Schnell den Bildschirm-Ausschnitt des Tegernseer Tals von Google-Maps kopiert, an das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) geschickt – und schon hat DLR-Forscher Thomas Krauß eine Karte erstellt, die anzeigt, wo sich bei Regen das Wasser sammelt: In den dunkel- und hellblauen Senken. Das hellere Blau markiert eine Mulde unten am Hang, Grün eine in der Mitte und Orange eine ganz oben. Gelb bedeutet “Flach”, Rot heißt “Kuppe”.
Im Rahmen eines Projektes hat das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) mit Sitz in Oberpfaffenhofen anhand von Satellitendaten für das Münsterland ein ähnliches Höhenmodell errechnet. Aus der Analyse des vereinfachten Modells ergaben sich potentiell gefährdete Gebiete bei Starkregen. Daraufhin verglich man die Daten mit den dort gemeldeten Versicherungsschäden. Das Ergebnis: in den auf der Karte angezeigten “Gefahrenzonen” wurden beinahe viermal so viele Hochwasserschäden gemeldet wie im übrigen Gelände.
Doch noch sei die Auswertung keine Garantie für eine Verallgemeinerung, wie DLR-Forscher Thomas Krauß betont:
Um eine deutschlandweite Aussage treffen zu können, müsse man von einer ausreichenden Anzahl repräsentativer Regionen in ganz Deutschland die entsprechenden Daten erheben, mit den Versicherungen sprechen und die Schäden der letzten Jahre prüfen.
„Ein Riesenaufwand“, wie Thomas Krauß erklärt. Um Karten für ganz Deutschland zu erstellen, müsse man mindestens 100.000 Euro investieren, erklärt er weiter und fügt hinzu: “Bis jetzt wolle niemand Geld dafür in die Hand nehmen.“
Karten für Gemeinden – aber ohne Garantie und Gewähr
Gemeinden könne man das Kartenmaterial eventuell sogar kostenlos zur Verfügung stellen, meint Krauß. Bisher hätten sich bei ihm fünf Gemeinden gemeldet, die daran interessiert wären. Doch wie schaut es im Tegernseer Tal aus? Wäre eine solche Karte auch hier hilfreich? Karten für die vom Landratsamt festgesetzten “klassischen” Überschwemmungsgebiete haben die Gemeinden auf alle Fälle schon. Fügt man die vom DLR erstellte Karte in Google-Earth ein, so kann man die in blau eingezeichneten Gefahrenzonen einmal genauer betrachten und mit den bekannten vergleichen:
Auffällig ist, dass die “blauen Gebiete” mit den Senken der Zu- und Abflüsse vom See beziehungsweise der Bäche nahezu identisch sind. Der durch Tegernsee fließende Alpbach beispielsweise wäre – laut Karte – eine mit Blau gekennzeichnete Gefahrenzone. Besteht also entlang des Alpbachs Handlungsbedarf?
Gefahr im Tal erkannt – und gebannt
Betroffen wären damit unter anderem die Waldschmidtstraße und der Prinzenweg. Nach Rücksprache mit Kommandant Wolfgang Winkler von der Freiwilligen Feuerwehr Tegernsee hätte man mit diesem Gebiet “wenig Probleme”, da der Alpbach im unteren Verlauf bereits begradigt und kanalisiert worden sei. Direkt von Starkregen betroffene Gebiete seien ihm, von Einsatzseite her, nicht bekannt. “Ab und zu läuft mal ein Gullideckel über. Dies sei dann aber eher bedingt durch Blätter oder Hagelkörner, die diesen verstopfen”, sagt er. Auch das Hochwasserproblem an der Mangfall wird aus der Karte ersichtlich. Auch das hat man im Tegernseer Tal bereits erkannt und ist derzeit an einer umfangreichen Lösung.
Die vom DLR erstellte “Gefährdungsklassifizierung” gibt es momentan nur beim DLR, wie Thomas Krauß auf Anfrage mitteilt. Es gäbe zwar auch andere Satellitenbilder, sagt er, aber die “stellen normalerweise nur das Bild dar – also die Farben wie man sie von oben sieht – und nicht die Geländeform mit entsprechender Höhenabstufung.”
Hilfreich wäre die Karte zum Beispiel für Gemeinden bei der Ausweisung neuer Baugebiete. Andreas Holderer vom Wasserwirtschaftsamt Rosenheim sieht eine solche “Starkregen-Modellierung” dagegen eher kritisch:
Die Karte ist sicherlich gut. Die Erfahrung hat aber gezeigt, dass die Gefahr flächendeckend ist, weil Sturzfluten unberechenbar sind.
Holderers Meinung nach könne eine derartige Karte nicht anzeigen, wo sich beispielsweise eine Gewitterzelle entlädt. In Zeiten des Klimawandels rät er deshalb dazu, grundsätzlich vorzubeugen. Höher bauen, eine Versicherung abschließen und einfache Kellertüren durch wasserdichte austauschen – das seien geeignete Maßnahmen, um sich vor Starkregen langfristig zu schützen.
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