Statt Biomarkt kommt Tagespflege

Eine Tagespflege für Senioren – das soll im Neubaukomplex “Wallbergspitz” in Bad Wiessee entstehen. Zuerst war ein Bio- oder Drogeriemarkt geplant. Nur die angrenzenden Laubbäume sind noch im Weg.

Statt Geschäftsräume soll in das neue “Wallbergspitz” eine Tagespflege.

Auf dem 2.000 Quadratmeter großen Eckgrundstück an Bundes- und Wallbergstraße sollte ursprünglich ein Drogerie- oder Biomarkt entstehen. Die gewerbliche Nutzung im Erdgeschoss ist durch den Bebauungsplan festgelegt. Doch auf die „geringe Fläche von 400 Quadratmetern“ sei kein Interessent „angesprungen“, erklärte Wiessees Bauamtsleiter Helmut Köckeis bei der Vorlage der Tektur zum neuen Wohn- und Geschäftshaus am Dienstagabend.

So habe sich für die Scharl Architektur Baugruppe (SAB) aus Starnberg die Frage der weiteren Nutzung gestellt. In den drei Obergeschossen sollten statt bisher zehn nun insgesamt 14 „hochwertige Etagenwohnungen“ in einer Größe von 60 bis 156 Quadratmetern entstehen. Ein Rottacher Immobilienbüro hatte diese bereits zu Preisen von 400.000 und 1,2 Millionen Euro angeboten. Die Zukunft der Geschäftsräume bislang unklar. Eine alternative Belegung wurde gesucht – und gefunden.

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Bäume stehen im Weg

Der Zufall wollte es, so Bürgermeister Peter Höß (FWG), dass bei ihm die Betreiberin einer Tagespflege aus Geretsried vorgesprochen habe, um auch einen Standort im Tal zu finden. Daraufhin habe er die Kontakte hergestellt. „Man ist sich dann schnell einig geworden“, erklärte es Höß, dass an der Wallbergstraße eine Tagespflege-Station entstehen könnte. Die Patienten würden morgens mit einem Bus gebracht und abends wieder abgeholt. Höß lobte das Projekt:

So eine Tagespflege ist eine hervorragende Alternative zum Alltag dieser Menschen.

Doch es gibt offenbar einen Haken: die Bäume sind im Weg. Kurz vor Baubeginn sei noch eine Baugrubenstatik wegen der Tiefgarage und der schwierigen Bodenverhältnisse erstellt worden, klärte Köckeis den Bauausschuss auf. Das Ergebnis seien Änderungen der Baumbestände an der Münchner- und der Wallbergstraße. „Drei Laubbäume müssten dem Umfeld entnommen werden“.

Möglicherweise würde dafür vom Landratsamt eine Ersatzbepflanzung angeordnet werden. „Nicht ein paar Zweigerl, sondern Bäume“, forderte Köckeis. Mit einer Verringerung der Tiefgaragenfläche könnten zwar die Bäume erhalten werden, doch damit würden vier notwendige Stellplätze fehlen. Oberirdisch seien die Stellplätze „ausgereizt“.

„Wischiwaschi, das uns salamimäßig um die Ohren fliegt“

Grundsätzlich halte er eine Tagespflege für eine Bereicherung für das Tal, lobte Markus Trinkl (FWG) die Bemühungen des Rathaus-Chefs: „Das ist eine sensationelle Sache“. Dass mit der Pflegeeinrichtung die Lücke eines Supermarkts ausgeglichen werde, „finde ich ideal“, so Trinkl. Das Projekt sollte nicht an den beiden Ahornen scheitern. „Dann muss man eben wieder welche pflanzen“.

Baufahrzeuge schaffen bereits Fakten.

Hier habe man wieder ein aufwändiges Verfahren, beklagte hingegen Florian Sareiter (CSU). „Ständig wird nachverhandelt. Denn die Reduzierung der Wohnungen auf 60 Quadratmetern ist vor allem der Kalkulation geschuldet“. Solche Modelle wie die Tagespflege würden aus dem Boden sprießen, wusste Sareiter. Vielleicht gelänge es auch in Bad Wiessee, die Wohnungen sogar an die Pflegebedürftigen selbst zu veräußern. Hier gehe man von einer guten Rendite aus, wusste der Bankkaufmann. Er schlug vor, die Nutzung als Tagespflege vertraglich festzuhalten, sonst sei das alles nur „Wischiwaschi, das uns salamimäßig um die Ohren fliegt“.

Der Investor und der Profit

Für Klaudia Martini (SPD) sei das Vorgehen des Bauwerbers wieder ein typischer Fall. „Ich baue auf ein Grundstück so viel wie möglich und stelle dann fest, da sind ja Bäume“. Statt kleiner zu bauen, „werden nun die Bäume geopfert und wir sind nun gefordert, das Opfer zu bringen“. Sie bezweifle auch, ob eine so riesige Terrasse, wie geplant, erforderlich ist. Sie sei nicht bereit, so Martini, nur weil sich der Investor vorher nicht „den Profit ausgerechnet“ habe, das Projekt noch zu unterstützen:

Ich mag nicht mehr.

Schließlich gebe es laut Martini für die Fahrzeuge andere Parkmöglichkeiten. Als Kompromiss zur Erhaltung der Bäume schlug Köckeis daraufhin eine Verkleinerung der Tiefgarage vor. Dafür müssten die fehlenden Stellplätze oberirdisch durch Veränderung der Freiflächengestaltung nachgewiesen werden.

Martini wie Fritz Niedermaier (FWG) bemängelten allerdings, dass Bagger bereits „Fakten schaffen“ und damit die Bäume bereits gefährdet seien. Deswegen forderte Martini eine „Baukontrolle“ durch das Landratsamt: „Die Bäume müssen dokumentiert werden“. Dass alle Bäume erhalten werden müssten, sollte laut Höß auch im Beschlussvorschlag stehen.

Mit dieser Ergänzung zur Nutzungsänderung in eine Tagespflegeeinrichtung im „Wallbergspitz“ passierte der Antrag auf Tektur dann einstimmig den Bauausschuss. Im Nachgang meinte Trinkl, dass es vom Bauherrn nicht korrekt sei, „wie die Änderungen auf uns zugespielt werden“. Der Einsatz gleich mit Baggern „hat schon ein Gschmäckle“.

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