Im Februar 2016 kam es in der Warngauer Asylunterkunft zu einem Streit zwischen einer Frau und einem Mann. Es ging dabei wohl um einen Sitzplatz in der Küche, in der die Bewohner einen Film anschauen wollten. „Ich habe der Frau einen anderen Stuhl angeboten, aber sie verweigerte meine Vorschläge und wollte den Platz, auf dem ich saß“, erklärte der geschädigte Mann heute vor dem Miesbacher Amtsgericht.
Da hat sie mir dann schon die erste Ohrfeige gegeben. Sie ging dann kurz weg, kam wieder und schlug mir erneut ins Gesicht.
Andere Bewohner sollen die beiden dann getrennt haben. Die Frau ging daraufhin zu dem Zimmer ihres Verlobten, einem 29-Jährigen aus Biafra, der sich heute gemeinsam mit der Frau wegen gefährlicher Körperverletzung verantworten mussten. Denn nachdem ihm die Frau den Vorfall in der Küche geschildert hatte, soll er gemeinsam mit ihr das Zimmer des Geschädigten aufgesucht haben.
Zwei gegen einen?
Laut Anklage kam es dann erneut zu Handgreiflichkeiten, wobei die Frau ihren Kontrahenten abermals schlug und auch ihr 29-jähriger Verlobter gegen den Oberschenkel des anderen trat. Der Angeklagte hingegen erzählt eine ganz andere Geschichte:
Meine Freundin erzählte mir, jemand habe sie angegriffen. Daraufhin wollte ich die ganze Situation klären und bin zu seinem Zimmer gegangen. Die beiden haben dann wieder miteinander gekämpft, aber ich habe ihn nicht mal berührt.
Richter Walter Leitner war diesbezüglich skeptisch, schließlich wäre es ja verständlich gewesen, wenn er seiner Freundin zu Hilfe geeilt wäre. „Ich wollte ja dazwischen gehen – denn kein Mann wäre nicht aufgebracht, wenn seine Freundin geschlagen wird. Aber andere Bewohner hielten mich zurück“, erklärte der Angeklagte über seinen Dolmetscher.
Der Geschädigte schilderte die beiden Auseinandersetzungen mit der Frau, doch betonte er immer wieder: „Der Mann kam zwar auch her, aber er wurde nie handgreiflich – er hat mich nicht angefasst.“ Die Kratzer am Hals und die Schläge ins Gesicht kamen nur von der Frau.
Richter Leitner wunderte sich über die deutliche Aussage, denn bei der ersten Vernehmung erzählte das Opfer noch eine andere Geschichte: „Der Polizei sagten sie, der Mann kam hinter der Frau in ihr Zimmer gestürmt und trat gegen ihren Oberschenkel.“ Der Zeuge gab sich daraufhin unwissend, es sei schließlich schon zu lange her. Er blieb deshalb bei seiner Aussage, dass der Angeklagte ihn nicht angefasst habe.
Die Frau war die Böse
Nach der Beweisaufnahme waren sich Staatsanwaltschaft, Verteidigung und Richter Leitner einig: Der Angeklagten wurde frei gesprochen, die Kosten werden der Staatskasse auferlegt. „Die Böse war dann nur die Frau“, so Leitner. Doch von ihr fehlt jede Spur, wie ein Polizeibeamter erklärt: „Wir haben sie seit gut einem halben Jahr nicht mehr gesehen, ihr neuer Wohnort ist unbekannt.“
Der freigesprochene 29-Jährige weiß ebenfalls nicht, wo seine damalige Verlobte hin ist: „Sie ist in ein anderes Land, um dort Asyl zu beantragen – Italien oder Schweiz, aber ich weiß es nicht genau. Sie ist eine erwachsene Frau, sie kann selbst entscheiden. Doch ich wollte in Deutschland bleiben.“ Das Verfahren wegen schwerer Körperverletzung gegen die Frau wurde aufgrund ihres unbekannten Aufenthaltsortes vorläufig eingestellt.
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