Soll ich mein Kind impfen lassen?

Noch gibt es derzeit keine Empfehlung der Ständigen Impfkommission (STIKO) für die Impfung von Kindern bis zwölf Jahren. Seit dem 15. Oktober 2021 läuft in der EU das notwendige Zulassungsverfahren für das Vakzin Pfitzer/BioNTech. Doch schon jetzt fragen sich viele Eltern, ob sie ihre Kinder impfen lassen sollen. Wir haben mit einem Fachmann gesprochen.

Dr. Thomas Straßmüller beim Aufklärungsgespräch mit Eltern und Kindern in seiner Praxis in Gmund

Im Landkreis Miesbach schaffen wir die 70-prozentige Impfquote einfach nicht. Dabei wäre diese nach Meinung vieler Experten noch nicht annähernd geeignet, die Hospitalisierungsrate auf Dauer so niedrig zu halten, um so das Virus in den Griff zu bekommen. Daher wird immer öfter die Frage laut: “Sollten wir auch die Jüngsten in unserer Gesellschaft in das Impfen mit einbeziehen?”

Wie immer in der Corona-Pandemie gehen auch bei diesem Thema die Meinungen weit auseinander. Gerüchte jagen Erfahrungswerte und noch steht die EU-Zulassung eines Impfstoffes aus. Vorher wird auch die STIKO nicht über eine Impfempfehlung entscheiden. Wir haben Dr. Thomas Straßmüller, Ärztlicher Leiter des Impfzentrums Hausham und niedergelassener Arzt in Gmund, gebeten, uns aus ärztlicher Sicht einen aktuellen Überblick über das Thema “Impfung bei Kindern” zu geben.

Anzeige

Laut diversen Medienberichten befindet sich eine Impfung für Kinder von fünf bis elf Jahren auf der Zielgeraden. Wie lautet Ihre Einschätzung dazu?

Dr. Thomas Straßmüller: Ja, die EMA-Zulassung des Impfstoffs von Pfizer/BioNTech wird aller Voraussicht nach in den nächsten Tagen erfolgen.

Wann wäre ein guter Zeitpunkt für einen Impfstart für Kinder? Noch im Winter?

Straßmüller: Nach erfolgter Zulassung wird es noch ein wenig dauern, bis die spezielle Darreichungsform des Impfstoffs an die Apotheken ausgeliefert wird, das wird voraussichtlich Mitte Dezember sein. Das ist sicher auch ein guter Zeitpunkt für den Impfstart. Bei den hohen Inzidenzen, die wir aktuell haben, stehen die Eltern mit ihren Kindern vor der Entscheidung: Impfung oder Infektion.

Welche Vorteile hätte es, wenn auch Kinder geimpft werden? Wie stark würde sich das Ihrer Meinung nach auf die Corona-Zahlen auswirken?

Straßmüller: Zunächst einmal sei gesagt: bei Kindern dieser Altersgruppe hat eine Infektion mit Sars Cov 2 in der Regel keinen schweren Verlauf. Eine Ausnahme sind Kinder mit Vorerkrankungen und abwehrgeschwächte Kinder. Es gibt Kinder, deren Eltern sich sehnlichst eine Impfung gegen Sars Cov 2 wünschen. Des Weiteren gibt es Familienkonstellationen, die eine Impfung der Kinder besonders empfehlenswert erscheinen lassen: zum Beispiel die Familie mit dem krebskranken Elternteil, das durch die Chemotherapie stark abwehrgeschwächt ist.

Manche Eltern wünschen sich die Impfung für ihre Kinder aus sozialen Aspekten und im Hinblick auf die Psyche der Kinder. Man möchte sie, die oft sehr stark unter den Auswirkungen der Pandemie gelitten haben, möglichst sicher und schnell aus dieser Situation herausbringen.

Alles in Allem eine höchst individuelle Entscheidung zwischen Eltern, Kindern und den behandelnden Ärztinnen und Ärzten. Wichtig wäre mir dabei, dass keiner in eine Entscheidung gedrängt wird, aber auch keinem eine Möglichkeit vorenthalten bleibt.

Um die Auswirkung auf die Corona-Fallzahlen geht es dann sicher erst in zweiter oder dritter Linie. Nach der EMA-Zulassung ist zunächst einmal wichtig, wie die Fachgesellschaften die Impfung in dieser Altersgruppe bewerten, die Kinderärztinnen und -ärzte, und auch die STIKO. Hier wird es eine Nutzen/ Risiko-Bewertung geben, die sicher noch einige Zeit in Anspruch nimmt, aber jetzt schon auf Erfahrungen mit Millionen von Impfungen in dieser Altersgruppe aus den USA zurückgreifen kann.

Erhalten Kinder eine niedrigere Dosis als erwachsene Menschen?

Straßmüller: Ja, Kinder in dieser Altersgruppe erhalten eine niedrigere Dosis als Erwachsene. Damit diese Dosis besser zu verabreichen ist, wird voraussichtlich eine andere Darreichungsform des Impfstoffs ausgeliefert. Die reduzierte Dosis des Erwachsenenimpfstoffs wurde in Deutschland schon vielfach im Rahmen eines sogenannten „off label use“ verabreicht.

Wir bedanken uns bei Dr. Thomas Straßmüller für das Gespräch.

SOCIAL MEDIA SEITEN

Anzeige
Aktuelles Allgemein Interview

Diskutieren Sie mit uns
Melden Sie sich an und teilen Sie
Ihre Meinung.
Wählen Sie dazu unten den Button
„Kommentare anzeigen“ aus

banner