Sind die Dispozinsen zu hoch?

Wenn man sein Konto überzieht, ist das nicht nur ärgerlich, es kann auch richtig teuer werden. Über 14 Prozent Überziehungszinsen werden bei manchen Banken in Deutschland dann fällig. Das hat die Stiftung Warentest in einer Untersuchung festgestellt. Die Banken im Tegernseer Tal sind dabei mit die teuersten.

Die Begründung kann Ariane Lauenburg von der Stiftung Warentest indes nicht so ganz nachvollziehen.

Die Raiffeisenbanken im Tegernseer Tal haben mit fast 14 Prozent einen besonders hohen Dispozinssatz
Die Raiffeisenbanken im Tegernseer Tal haben mit fast 14 Prozent einen besonders hohen Dispozinssatz

Im Juni 2013 hat die Stiftung Warentest alle Kreditinstitute in Deutschland angeschrieben und nach den Zinsen gefragt, die fällig werden, wenn Privatkunden ihr Konto überziehen. Die Ergebnisse hat die Verbraucherschutzorganisation dann in einem Testbericht veröffentlicht.

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Da nur 413 der insgesamt 1.618 Banken und Sparkassen von sich aus auf die Anfrage der Stiftung Warentest geantwortet haben, wurde in den folgenden zwei Monaten zunächst versucht, die Konditionen über das Internet herauszufinden. Schließlich schickte die Stiftung Testpersonen in 606 Banken. Die Ergebnisse des Tests sind dabei durchaus erstaunlich.

Im Schnitt über elf Prozent

Im Schnitt verlangen die Geldinstitute 11,3 Prozent an sogenannten Dispozinsen, auch wenn ein Kunde sein Girokonto nur geringfügig überzieht, so der Bericht, den die Stiftung Warentest in der September-Ausgabe der Zeitschrift Finanztest veröffentlicht hat. Für die Finanzexperten ist das “Abzocke”, da sich die Banken selbst derzeit zum Beispiel bei der Europäischen Zentralbank zum historischen Tiefstand von 0,5 Prozent Geld leihen können.

Auch die Bankhäuser im Tegernseer Tal liegen fast alle über dem deutschlandweiten Schnitt von 11,3 Prozent. Die Kreissparkasse Miesbach-Tegernsee ist mit 11,03 Prozent Dispozinsgebühren zwar knapp darunter, aber immer noch deutlich teurer als die Sparkasse Ulm (acht Prozent), die Volksbank Ukermark-Randow (6,70 Prozent) und viele andere Banken in Deutschland. Und das, obwohl diese auf den ersten Blick vergleichbare Kontomodelle anbieten. Für Peter-Friedrich Sieben, Pressesprecher der Kreissparkasse Miesbach-Tegernsee, wird das Thema aber dennoch zu hoch gehängt:

„Der Dispokredit ist als Service der Bank gegenüber dem Kunden gedacht. So muss er im Laden nicht wegen weniger Euro überlegen, ob er zum Beispiel die Schuhe jetzt kaufen kann oder nicht. Wenn jemand sein Konto aber permanent überzieht, gibt es andere Modelle, bei denen die Bankkunden günstiger wegkommen”, so Sieben.

Peter Friedrich Sieben, Sprecher der Sparkasse Miesbach-Tegernsee, kann die Aufregung rund um den Bericht der Stiftung Warentest nicht so ganz nachvollziehen
Peter Friedrich Sieben, Sprecher der Sparkasse Miesbach-Tegernsee, kann die Aufregung rund um den Bericht der Stiftung Warentest nicht so ganz nachvollziehen

Banken müssten Dispokredite ganz anders bezahlen als anderen Kredite. Sie seien eigentlich nur durch Vertrauen abgesichert und hätten keinen realen Gegenwert, so Sieben weiter.

Nichtsdestotrotz fallen die Dispokredite aber nicht häufiger aus als andere Kredite. Das belegt einer Forsa-Studie des Bundesministeriums für Verbraucherschutz. Dort heißt es:

Die Ausfallquote solcher Dispokredite liegt bei unter 0,3 Prozent.

Die Sparkasse ist unterdessen im talweiten Vergleich noch die günstigste der Banken. So liegt der Dispozinssatz der HypoVereinsbank bei einem normalen Girokonto bei 11,25 Prozent, bei der Commerzbank bei 11,9, die Postbank verlangt 12,30 und die Raiffeisenbank Gmund sogar 13,95 Prozent. Deutschlandweiter Spitzenreiter ist übrigens die Volksbank Veldatal mit 14,75 Prozent.

Woher kommen diese Diskrepanzen?

Wie ist die Spannweite von 6,70 (Volksbank Randow) und 13,95 Prozent bei der Raiffeisenbank Gmund nun zu erklären? Wie kommt eine solche Diskrepanz zustande? „Es handelt sich hier um eine geschäftspolitische Entscheidung der Banken. Jede legt den für ihr Modell passenden Dispozinssatz fest“, erklärt Ariane Lauenburg, Finanzexpertin bei der Stiftung Warentest, auf Nachfrage.

Eine Einschätzung, die auch Josef Paul, Vorstand der Raiffeisenbank, Hauptstelle in Gmund, bestätigt:

Manche Banken setzen besonders auf das Geschäft mit dem Dispokredit und wollen mit einen möglichst geringen Zinssatz Kunden für dieses Modell überzeugen. Für uns ist dieser Geschäftszweig aber nicht so entscheidend.

Wenn ein Kunde bei der Raiffeisenbank am Tegernsee sein Konto regelmäßig überziehe, vereinbare man daher einen Gesprächstermin, um mit ihm gemeinsam eine Lösung zu finden. Auch biete man grundsätzlich andere günstigere Kreditmodelle an, so Paul weiter. Die Beratungsleistung rechtfertigt in seinen Augen damit auch den etwas höheren Dispozinssatz der Raiffeisenbank Gmund.

Eine Auffassung, die Ariane Lauenburg nur bedingt teilt. Zwar begrüße auch die Stiftung Warentest eine individuelle Beratung des Kunden, wenn dieser seinen Dispokredit regelmäßig ausreize. Nichtsdestotrotz rechtfertige das in ihren Augen nicht den Zinssatz von fast 14 Prozent.

Grundsätzlich ist es in unseren Augen nicht nachvollziehbar, warum Banken, die sich selbst günstig Geld leihen können, nicht auch unabhängig ihres jeweiligen Geschäftsmodells einen Dispozinssatz von rund acht Prozent anbieten.

Die Stiftung Warentest rät daher, einen Dispokredit nur im äußersten Notfall in Anspruch zu nehmen. Sollte man sein Girokonto doch einmal für längere Zeit überziehen müssen, komme man mit einem Abruf- oder Ratenkredit deutlich günstiger weg, so das Urteil der Verbraucherschützer. Im Rahmen ihres Tests hat die Stiftung Warentest nur die Höhe des Dispozinssatzes der Girokonten der Banken getestet. Andere Bereiche wurden nicht untersucht.

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