Steigende Energiepreise, Gasumlagen, das russische Damoklesschwert angedrohter Lieferausfälle – das alles bewegt scheinbar einige Menschen rund um den Tegernsee, über den Umstieg auf eine altbewährte Heizvariante nachzudenken. Der Kachelofen, eine neue Pelletheizung oder auch der Kamin im Wohnzimmer. Doof nur, dass viele Menschen eben erst ihren ehemaligen Holzkamin auf Gas umgerüstet haben. Immerhin hatte Gas im letzten Jahrzehnt das Image des sicheren und preisgünstigen Energieträgers.
Bei Renovierungen flog oft die alte Ölheizung raus und es wurde auf die Verwendung von Erdgas umgerüstet. Aber im Jahr 2022 zeigt sich, dass gerade Gas sehr abhängig macht von nur wenigen Staaten, die den Rohstoff zu so günstigen Preisen liefern können. Durch den Angriffskrieg von Russland auf die Ukraine ist der bereits zuvor schon steigende Preis für Erdgas auf dem Weltmarkt explodiert. Geplante neue Pipelines wurden Opfer der Politik und Importeure geraten zusehends in wirtschaftliche Schieflage – was auch zu der heiß diskutierten Gasumlage in der Bundesrepublik führt.
Stammkunden beginnen das Horten – Andere schauen in die Röhre
Was läge da näher, als einfach auf einen reichlich im Tal vorhandenen und dazu regenerativen Rohstoff umzusteigen: Das heimische Holz. Bei der Verbrennung wird nur das während der Lebenszeit gebundene CO2 wieder abgegeben. Nur leider ist das keine technische Umrüstung, die sich von heute auf morgen realisieren lässt. Zudem kommt, dass alle, die schon länger das Brennholz als Energielieferant nutzen, erkannt haben, dass auch dieser alternative Brennstoff in diesem Jahr knapp werden könnte, wie uns ein Holzbauer verrät:
Kunden, die sonst immer drei Ster (Anm. d. Red.: 1 Raummeter) geordert haben, bestellen heuer gleich mal sechs Ster. Nach dem Motto: Was ich habe, kann mir keiner mehr nehmen.
Es ist fast egal, welchen regionalen Brennholz-Produzenten man fragt, die Antwort lautet in den meisten Fällen: Wir haben leider zurzeit keine Ressourcen mehr frei. Und wenn man doch ein Angebot erhält, muss man schon zweimal hinschauen. Für einen Ster Fichtenholz wird in dem uns vorliegenden Angebot der Preis von 135 Euro und für die Buche von 185 Euro genannt.
Das ist schon ein hoher Preis im Vergleich zu den letzten Jahren, auch wenn Mehrwertsteuer und Lieferung des ofenfertig zugeschnittenen Holz inklusive sind. Die Kosten für Pellets und Holzbriketts verzeichnen einen noch deutlicheren Kostenanstieg für die Verbraucher.
Preise im Baumarkt fast verdreifacht zum letzten Jahrzehnt
Diese Preisentwicklung schlägt sich auch bei den Baumärkten als Holzdiscounter früherer Jahre deutlich nieder. Die Zeiten, in denen man im regionalen Markt noch den Ster schön verpackt für unter 100 Euro direkt aus den Wäldern Polens ordern konnte, sind vorbei. Aktuell bietet zum Beispiel der Hagebaumarkt in Miesbach das Ster Laubholz für 239 Euro und die Buche für sogar 269 Euro an. Theoretisch jedenfalls, denn will man trotz des hohen Preises online bestellen, kommt die Nachricht:
Nur im Markt abholbar – in ihrem Baumarkt im Moment nicht zu ordern.
Und wie immer, wenn sich überraschend ein neuer Markt für Betrüger öffnet, stehen diese schon in den Startlöchern. Im Internet gibt es bei E-Bay und anderen Plattformen derzeit viele vermeintliche Schnäppchen für Brennholz. Diese sind allerdings mit Vorsicht zu genießen. Schon im Voraus bezahlte Bestellungen wurden teilweise nie ausgeliefert. Bei solchen Lockangeboten ist dementsprechend wieder einmal Vorsicht geboten. Die Brennholzmafia schläft wohl nicht.
Oft scheitert es schon an der Hardware
Für viele Brennstoff-Umsteiger stellt sich jedoch erst gar nicht die Frage, woher man noch günstiges Brennholz beziehen kann. Sie scheitern schon an dem technischen Equipment beim Versuch des Brennstoffwechsels. Die Handwerker im Tal sind an der Belastungsgrenze, wie auch Helmut Jaki vom Energiebüro am Tegernsee auf Nachfrage der TS bestätigt: “Wer glaubt, dass man sich aktuell einfach so einen Kamin oder Ofen in die Wohnung stellen kann, irrt sich gewaltig.” Denn, so der Kaminkehrermeister und Energieberater weiter:
Vor jeder Inbetrieb- oder Wiederinbetriebnahme muss zuerst eine Vorortberatung stattfinden, ob der Betrieb eines holzbefeuerten Ofens mit den staatlichen Vorgaben möglich ist.
Bei Jaki, der im Moment terminlich ebenfalls sehr eingespannt ist, dauert es derzeit bis zu 14 Tagen, bis der erste Schritt zum Holzofen – die Vorortberatung – realisiert werden kann. Danach warte aber schon bei Schritt 2 das erste ganz große Problem.
Denn, wie bei vielen anderen Gütern, herrsche derzeit auf dem Markt (wenig überraschend) eine enorm hohe Nachfrage nach Öfen und Ofeneinsätzen. “Es sind kaum noch Einsätze oder Öfen zu bekommen, deren Lieferzeit nicht bis zu sechs Monate beträgt”, erklärt Jaki weiter. Eine Lieferung im März oder April sei derzeit als realistisch einzuschätzen.
Und einfach einen Ofen an der Beratung vorbei online zu bestellen und selbst anschließen, hält der Experte nicht nur für eine äußerst schlechte Idee – es ist auch illegal. Dazu liefert Jaki gleich die Erklärung: “Es gibt noch den dritten Schritt, der notwendig ist, bevor man den neuen oder neuen-alten Kachelofen oder Kaminofen anschließt: Die offizielle Abnahme durch den zuständigen bevollmächtigten Bezirkskaminkehrer. Ohne geht gar nichts!”
Auch Bezirksschornsteinkehrer Stefan Heigl kann sich derzeit nicht über fehlende Nachfrage beklagen: “Ich bin den ganzen Tag unterwegs. Eine Beratung dauert so zirka 30 Minuten.” Doch sei diese unerlässlich, betont Heigl, da sich die Vorschriften immer wieder ändern. Gerade in diesem Jahr habe sich einiges getan in Sachen Ableitung. Da verliere man als Laie schnell den Überblick und das könne teuer werden:
Wer keine ordnungsgemäße Abnahme seiner Ofenstelle nachweisen kann, verliert zum Beispiel bei einem Brand den Versicherungsschutz.
Insgesamt wird deutlich, dass der Umstieg auf den regenerativen Brennstoff Holz doch nicht ganz so kurzfristig realisiert werden kann, wie viele Verbraucher denken. Denn selbst wenn man eine genehmigte Feuerstelle betreiben darf, kommt wieder die Verfügbarkeit des Brennholzes ins Spiel, wie auch Jaki bestätigt: “Ich habe einen Kunden, der gerade ein Haus mit einem zugelassenen Kamin gekauft hat. Leider aber findet er jetzt in der Umgebung keinen Holzlieferanten”.
Bei alternativen Brennstoffen mahnt wiederum Heigl zur Vorsicht: “Nicht in jeder Feuerstelle kann man zum Beispiel die relativ günstigen Holzbriketts aus dem Baumarkt verwenden”. Auch Zeitungen und Pappen oder behandeltes Holz haben im Kamin nichts zu suchen, ergänzt der Bezirkskaminkehrer und verweist auf einen Spruch eines bekannten bayerischen Kaminbauers:
Kommt Müll in den Ofen, landet Gift im Garten.
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