Showdown in Wildbad Kreuth?

Die CSU hat es wieder geschafft. Horst Seehofers Forderung nach einer Obergrenze von 200.000 Flüchtlingen pro Jahr ist in aller Munde. Doch Bundeskanzlerin Angela Merkel, erstmals Gast in Wildbad Kreuth, lehnt eine Obergrenze ab. Die Attacken auf Frauen in Köln geben den Hardlinern einen neuen Schub. Ob Kanzlerin Merkel sich beeindrucken lässt, wird sich heute zeigen.

Horst Seehofer CSU Klausurtagung Kreuth

Der CSU gelingt es mit ihren Klausurtagungen seit 40 Jahren nahezu immer, die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Mit dem Eintreffen der Abgeordneten in Wildbad Kreuth ist wieder einmal die Bühne bereitet. Die PR-Maschinerie läuft, Beschlussvorlagen wurden frühzeitig an die Medien gestreut. Dadurch war die Partei schon in den Tagen nach Weihnachten präsent – etwa mit einem Vorstoß, dass sich Flüchtlinge in einer Integrationsvereinbarung unter anderem zu den Werten Deutschlands bekennen sollten.

Wird diese Vereinbarung nicht eingehalten, sollen Sanktionen mit Kürzungen sozialen Leistungen erfolgen. Die Kreuther Pflöcke der CSU sind immer zugespitzt und nicht darauf angelegt, eins zu eins umgesetzt zu werden. Das gilt auch für die Forderung, Flüchtlinge, die keine gültigen Ausweispapiere besitzen, an den deutschen Grenzen zurückzuweisen.

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Die aktuelle Nachrichtenlage mit dem angedrohten Terroranschlag auf den Münchner Hauptbahnhof und den sexuellen Übergriffen vor dem Hauptbahnhof Köln verleiht der christsozialen Agenda in Wildbad Kreuth zusätzliche Brisanz. „Jetzt in den Zeiten des großen Flüchtlingszustromes kommt es darauf an, die Zahlen der Flüchtlinge spürbar zu reduzieren“, erklärt Seehofer bei seiner Ankunft in Kreuth, „daran müssen wir arbeiten“.

Seehofer fordert Wende in der Flüchtlingspolitik

Seehofers Paukenschlag in der Kreuther Dramaturgie aber ist seine Forderung, die Zahl der Asylbewerber, die in Deutschland aufgenommen werden, auf maximal 200.000 zu begrenzen. Der bayerische Ministerpräsident hatte es lange vermieden, sein Eintreten für eine Obergrenze mit einer konkreten Zahl zu verbinden. Die politische Festlegung auf 200.000 Flüchtlinge wurde umgehend auch von seinem Innenminister Joachim Herrmann attestiert: die Kommunen müssten wissen, worauf sie sich einzustellen hätten, die Zahl der Flüchtlinge könne nicht völlig offen bleiben.

In Kreuth, anders als bei Merkels CDU-Parteitag Mitte Dezember in Karlsruhe, erwarten die Gefolgsleute des CSU-Vorsitzenden Klartext, wie der ungebremste Zustrom von Asylbewerbern einzudämmen ist. Seit Weihnachten kommen täglich 3.000 bis 4.000 Flüchtlinge in Deutschland an. Das wären – hochgerechnet auf das Jahr 2016 – 1,3 Millionen. Da immer mehr EU-Staaten die Grenzen dicht machen, zuletzt die skandinavischen Länder, wird Deutschland auch in diesem Jahr die Hauptlast des ungebremsten Zustroms zu tragen haben. „Wir müssen uns ein ehrliches Bild von dem machen, was in unserem Land stattfindet“, so Seehofer inmitten des Journalistenpulks.

Angesichts der wieder zu erwartenden Flüchtlingszahl von etwa 1,3 Millionen in diesem Jahr, gilt Seehofers Sorge der Integrationsfähigkeit und „der Sicherheitslage in unserem Land“. Man müsse angesichts der Unübersichtlichkeit der Flüchtlingsströme der Tatsache ins Auge sehen, dass diese für Zwecke der Kriminalität genutzt würden. „Daher fordere ich für das Jahr 2016 eine Wende in der Flüchtlingspolitik“, so Seehofer.

Kann Merkel die CSU besänftigen?

Zur bewährten Kreuther Dramaturgie gehört es auch, Gäste einzuladen, die die Bedeutung der CSU hervorheben. Heute wird in Kreuth die CDU-Vorsitzende und Bundeskanzlerin Angela Merkel erwartet, zum ersten Mal in ihrer zehnjährigen Amtszeit. Merkel jedoch lehnt jede Obergrenze bei der Flüchtlingsaufnahme weiter ab. Die Festlegung auf eine Obergrenze sei “nicht die Position der Kanzlerin”, lässt ihr Sprecher vorab wissen. “Eine Begrenzung lässt sich nicht im nationalen Alleingang erreichen.”

Gut in Erinnerung ist noch Merkels Auftritt beim CSU-Parteitag in München im November. Seehofer kanzelte die Kanzlerin öffentlich ab. Daher ist Ungemach im sonst so idyllischen Wildbad nicht auszuschließen, manche hier sprechen sogar von einem Showdown, denn Seehofers Forderung nach einer Obergrenze bietet Gelegenheit, den bundespolitischen Anspruch der CSU hervorzuheben. Doch Seehofer versucht die Wogen zu glätten: „Ich bin bei dem Gespräch mit Merkel sehr zuversichtlich. Das heißt aber nicht, dass wir um 19 Uhr eine andere Flüchtlingspolitik haben werden.”

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Eine andere Flüchtlingspolitik forderte auch eine „Mahnwache“ der AfD (Alternative für Deutschland) in Kreuth. Etwa 100 Sympathisanten drängten sich mit Transparenten an der Bundesstraße. Der bayerische Ableger proklamierte, dass jetzt die Zeiten vorbei seien, „in denen sich bayerische Bürger Honig um den Mund schmieren lassen“.

Morgen kommt der EU-Skeptiker David Cameron. Der britische Premier will mit der CSU nicht nur über die Flüchtlingskrise sprechen und seine europakritischen Positionen erläutern, sondern den Christsozialen auch seine Idee eines “neuen Konservatismus” präsentieren. Cameron habe schon einiges umgesetzt, was die CSU noch fordert, betont Seehofer im Vorfeld der Begegnung. Es dürfte spannend werden, wieder einmal verschneiten Wildbad Kreuth.

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