Tagungen am Tegernsee: “Wir brauchen 25% Belegung durch Geschäftskunden”

Vor rund sechs Jahren haben führende Hoteliers aus dem Tal zusammen mit der TTT den Verein Tagungserlebnis Tegernseer Tal (TET) gegründet. Ziel war es den Bereich des Geschäftstourismus noch stärker zu etablieren.

Mittlerweile hat die TET einige Schritte nach vorne getan. Der Tagungstourismus nimmt immer stärker zu. Doch inwieweit ist das überhaupt mit dem Individualtourismus vereinbar? Oder anders gefragt: wie wirken sich Firmen-Veranstaltungen mit bis zu 1.500 Teilnehmern auf den ruhebedürftigen Gast aus?

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“Tagen am Tegernsee” – auf diese Idee kommen viele große Unternehmen und Dienstleister. Doch wie biete ich Kunden, Mitarbeitern oder Geschäftspartnern ein möglichst umfassendes Erlebnis und bringe gleichermaßen die Vorgaben des Unternehmens optimal rüber?

Um potentiellen Interessen ein möglichst breites Portfolio an Angeboten unter einem zentralen Ansprechpartner liefern zu können, wurde vor rund sechs Jahren die TET ins Leben gerufen. Mitbegründer waren führende Vertreter der Hotelerie im Tal, wie der Besitzer des Parkhotels Egener Höfe, Klaus Dieter Graf von Moltke. Aber auch Vertreter anderer großer Hotels, die Gemeiden und die TTT waren involviert.

“Wir wollten hier eine Eigeninitiative starten und nicht warten bis uns die zentrale Tourismusorganisation etwas Gutes tut. Ziel war es das Tal auch im Bereich Tagungs-und Firmentourismus besser zu positionieren”, so Moltke.

Die Idee dahinter

Das Resultat ist ein Verein mit heute rund 50 Mitgliedern, darunter Hotels, Gästehäuser, Gastronomiebetriebe aber auch lokale Geschäftsleute. Überlegungen den Tagungstourismus im Tal zu stärken gab es dabei schon sehr viel länger, allerdings zogen die Verantwortlichen da nicht immer an einem Strang und arbeiteten eher für sich, wie Moltke betont.

Dies wollte man durch die gemeinsame Initiative geändert haben. Egal ob eine “Incentive-Reise”, ein Führungskräfte-Meeting oder eine gezielte Tagung. “Wir wollen das perfekte Programm dafür zusammenstellen,” so Moltke weiter.

Ein zentraler Ansprechpartner für alle Interessenten

Dafür setzt man mittlerweile auf einen zentralen Ansprechpartner, der die Anfragen von Unternehmen entgegennimmt und kanalisiert. Ist eine Anfrage eingegangen, werden passende Hotels, Restaurants und Dienstleistungsanbieter im Tal kontaktiert.

Bereits in der ersten Stufe werden so die Wünsche des Anfragestellers genau formuliert. Alle Beteiligten haben dann 48 Stunden Zeit sich wieder bei der “TET” zu melden und ihre Angebote zu unterbreiten. Der zentrale Ansprechpartner sondiert dann die Angebote und leitet dieses in Form eines Gesamtangebots wieder an den potentiellen Tagungskunden weiter. Eine Vorgehensweise, die nicht nur Moltke bevorzugt. Auch der Geschäftsführer des Vereins Michael Götz ist sich sicher, dass der Ansatz Zukunft hat:

Wir haben für dieses Vorgehen von unseren Kunden, vor Ort aber auch auf Messen ein sehr positives Feedback bekommen. Gerade die Tatsache, dass es nur einen zentralen Ansprechpartner gibt und wir ein umfassendes Angebot mit verschiedensten Gestaltungsmöglichkeiten liefern können, kommt dabei besonders gut an.

Die TET versteht sich dabei durchaus als Solidargemeinschaft, bei der alle Beteiligten an einem Strang ziehen. Sie ist jedoch keine Agentur, die für jede Vermittlung eine Provision kassiert, sondern ein Verein der sich ausschließlich über den jährlichen Beitrag der Mitglieder finanziert. Rund 100.000 Euro kommen so jährlich zusammen und werden ausschließlich zu Marketingzwecken verwendet. “Wir haben keinen Geschäftsführer, der ein Gehalt bekommt und auch die größeren Mitglieder helfen aus mit Mitarbeitern, die den gesamten Tagungsbereich nach vorne bringen,” so Götz

Auf Kosten des Familientourismus?

Im Vorfeld der Gründung wurden klare Kriterien definiert, was die TET erreichen will und wer in dem Netzwerk mitwirken darf. Eine Devise wollen die Verantwortlichen dabei immer im Hinterkopf behalten, wie Moltke betont:

Der Tagungstourismus muss weiter ausgebaut werden, dies darf jedoch nicht auf Kosten des Individualtourismus geschehen. Die Menschen kommen auch an den Tegernsee um Ruhe zu finden und das Ambiente des Tals zu genießen. Dies sei dann nicht möglich, wenn das ganze Jahr über jede Woche Tagungen oder Firmenevents mit vielen Hundert Menschen hier stattfinden würden.

Die Hotels leben zu rund 80 Prozent von den Individual- und Familientouristen. Der Tagungstourismus sei aber gleichwohl ein wichtiges Add-on”. Ein Zusatzgeschäft, dass vor allem außerhalb der Saison in den touristisch schwächeren Monaten mittlerweile fast überlebensnotwendig für Hotels und gastronomische Betriebe geworden ist. Man bräuchte in der Hotelbranche gut 25 Prozent Belegung aus dem Tagungsbereich, sonst werde es schwierig, weiß Moltke. Bei etwa sieben bis zehn Prozent schätzt der Rottacher Unternehmer derzeit den Anteil der Geschäftskunden – Tendenz: steigend.

Die Wandelhalle als “Eventlocation” – selten sah es in der Halle in den letzten Jahren so aus

Helfen sollen auch die geplanten oder bereits realisierten Tagungszentren. Das Rottacher Seeforum, die Eventarena im Bachmair Weissach, die in diesem Jahr eröffnet werden soll oder die Wiesseer Wandelhalle. Alles “Locations”, die das Tal insgesamt nach vorne bringen. Die dort stattfindenden Tagungen und Firmenveranstaltungen seien übers Jahr verteilt sehr wichtig, wie Georg Overs, Chef der TTT betont.

Eine Konkurrenzsituation zwischen den privaten Tagungsbereichen der Hotels und den teilweise in der öffentlichen Hand liegenden Einrichtungen wie dem Seeforum oder der Wandelhalle, sehen die Verantwortlichen nicht. “Das befruchtet sich eher. Am Ende profitieren alle von einer weiteren Zunahme von Geschäftskunden,” so Moltke.

Lassen sich beide Bereiche verbinden?

Die beiden Bereiche des Individual- und Tagungstourismus sind unterdessen enger miteinander verbunden, als es auf den ersten Blick erscheint. So würden viele Geschäftsleute, die aufgrund einer beruflichen Veranstaltung am Tegernsee waren, auch gerne privat wieder ins Tal zurückkommen. Von dieser Erfahrung weiß auch der Eigentümer der Egerner Höfe zu berichten:

Ich bekomme im Nachgang der Tagungen von vielen Teilnehmern ein sehr positives Feedback und die Zusage, dass sie demnächst auch privat hier Urlaub machen wollen.

Genaue Zahlen wie viele Urlauber tatsächlich über einen Tagungsaufenthalt auf das Tegernseer Tal aufmerksam geworden sind, gibt es aber derzeit noch nicht, wie TTT-Chef Georg Overs betont: “Wir haben in diesem Bereich noch keine genaue Evaluation durchgeführt. Doch wir wissen, dass hier ein wichtiger Zusammenhang besteht.”

Dabei ist es den Hoteliers wie auch den Touristikern wichtig, dass das Gleichgewicht zwischen Individual- und Tagungstourismus nicht gestört wird. Große Veranstaltungen mit bis zu 1.500 Gästen, wie sie die Eventarena im Bachmair Weissach, ausrichten kann, dürften daher auch die absolute Seltenheit sein. Der Tegernsee soll eine klare Nische besetzen: Klein, aber fein und ökologisch verträglich.

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