Unser Chef schickte uns am Montag um 09:30 Uhr nichts ahnend ein Foto und ein kleines Video in die Redaktion. Darauf zu sehen: Zwei Heißluftballons, die mit Seilen am Boden befestigt waren. Zudem konnte man auf der Wiese, die neben dem Aldi liegt, noch einige Autos stehen sehen. Auch ein Krankenwagen und ein Polizeiauto waren zu erkennen.
Die Polizei in Bad Wiessee wusste auf Nachfrage nichts von einem Einsatz an der Bundesstraße. Es war also nicht ersichtlich, dass man live bei der Aufstellung eines neuen Weltrekordes dabei war. Großes Journalistenpech!
Wetterverhältnisse erforderten Flexibilität von allen Beteiligten
Gestern ist es uns dann endlich gelungen, Michael Unger von der Ballooning Tegernsee GmbH zu dem Luftakt über Kreuth zu befragen. Unger, beileibe kein Unbekannter im Tal und für viele waghalsige Stunts bekannt, schien am Telefon noch immer voller Adrenalin zu sein:
Ja – das war unglaublich. Es hat tatsächlich geklappt. Und das nach dem Ostwind und Nebel am Wochenende.
Der Weltrekordversuch war bereits für den letzten Montag geplant, doch da ließen Wind- und Wettervorhersagen das hochkomplexe Unterfangen nicht zu, wie Unger berichtet. Die Planungen für das Projekt selbst seien schon seit einem halben Jahr im Gange. Angefangen habe alles mit dem Anruf des 27-jährigen Profi-Slackliners Quirin Herterich bei seinem Kollegen Andi Götschl, berichtet der ballonverrückte Kreuther weiter.
Wenn sich “Verrückte” zusammentun
„Der Quirin hatte wohl von unserem SUP-Zugaktion über den Tegernsee und dem Sprung des Paragliders aus dem Ballon gehört und sich gedacht: ‚Die Jungs sind verrückt genug, um mit mir eine solche Aktion durchzuziehen‘”, erzählt Unger lachend. Da hatte der junge Slackliner wohl absolut Recht.
Denn schon bei den ersten Treffen stimmte die Chemie zwischen den Partnern und von Unger kam die Idee, nicht wie ursprünglich geplant, die Slackline zwischen den Körben der Heißluftballons zu spannen, sondern sie zwischen den beiden Kuppeln der Luftfahrzeuge zu befestigen. Der studierte Ingenieur Herterich war natürlich sofort begeistert und befasste sich mit den komplizierten Berechnungen, berichtet Unger weiter und ergänzt noch:
Zwischen den Körben kann jeder – aber zwischen den Kuppeln der Ballons die Slackline zu spannen, war etwas ganz Neues.
Dabei spielt er auf eine ebenfalls spektakuläre Slack-Ballon-Kombi in Utah an. Der aus dieser Aktion entstandene und vielfach ausgezeichnete Film „Building Bridges“ läuft diese Woche im Wettbewerb des Bergfilmfestivals in Tegernsee.
Hohes Maß an Planung und Präzision
Für den gestrigen Weltrekord wurden die beiden Heißluftballons „Bräustüberl“ und „Tegernsee“ mit ihren Piloten Andi Götschl und Thomas Köck 80 Meter über der Weißacher Wiese fixiert. Jeder Ballon musste mit sechs Seilen, die insgesamt eine Länge von einem Kilometer hatten, gesichert werden.
Dabei wurden die Sicherungseile in einem Winkel von 45 Grad angebracht. Unger, der mit zehn Helfern die Aktion am Boden koordinierte, war dafür verantwortlich, die Bewegung der Ballons möglichst gering zu halten. Die Piloten sorgten mit der ständigen Befeuerung der Luft in den Hüllen für den stabilen Druck in den Ballons.
Nicht nur die Line ist flexibel – auch die Haltepunkte
„Normalerweise befestigen die Slackliner ihre Lines an fixen Punkten wie Felsen oder Gebäuden, doch hier hat der Quirin seine 88 Meter lange Line zwischen zwei schwebenden Ballonen festgemacht“, beschreibt Unger die besondere Herausforderung für die Ballonexperten. Immerhin würden die Ballons mit ihren 300 Kubikmetern dem Wind, der zum Zeitpunkt des Versuches mit acht Kilometern pro Stunde wehte, eine große Angriffsfläche bieten. Auch der frisch gekürte Weltrekordler Herterich bestätigt, dass die Herausforderung in den ungewöhnlichen Haltepunkten der Slackline lag:
Die Besonderheit aus sportlicher Sicht waren tatsächlich die beiden beweglichen Seiten. Das war sehr deutlich wackeliger als zwischen zwei Felswänden und echt nicht so leicht.
Der Aufbau habe daher auch schon um 06:30 Uhr begonnen, gewährt Unger weiter Einblick in die komplexe Planung und Durchführung des waghalsigen Unterfangens. „Wir hatten nur ein kleines Zeitfenster für den Versuch, bis gegen zirka 11:00 Uhr die thermischen Winde im Tal beginnen“, führt der Ballooner weiter aus.
Aber alles sei zum Glück super gelaufen. Herterich, der sich schon vor dem Befüllen der Ballonhüllen auf der Spitze des “Bräustüberls” mit seinem Sicherheitsgurt fixiert hatte, meisterte die 88 Meter lange Slackline hin und zurück ohne große Probleme. Gesichert wurde er dabei nur von einem Metallring, der seine 150 Zentimeter lange Sicherungsleine mit der Slackline hinter ihm verband.
Für Normalsterbliche ist es unvorstellbar, wie ein Mensch, barfuß und bei Eiseskälte, die 88 Meter hin und zurück in nicht einmal 15 Minuten überwindet. Für den Profi Herterich jedoch wohl nur ein weiterer Rekord in seiner großen Sammlung.
Filme des Spektakels gibt es bei TS-Instagram und dem BR
Den spektakulären Weltrekord könnt ihr euch auch auf einem Video auf unserem Instagram Kanal anschauen. Weitere Eindrücke von diesem abgefahren Stunt gibt es von den Kollegen des Bayerischen Rundfunks. Die haben laut Unger mit großem Equipment und Drohneneinsatz atemberaubende Bilder von Unger, Köck, Götschl und natürlich dem Slackliner Herterich gemacht. Der geplante Sendetermin ist der 29.10.2021.
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