetzung und Machbarkeit muss nun diskutiert werden“, so Gerhard Brandl, Pressesprecher des Landratsamts Miesbach.
Und auch Florian Brunner, Regionalmanager bei der SMG, zeigte sich interessiert. Man sei dankbar für diese Ideen und werde sich mit Vertretern der Bayerischen Seenschifffahrt zusammensetzen, so Brunner gegenüber der TS. „Wir müssen uns in der Tat Möglichkeiten überlegen, die Schiffe stärker einzubinden.“ Ob sich dies aber unter den gegebenen Umständen überhaupt realisieren lässt, müsse nun geprüft werden.
Verantwortliche der Schifffahrt skeptisch
Lorenz Höß, Betriebsleiter der Bayerischen Seenschifffahrt für den Tegernsee, zeigt sich indes skeptisch. „Der Fahrplan wurde bereits mit der Inbetriebnahme der beiden neuen großen Schiffe im Jahr 2003 optimiert. Für eine höhere Taktdichte bräuchten wir mehr Schiffe“, so Höß.
Das für die Anschaffung neuer Schiffe nötige Geld müsste die Schifffahrt allerdings selbst aufbringen und auch erwirtschaften. Und Höß nennt noch ein weiteres Problem aus seiner Sicht: „Wir haben derzeit keine Stellflächen für neue Schiffe. Unsere Bootshäuser sind voll.“
Derzeit sind die Schiffe in Tegernsee und im Bootshaus am Schorn untergebracht. Überlegungen, am Rottacher Schorn eine weitere Garage zu bauen, seien in der Vergangenheit am Widerstand der Anlieger und der Gemeinde gescheitert, so Höß weiter. Auch die Idee, neue Haltestellen zu errichten, sieht er daher kritisch.
„Pro Anlegestelle fallen rund 40.000 Euro an. Zudem hat man auch hier mit dem Widerstand der Anlieger zu rechnen“, betonte Höß. Er sieht daher wenige Möglichkeiten, die vorhandenen Kapazitäten der Schifffahrt auf dem Tegernsee auszuweiten. Ob eine bessere Anbindung an Zug und Bus allein durch eine erneute Umstellung der Fahrpläne möglich ist, wollen nun aber Experten zeitnah prüfen.
Arbeitskreis Verkehr trifft sich im Februar
„Der Arbeitskreis Verkehr wird Mitte Februar wieder zusammentreffen. Dann wird auch über eine stärkere Einbindung der Schifffahrt diskutiert“, so Pressesprecher Gerhard Brandl vom Landratsamt Miesbach. Dann werden neben Vertretern der SMG, der Energiewende Oberland, des Landratsamtes und der Talgemeinden auch Experten aus den einzelnen Verkehrsbereichen mit am Tisch sitzen. Lorenz Höß von der Schifffahrt zeigte sich davon durchaus überrascht:
Unser letzter Kontakt zur SMG ist einige Jahre her, und auch vom Landkreis wurden bislang keine Anstrengungen gemacht, uns mit in die Gespräche über ein Verkehrskonzept mit einzubinden.
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