Auf hübsch gepflegte Wiesen schauen, ab und an stapft ein Golfplatz-Flamingo im pinken Shirt und großem Ego vorbei. “Neben dem Golfplatz”. Diese Adressen sind am Tegernsee immer etwas Besonderes. Da will man doch bauen. Und darf es auch – wenn man den Stadtrat auf seiner Seite hat.
Ein Haus am Ledererweg. Das ist Außenbereich. Offiziell. Und da wollen Kommunen ungern Bebauungen. Bedeutet es doch zum einen wieder eine Zersiedlung und Versiegelung. Aber der Ledererweg ist nun nicht Waldgebiet. Der Stadtrat musste abwägen.
2016 winkten die Stadt und auch das Landratsamt ein Bauansinnen am Ledererweg in Tegernsee Süd durch. Ein Wohnhaus sollte in der Nähe des dortigen Golfplatzes errichtet werden. Nach länglichen Diskussionen änderte man dafür den mühsam erstellten Flächennutzungsplan und den Bebauungsplan “Schwaighofer Feld”. Das Ganze wurde mit Tegernsee-üblichen “Argumenten” unterfüttert: Das Haus sähe toll aus, passe sich gut ein. Die Familie sei einheimisch und überhaupt – die Stöckchen gegens Bällchen Spieler nebenan werden nicht gestört. Dafür ändert man schon mal Vorgaben. Klar. Das erste Haus steht. Und nun – welch Überraschung – kommt der nächste Bauantrag ins Rathaus auf den Tisch.
Auf 857 Quadratmeter soll am Ledererweg das nächste Haus gebaut werden. Kein Wohnkasten. Ein, sagen wir einmal, einfaches Einfamilienhaus. Aber: Offiziell ist es immer noch Außenbereich. Und: Es ist wieder eine einheimische Familie. Warum? Die Antragstellerin ist die Besitzerin des vor rund sieben Jahren gebauten Hauses. Man kann ja nie genug bauen. Sowohl im Bauausschuss, als nun auch in der Stadtratsitzung wurde eifrig über ein Dilemma diskutiert. Wozu klare Vorgaben, wenn man sie mit Ausnahmen aushölt? Aber ist das der Ledererweg wirklich so etwas wie in Außenbereich? Wer vor Ort ist, wähnt sich eher in einem reinen Wohngebiet mit angeschlossenem Golfplatz.
Bürgermeister Johannes Hagn fand das neue Bauprojekt ok. Zu Beginn der Stadtratsitzung betont er, dass es in seiner Amtszeit ja auch erst ein Bau im Außenbereich genehmigt worden sei, eben das erste Haus der Antragstellerin. Überhaupt: Das Landratsamt, so erklärte Bauamtsleiterin Bettina Koch, werde das Bauvorhaben eh durchwinken. Nur könnten, so gab sie zu bedenken, jetzt wieder neue Anträge für Bauvorhaben im Außenbereich folgen.
Andreas Obermüller (FWG) konnte sich “mit dem bescheidenen Häusl mit Garage” anfreunden. Und kam sogleich mit dem Killer-Argument: “Tegernsee sei kein Museum”, womit man so ziemlich alles an Bauvorhaben begründen kann.
Sein Parteifreund Dr. Michael Bourjau widersprach: “Das wird einen Domino-Effekt haben. Es werden weitere Anträge für Bauvorhaben im Außenbereich kommen.” Johannes Hagn betonte, dass man jederzeit die Kontrolle über solche Projekte habe. Zugespitzt gesagt: Wenn es dem Rat optisch gefällt, sich irgendwie einfügt, dann kann man schon mit Ausnahmen von Bestimmungen rechnen. Ob diese Häuser in den Händen Einheimischer bleibe, oder nicht nach einer Schamfrist mit hohem Profit auf den Markt vertickt werden, fragte man in dieser Sitzung nicht.
Noch immer gelten Wiesen in Tegernsee erst einmal für einige als Baulücken. Mit 12 Stimmen gegen drei Gegenstimmen nickte das Gremium eine erneute Änderung des Flächennutzungs- und Bebauungsplans durch.
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