Dicht gedrängt stehen die Besucher beim „Tag des Tourismus“ in der Arena des Bachmair Weissach und informieren sich an den Ständen diverser Unternehmer. Das Medius zeigt Sportkonzepte für Gäste. „Outdoortraining und E-Bikes sind unsere Renner“. Und die Tegernseer Monte Mare Betriebsleiterin findet überzeugende Argumente für den Besuch der Seesauna gerade bei Sonne und warmen Wetter:
Es ist herrlich nackt an der frischen Luft Sonne zu tanken und sich nach der Sauna im See zu erfrischen.
Das Hotelpersonal kümmert sich derweil um die Gäste der TTT, reicht einen kleinen Imbiss und – so ein Besucher – „Gott sein Dank kein Finger Food“. Eine Dame berichtet, dass der Busfahrer sie, wegen des Sauwetters, nicht an der Haltestelle, sondern direkt vor der Hoteltür raus gelassen hätte. Später am Abend wird der TTT-Chef etwas umständlich den Begriff „Service und Qualität“ erklären.
„Der Tegernsee ist der schönste Flecken Deutschlands“
Doch vorher darf Rottachs Bürgermeister Christian Köck den Vortragsabend eröffnen. Köck bringt es dann auch gewohnt kurz auf den Punkt: „Wir leben vom Gast.“ TTT-Chef Christian Kausch referiert dagegen über Qualität, Service und Angebote. Stolz sei er auf das Bergsteigerdorf Kreuth und einen Gästezuwachs von 3,8 Prozent für das Tal im vergangenen Jahr. Und kommt Heinz Horrmann. Der ist bekannt für seine würzig-pikante Gastrokritik. Weltweit hat er nach eigener Aussage bisher 2.500 Hotels getestet.
Im Tal residierte er im Hotel „Das Tegernsee“ und schwärmt „ich habe sogar einen handgeschriebenen Begrüßungsbrief erhalten. Der Tegernsee ist der schönste Fleck in Deutschland.“ Dann ist es vorbei mit der Schwärmerei. Gerade in Grand Hotels flippt er offenbar aus. „Es müffelt und das Gepäck kommt spät aufs Zimmer“. Der Sohn vom Gründer der Hyatt Kette, so Horrmann baue „nur Scheiße“. Und: Im Adlon werde die Bettwäsche „nur ganz selten gewechselt“.
Im Pariser Ritz, man kennt es schon wegen Lady Diana, würde man so begrüßt: „Credit Card!?“. Für 1.500 Euro pro Nacht dürfe man dann eine Dachkammer beziehen. „Bei einem Festessen mit Prinz Charles lief eine Ameisenstraße über das Bankett. Dafür konnte der Gastgeber nun wirklich nichts. Die Ameisentruppe hatte sich im Blumengesteck einschmuggeln lassen.“ Die Kempinski Hotels seien heutzutage „servicefreies Gelände.“ An diesen und weiteren Beispielen zeigt er die Chancen für kleine Familienhotels auf. „Die können viel individueller auf die Gäste eingehen.“
Schlechte Chefs und nörgelnde Gäste
Der Vorsitzende von Fair Jobs Hotels, Alexander Aisenbrey, wählt dann ebenfalls einen kontroversen Einstieg für seinen Vortrag und betont: „Wir lernen nicht aus unseren Fehlern“ Schlechte Führung sei ein Grund, warum Mitarbeiter frustriert aus dem Gastgewerbe aussteigen würden. Chefs sollten viel mehr loben, sich selber weniger wichtig nehmen und grundsätzlich, so Aisenbrey, sei jedwede Überheblichkeit gegenüber den Mitarbeitern deplatziert.
Gleichzeitig fordert er jedoch, den Arbeitnehmerschutz aufzuweichen: Es soll erlaubt werden, einen Mitarbeiter auch mal zwölf Stunden arbeiten zu lassen, wenn beispielsweise eine Veranstaltung im Hause sei. In einer Branche, die Deutschland glänzen ließe, fehle es an der Wertschätzung der Gesellschaft und Politik. Aisenbrey fordert daher bessere Lobbyarbeit der Verbände. Außerdem seien die Hotelzimmerpreise in Deutschland zu niedrig. „Und wenn man bei einer großen Hochzeitsgesellschaft darum bittet, dass ein Nachtzuschlag gezahlt werden soll, reagieren die Gäste trotzig“.
So mancher Kellner spürt die geringe Wertschätzung heutzutage ja leider auch daran, dass mit dem Trinkgeld gegeizt wird. Worüber sich alle Redner beim Tag des Tourismus einig sind: Nur der zufriedene Mitarbeiter kann wertvollen Service und wahre Qualität liefern. Und das gilt auch für den schönsten Flecken Deutschlands.
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