Neuer Direktor fürs Bergfilmfestival
Seilschaft ganz ohne Casting

Das 21. Internationale Bergfilmfestival eröffnet mit facettenreichen und packenden Filmen. Im Barocksaal des Tegernseer Schlosses gibt es noch eine weitere Überraschung.

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Festen Boden unter den Füßen haben das Bergsteiger-Paar Robert und Daniela Jasper, links: ein mäßig gutgelaunter Autor Foto: Redaktion

5000 Besucherinnen und Besucher, 272 Einreichungen, 90 Filme, davon zehn, die Preise bekommen. Das zählt, Michael Bourjau, zweiter Bürgermeister der Stadt Tegernsee in seiner Begrüßung. Es ist das erste Mal, dass Bourjau das Internationale Bergfilm-Festival eröffnet. Und er macht es, wie gewohnt, charmant und professionell. Johannes Hagn und auch Landrat Olaf von Löwis bleiben an diesem Abend erkrankt daheim. Könnte es bei dem Pressetermin zur Elektrifizierung passiert sein?

Neues Duo, neuer Wind

Michael Pause moderiert das Festival seit 20 Jahren. Heute stellt er seinem film- und bergbegeisterten Publikum seinen Nachfolger vor: Ab 2025 ist Tom Dauer für das Programm zuständig. Dauer ist Berg-Filmemacher, Alpinist und Journalist und damit “der ideale Nachfolger für das, was wir hier machen,” so Pause über seinen Nachfolger in Jeans und Turnschuhen.

Am Mittwochabend moderieren das Pause-und-Dauer-Duo gewitzt und gelassen die Eröffnungsfeier des 21. Internationalen Bergfilm-Festivals, als hätten sie das immer schon so gemacht. Dass die beiden ein Gespür für Themen haben und ein Bewusstsein für das Spektrum, in dem das Bergfilm-Genre bestehen muss, zeigt die Filmauswahl an diesem Abend: Egal, ob es um den Auftaktfilm “Gipfel-Liebe” geht, den politischen Kurzfilm „Diciassette“ des Schweizer Filmemachers Thomas Horat oder um „Crying Glacier“.

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Gipfel-Liebe am Abgrund?

Der 45-minütige Dokumentarfilm “Gipfel-Liebe” eröffnet das 21. Internationale Bergfilm-Festivals. Darin klettern, kraxeln und kabbeln Robert und Daniela Jasper durch ihre Liebes- und Bergsteigerleben. Sie gelten als das beste Bergsteiger-Paar in Deutschland und zählen auch jeder für sich zu den besten Bergsteigern. Daniela Jasper erklimmte als eine der ersten Frauen Routen im zehnten Schwierigkeitsgrad. Wer wissen will, wie schwer das ist, kann sich ja mal mit den Fingerspitzen an den Türrahmen hängen. Robert Jasper gehört zu den führenden Extrembergsteigern; auch Reinhold Messner ist von ihm angetan.

Eine Erstbegehung der Eiger-Nordwand gibt den Rahmen der Gipfel-Liebe-Story vor. Die Eiger-Nordwand wird von Alpin-Kletterern auch “Mordwand” genannt. Es ist ein klassischer Bergfilm, der weit weg ist vom Alltag normalsterblicher Paare und nah dran an der Spitzenleistung des alpinen Kletterns. Dokumentarfilmer Claus Hanischdörfer, ein echter Könner seines Fachs, wollte sie vor allem als Ehepaar zeigen. Die Seilschaft als Metapher für die Herausforderung eines Familienlebens zu lesen, gelingt in einigen Bildern. Etwa, wenn die beiden in der Wand hängen und Daniela ihrem Mann von oben erklärt, wie er die Klemmkeile aus dem Fels kriegt. Oder wenn in kurzen Momenten bei der Gartenarbeit deutlich wird, dass sich hier zwei mutige und charmante Dickköpfe getroffen haben. Offen bleibt, wie viel Kraft, Durchhaltevermögen, Stress und Risiko mit diesem Lebensweg verbunden ist. Ein Lebenstraum, den Daniela Jasper für viele Jahre pausierte, um sich um den kranken Sohn zu kümmern. Es bleibt ein Film mit großartigen Szenen, die gerade Bergsteiger-Herzen höher schlagen lässt.

Die Tonalitäten des Klimawandels

Thomas Horat, ein Schweizer Filmemacher, hält die Erinnerungen einer Zeitzeugin der Partisanenzeit in “Diciassette” in Norditalien fest. Er arbeitet ­– trotz der historischen Schwere – mit Graphic-Novel-Elementen, die dem Film eine fesselnde Leichtigkeit geben.„Crying Glacier“ begleitet den Klangkünstler, Ludwig Berger dabei, wie er Richtmikrofone in Gletscherpalten versenkt oder das Brummen der Wildbienen mit dem Mikrofon einfängt. Damit gibt Regisseur Lutz Stautner dem ständigen Plätschern auf dem Morteratschgletscher in den Schweizer Alpen eine Stimme und macht den Klimawandel hörbar. Im vierten, letzten und kürzesten Film des Abends, „Let it Bärn“, geht es weg von den Bergen hinein in den urbanen Raum, wenn sich junge Boulderer in der Schweiz ihre Stadt zurückholen, indem sie auf Gebäude und Brücken im öffentlichen Raum klettern.

Publikum

Im Publikum sitzen Filmemacherinnen, Produzenten und Protagonisten, zahlreiche Vertreter aus der Landkreispolitik, etwa Bürgermeister aus dem Landkreis und der Tegernseer Stadtrat. Dazu Sponsoren, Unterstützer und Bergbegeisterte. In der Pause gehen die Meinungen zu dem Bergsteiger-Dream-Team auseinander. Wenig Schattenseiten dieses sehr besonderen Lebensweges, sagen die einen. Viel Bergsteiger-Pathos, andere. Vor allem gibt es viel Respekt für die Leistungen der beiden und bei manchen auch leise Zweifel: sich in Lebensgefahr bringen? Trotz der Kinder und Familie? Das darf jeder Zuschauer und jede Zuschauerin für sich entscheiden.

Preisverleihung am Samstag

Eine international besetzte Jury entscheidet am Samstag über die Preise: am Samstagabend, ab 19 Uhr im Barocksaal Tegernsee oder im Anschluss in der ARD Mediathek.

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