Verschiedene Verfahren zum weiteren Vorgehen in der Schwaighofbucht wurden dem Stadtrat präsentiert. Eine davon ist das Ausbaggern und Absaugen und die Einbringung in tiefere Seebereiche. Die Vorteile wären eine schnelle Verbesserung der Badeverhältnisse und sie sei kostengünstiger als eine Entsorgung an Land. Dagegen aber würden die Kosten von knapp fünf Millionen Euro sprechen, zudem gebe es die rechtliche Hürde eines „Verschlechterungsverbots“. Außerdem würde dann die Mangfall verschlammen und die Fischbestände und Laichplätze wären gefährdet.
Eine andere Methode zur Minimierung des Schlamms sei die „Einbringung von Chemisch-biotechnischen Stoffen. Dies wäre mit einem geringeren technischen Aufwand möglich, daher auch wesentlich kostengünstiger. Die Gegenargumente seien die Einbringung von eventuell wassergefährdenden Stoffen, der langsame Prozess und das kontinuierliche „Nachimpfen“. Möglich wären damit auch „Schwermetallverunreinigungen“. Zudem sei es fraglich, ob das Verfahren für Schlammtiefen von rund zwei Metern geeignet sei.
Schlammentsorgung kostet Millionen
Auch eine Verlegung des Mündungsarms der Rottach stand im Workshop noch zur Diskussion. Doch sie würde keine Reduzierung des vorhandenen Schlamms zur Folge haben. Ebenso Themen waren die „natürliche Verlandung durch gezielte Aufschüttung“ und die „Schaffung eines botanischen Wassergartens“. Für dieses Novum in Deutschland würden die Kosten sprechen, der touristische Wert durch Stege und Plattformen sowie die Schaffung von Lebensraum für bedrohte Arten. Jedoch die Verlandung werde damit nicht reduziert.
„Dies ist eine Stoffsammlung ohne Wertung“, betonte Bauamtsleiterin Bettina Koch. Beim Absaugen habe die Diskussion gezeigt, dass dies weder rechtlich noch technisch umsetzbar sei, noch seien die Kosten kalkulierbar. Ein teilnehmendes Recyclingunternehmen halte es für unrealistisch, dass diese Mengen entsorgt werden könnten. Die gezielte Aufschüttung der Verlandung habe das Landratsamt aus Naturschutzgründen abgelehnt. Die Verlandung als natürlichen Prozess zu belassen, habe bei den Vertretern der Initiative „Rettet den Tegernsee“ keine Zustimmung gefunden. Sie sehen in der Verschlammung eine Gefahr für die Badegäste und mit den Zerkarien, den Saugwürmern, ein schlechtes Image für den Tourismus.
Den Schlamm impfen?
Nicht ganz ausgeschlossen werde das Einbringen von Chemikalien, das der Freistaat bereits in Oberfranken in Fischweihern zulasse. Entsprechende Referenzen gebe es bereits. Doch eine Stellungnahme des Landesamtes für Umwelt stehe noch aus. Gleichwohl sei der Tegernsee nicht mit Fischweihern vergleichbar, zitierte Koch einen Vertreter der Firma Bio-Consult, denn in Oberfranken sei der Schlamm homogener. Deshalb sollte am Tegernsee das Verfahren mit mikrobiologischen Stoffen ergänzt werden. Schon das probeweise Einbringen von Stoffen müsse laut Landratsamt mit allen Fachbehörden geklärt werden.
Auch über den Zustand des Schlamms herrscht offenbar Uneinigkeit, wie Bürgermeister Johannes Hagn (CSU) darlegte. „Für die einen, die den Schlamm weghaben wollen, ist er tot. „Für den Fischereifachberater ist dagegen im Schlamm Leben“. Dort würde sich an den Rändern Grünzeug entwickeln.
Die Stadt habe nun die Wahl, entweder man lässt die Schwaighofbucht verlanden oder man bringt diese physikalischen Stoffe ein. Doch die Entscheidungen treffe ohnehin nicht die Stadt, „weil wir für das Gewässer nicht zuständig sind“. Man könne sich nur eine Empfehlung aussprechen, wie es weitergehen sollte. Für Peter Schiffmann (SPD) biete die Einbringung von Stoffen die Chance, den Schlamm reduzieren zu können. „Eine idyllische Badebucht wird es ohnehin nicht mehr“. Ziel könne nur sein, den Schlamm zu reduzieren.
Der Natur ihren Lauf lassen
Man sollte es nun gut sein lassen, meinte Martina Niggl-Fisser (BürgerListe). Sämtliche Varianten hätten sich als unzureichend erwiesen. „Wir sollten der Natur ihren Lauf lassen“. Für ihren Parteifreud Florian Kohler stelle sich die Frage, welches Problem die Menschen eigentlich hätten, „ein Gesundheits- oder ein Geruchsproblem“.
Die Lösung des Problems liege beim Umweltministerium, meinte Andreas Obermüller (FWG). „Das ist außerhalb unserer Zuständigkeit“. Es sei eben ein natürlicher Zustand. „Es is, wias is“. Daher sei er gegen die Einbringung von chemischen Verbindungen wie Peroxiden, dies sei „alles andere als ökologisch“. Für Rudolf Gritsch (CSU) liegt der „wahre Grund für dem Handlungsbedarf in der Geruchsbelästigung“. Für ihn sei die Einbringung von Chemikalien unrealistisch.
Der Tegernsee verschwinde durch das Geschiebe sowieso irgendwann, habe er vor 50 Jahren in Heimatkunde gelernt, gab Norbert Schußmann (CSU) zum Besten. Schon bei den Graugänsen, die die Liegewiesen verunreinigen würden, gelinge es nicht, sie der Natur zu entnehmen. „Warum sollen wir dann hier den Aufstand machen“, wenn sich das Problem sehenden Auges vergrößere. „Schnelle und kernige“ Lösungen gebe es nicht.
Chemie oder Wassergarten?
Markus Schertler (CSU) gab zwar zu bedenken, ob der Mensch so in die Natur eingreifen sollte. Dennoch wäre er dafür, den Stand der Technik prüfen lassen. Keinen Handlungsbedarf sah Heino von Hammerstein (BürgerListe). Die Anwohner hätten sich seit Jahren darauf eingerichtet. „Entweder man lässt es so oder richtet einen Wassergarten ein“. Er wäre auch für den Tourismus attraktiv. Denn eine Verlandung der Bucht sei ohnehin nicht zu verhindern.
„Wir wollen von Experten eine Untersuchung, ob der Einsatz der Mittel zum Abbau des Schlamms führt“, fasste Hagn die fast einstündige Diskussion zusammen. Dies habe für alle oberbayerischen Seen Modellcharakter. „So ein Feldversuch macht Sinn“. Sollte er funktionieren, „machen wir weiter“. Er koste nur einen Bruchteil der Schlammentsorgung.
Die Stadt erwarte, so Hagns Beschussvorschlag, dass sich das Umweltministerium dem Thema federführend annehme. Empfohlen werde die weitere Untersuchung zur Verminderung des Schlamms auf der Grundlage von biochemischen Methoden. Dafür gab es eine Mehrheit von 14:3 Stimmen. Die gleiche Zustimmung erfuhr auch die Alternative, einen Wassergarten zu schaffen, falls die Einbringung von biotechnischen Stoffen untersagt werde. Auch wenn dies soeben „etwas mühsam gewesen“ sei, werde man laut Hagn „zu gegebener Zeit darüber berichten“.
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