„Schluss mit Taktieren und Träumen“

Die Gemeinde Waakirchen muss sich jetzt positionieren und sagen, was sie will. Das fordert die Bürgerbewegung „Entlastung B472“ im Kampf um den Tunnel als Verkehrsentlastung. Ihr Motto: Aufwachen und handeln.

So könnte ein möglicher Tunnelverlauf unter dem Ort Waakirchen für die Bürgerbewegung aussehen. Rechts und links auf der B472 die Tunnelportale. / Quelle: BB472

Fast genau ein Jahr ist es her, seit die Bürgerbewegung „Entlastung der B472“ unter dem Vorsitz von Lars Hülsmann die Presse erstmals in den Feichtner Hof nach Gmund einlud. Schon damals war für den neu gegründeten Verein klar, gegen die im Bundesverkehrswegeplan 2030 (BVWP) als „vordringlicher Bedarf“ eingestufte Ortsumfahrung von Waakirchen vorzugehen. Notfalls mit Popularklage.

Die im Bedarfsplan aufgeführte Südtrasse mit einer geschätzten Investitionssumme von 6,6 Millionen Euro wurde beantragt, um den zunehmenden Verkehr und den damit verbundenen Lärm in Waakirchen langfristig zu reduzieren. Doch eine Umfahrung – sowohl im Süden als auch im Norden – verstoße gegen die Alpenkonvention, so der Verein, da beide Varianten durch das Landschaftsschutzgebiet „Egartenlandschaft“ führen.

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Die einzige mögliche Alternative sei ein Tunnel. Auch die Waakirchner konnte der Verein von seiner Tunnel-Idee überzeugen. 3.500 Unterschriften fanden schließlich den Weg zu Verkehrsminister Alexander Dobrindt.

Im Endspurt für einen Tunnel

Heute rief der Verein die Presse erneut in den Feichtner Hof. Die Planungen gehen nun die „heiße Phase“, so Hülsmann. Wie in der letzten Bürgerversammlung vom Straßenbauamt Rosenheim angesprochen, erwarte man jetzt „sinnvolle Vorschläge“ für eine Ortsumfahrung seitens der Bürger – und zwar bis Oktober.

Drei mögliche Varianten hatte das Straßenbauamt als Fazit der Umweltverträglichkeitsstudie (UVS) an diesem Abend vorgestellt. „Nicht ganz konfliktfrei“, wie Lars Hülsmann heute noch einmal betont. Es gebe aber kaum Alternativen, räumt er ein. Zwei weitere Varianten im Norden seien zwar noch zu erwarten, so der Vereinsvorsitzende, allerdings sei die eine Variante völlig „unsinnig“, weil sie durch ein bebautes Gebiet verlaufe sowie zweimal die Bahngleise kreuze.

Bergwerkstollen stehen einer Umfahrung möglicherweise im Weg

Die vom Straßenbauamt dargestellten Korridore halten aus Sicht des Vereins einer rechtlichen Grundlage nicht stand. Denn noch sei weder die Artenschutzprüfung abgeschlossen, geschweige denn die Auswirkungen auf das Naturschutzgebiet untersucht worden. Auch seien die ehemaligen Bergwerkstollen in Marienstein noch nicht untersucht worden. Eine Zuschüttung sei laut Bergamt nicht möglich, erklärt Hülsmann.

Leider habe man den für die Stollen Energiekonzern EON noch nicht erreichen können, um Details zu klären. Zusammengenommen hätte jede Umfahrung eine „gravierende Auswirkung“ auf die Egartenlandschaft. Würde man eine Straße durch dieses Gebiet bauen, wäre in Bezug auf die Alpenkonvention ein Präzedenzfall geschaffen. Mit ungewissem Ausgang.

Deshalb sei ein Tunnel die beste und einzige Verkehrslösung. Dafür sprechen zwei Aspekte, so Hülsmann. Zum einen bewahre ein Tunnel die Natur und Lebensqualität, zum anderen sei er aus strategischer Sicht im Hinblick auf ein überregionales Gesamtkonzept die nachhaltigste Variante für die Eindämmung des Verkehrsproblems im Oberland.

Über 100 Millionen Euro für einen Tunnel

Und der könnte wie folgt aussehen: Anders als in Starnberg käme in Waakirchen ein Tunnel direkt unter dem Ort in bergmännischer Bauweise zum Tragen, „Rohrschirm-Methode“ genannt. Das habe zumindest das Staatlichen Bauamtes Rosenheim so geprüft und bestätigt.

Weil das Grundwasser im Ort tiefer liege als anderswo, wären keine Sprengungen oder Fräsungen nötig, erklärt Hülsmann. Man bräuchte also keine extra Maschine für den Tunnelbau. Der angedachte 2,3 Kilometer lange Tunnel sei in drei Abschnitte unterteilt: Eine Rampe, ein Tunnelportal und den Tunnel selbst. Verlaufen würde er 16 Meter unter der Erde. Dafür bräuchte er eine Neigung von 4,5 Prozent.

Er kämpft weiter für einen Tunnel: Lars Hülsmann, Vorsitzender der Bürgerbewegung “Entlastung B472” / Foto: N. Kleim

Die Tunnelportale sollten mindestens 150 bis 400 Meter von jeglicher Bebauung entfernt sein. Hülsmann geht davon aus, dass die Kosten für solch einen Tunnel wahrscheinlich über 100 Millionen Euro liegen. Auch die Politiker fordert der Verein auf, zu handeln. Von Grünen-Landrat Wolfgang Rzehak wünscht man sich eine aktive Mitarbeit. „Er muss sich einfach die Frage stellen, wie er den gesamten Landkreis gestalten will“, sagt Hülsmann.

Staatsministerin Ilse Aigner ist ebenfalls zur Unterstützung eines Oberland-Verkehrskonzeptes aufgerufen. Laut Hülsmann ging heute ein Schreiben an sie raus mit der Einladung zu einem Treffen am 28. September. Mehrere Briefe bekam auch Verkehrsminister Alexander Dobrindt. Abwarten wolle man allerdings die Bundestagswahl am 24. September.

Wichtig sei nur, dass man jetzt in Waakirchen Einigkeit demonstriere, so Hülsmann. „Mit Plänen von gestern können wir keine Lösungen von morgen angehen.“ Das Risiko eines erneuten Scheiterns im Falle einer Ablehnung der Aufnahme in den „vordringlichen Bedarf“, falls sich ein Tunnel durchsetze, geht er ein. „Immer noch besser als eine Umfahrung, die halbscharig ist.“

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