Sperrstunde killt Gastro im Tal

Seit über zwei Monaten gilt in Bayern die Sperrstunde. Alle Lokale müssen um 22 Uhr schließen. Auch in den Hotels rund um den Tegernsee. Nur zum Jahreswechsel gab es eine Lockerung. Eine Katastrophe für das ganze Gewerbe, wie ein Gastwirt aus dem Tal berichtet.

Der Betreiber des Monte Lago in Rottach ist nicht zufrieden mit den Entscheidungen der Regierung

Bundesweit gilt die Sperrstunde nur in sechs Ländern. Eingeführt wurde sie in Bayern in der Hotspotzeit der vierten Coronawelle. Während die Diskussion um 2G oder 2G+ in der Gastronomie sehr lautstark geführt wurde, blieb es bei der harten Sperrstunde in Bayern relativ ruhig.

Sperrstunde wird eingehalten

Olaf von Löwis (CSU) versichert, dass auch er sich freuen würde, wenn die Gastwirte im Landkreis wieder zeitlich uneingeschränkt ihre Leistungen anbieten könnten. Auch für die Gäste sei es ein Gewinn, doch dann wird der Landrat deutlich: “Wir müssen weiterhin vorsichtig sein und in dieser Phase der enormen Ausbreitung von Omikron unsere Kontakte minimieren.”

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Die Gastro-Betreiber im Landkreis haben sich an die angeordnete Sperrstunde gehalten, wie eine Sprecherin des Landratsamtes mitteilte: „Bis dato gab es keine Anzeigen beziehungsweise Beschwerden für Verstöße. Auch die regelmäßig durchgeführten Gaststättenkontrollen ergaben hierzu keine Beanstandungen.“

Carmine Merone, der das „Monte Lago“ an der Hauptstraße in Rottach-Egern und seit 15 Jahren das „La dolce Vita“ in der Seestraße betreibt, macht im Gespräch mit der TS deutlich, welche Einschränkung die Sperrstunde für die Wirte im Tegernseer Tal bedeutet.

Diese Entscheidung war sowohl für uns Wirte als auch für die Hotels furchtbar. Mit 2G haben wir uns arrangiert, aber in unserer Hauptsaison um die Weihnachtszeit die Sperrstunde um 22:00 Uhr zu beschließen war absolut verheerend.

Als am 19. November die Sperrstunde für Gastronomiebetriebe in Bayern beschlossen wurde, befand sich Carmine Merone gerade im Urlaub. „Als wir von der neuen Regelung erfuhren, haben wir sofort unseren Urlaub verlängert. Uns war klar, dass nichts mehr los sein wird, wenn wir um 22 Uhr schließen müssen.

Massive Einbußen in wichtiger Weihnachtszeit

Normalerweise macht der Rottacher in der Zeit bis Silvester den Umsatz, der ihn über die erfahrungsgemäß schlechten ersten drei Monate des neuen Jahres bringt, beschreibt Merone die dramatischen Auswirkungen des Sperrstundenerlasses auf seine beiden Betriebe.

In diesem Jahr komme er aber in dieser Zeit nur auf 30 Prozent des Umsatzes des Jahrs 2019. Zudem seien die Einnahmen seines Standes auf dem Christkindlmarkt in diesem Jahr wieder weggefallen. Auch diese seien nötig, die Ausfälle in den folgenden umsatzschwachen Monaten zu kompensieren.

Der Wirt aus Leidenschaft hat seit der Übernahme des „Monte Lago“ im Mai 2020 dort keinen eigentlichen Barbetrieb mehr. Die Barhocker stehen eingemottet im Keller, wie er leicht traurig sagt. Doch sein Lokal sei besonders bei vielen jungen Menschen sehr beliebt und die würden eben gern länger als 22:00 Uhr ausgehen. „Die treffen sich jetzt lieber privat – da gibt es keine Sperrstunde“.

Viele Stammgäste blieben dem Tegernsee fern

Viele Stammgäste auch seines mediterranen Gourmetrestaurants “La Dolce Vita” hingegen seien in der Weihnachtszeit gleich ganz dem Tegernsee ferngeblieben, berichtet der Rottacher Gastronom. Die Gäste seien über die Feiertage lieber direkt in Bundesländer, die keine Sperrstunde eingeführt hatten, ausgewichen. Und dann wird der Wirt ganz deutlich:

Ob der Söder mit 2G irgendeinen rettet? Nein! Die 22 Uhr haben uns kaputtgemacht hier am Tegernsee.

Das Gourmetrestaurant hat Merone inzwischen bis Ostern gleich komplett geschlossen. Es sei einfach unmöglich gewesen, selbst den Gästen die noch gekommen sind und sehr viel Geld für ein gutes Essen bezahlen, zu vermitteln, dass um 21:45 Uhr schon die Rechnung auf dem Tisch liegt.

„Es ist unter diesen Bedingungen einfach nicht wirtschaftlich ein gehobenes Speiselokal im Tegernseer Tal zu führen“, erklärt der Wirt weiter. Seinen Angestellten aber werde er das Kurzarbeitergeld aufstocken bis April. Das habe er in den zwei Jahren der Pandemie immer so gehandhabt.

Auch in den Egener Höfen leidet das Geschäft unter der Sperrstunde um 22 Uhr.

Auch im Rottacher Luxushotel Egener Höfe hat man schlechte Erfahrungen mit der Sperrstunde gemacht, wie Andrea Stein, Director of Sales & Marketing des Hauses, auf Nachfrage bestätigt:

Unsere Gäste fühlen sich trotz liebevoller Kommunikation im Vorfeld durch die Sperrzeit gestört. Oft werden unsere Mitarbeiter mit unangenehmen Beschimpfungen konfrontiert, ohne etwas für die von der Regierung auferlegte Sperrstunde zu können.

Ebenso habe sich die Einführung der Sperrstunde wirtschaftlich sehr negativ ausgewirkt, berichtet Stein weiter. So sei der Umsatz im Gourmetrestaurant um etwa 20 Prozent gesunken, und auch in der „KostBar“ sei viel weniger als gewohnt umgesetzt worden.

… hat es das Open-End Silvester rausgerissen?

Zudem sei die Planung für Silvester trotz der Aufhebung der Sperrstunde sehr schwierig gewesen, da die Vorbestellungen „extrem kurzfristig“ vorgenommen wurden.

Merone konnte dem Silvestergeschäft ebenfalls nur wenig Positives abgewinnen. Er hatte im Restaurant an der Seestraße nur 4 Menüs und 6 à la carte. Normalerweise verkauft er an Silvester 40 Menüs. Das sei immer ein Spitzentag für ihn gewesen.

Im Betrieb an der Rottacher Hauptstraße hatte Merone gerade mal 20 Gäste. “Wir hatten einfach keine Vorbestellungen, weil erst zehn Tage zuvor die Sperrstunde aufgehoben wurde. Das war alles viel zu kurzfristig”, erklärt der Betreiber.

Wie es für die Gastronomen im Tal weitergeht, ist völlig offen. Die Überbrückungshilfen des Staates helfen dem Rottacher Gastronom zwar, wie er zugibt. Sie seien jedoch Zuschüsse zum Unterhalt und kein Ersatz für den entfallenen Umsatz wie zu Beginn der Pandemie. Wie lange die Wirte unter diesen Umständen noch durchhalten, sei fraglich, wie Merone abschließend betont:

Wir brauchen im Tal die Zweitwohnsitzler und die Gäste in den Hotels. Das mag man sehen, wie man will. Aber nur mit Tagestouristen und Einheimischen werden wir uns nicht mehr lange über Wasser halten.

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