Tal-Kneipen auf die Finger geschaut

Es ist Donnerstag, spät am Abend. Kurz nach Mitternacht. Drei Beamte der Polizeiinspektion Bad Wiessee machen sich in zivil auf den Weg ins Nachtleben und wollen auf ihrer Runde um den Tegernsee vor allem Jugendschutzkontrollen durchführen.

Der Anlass: nach Mitternacht dürfen Minderjährige ohne Erziehungsberechtigte nicht mehr außer Haus sein.

Unter 18-Jährige sind an diesem Abend in den Pfingstferien allerdings keine unterwegs. Zumindest nicht in den beiden kontrollierten Kneipen. Dafür wird in einer Lokalität geraucht, und in der anderen Kneipe fehlen sämtliche Unterlagen für den Barbetrieb. Es drohen Bußgelder im vierstelligen Bereich.

Präsent sein

Regelmäßig mehrmals im Monat und in der Regel spontan macht sich Regina Reifenstuhl, Jugendbeamtin der Polizei Bad Wiessee, mit zwei Kollegen und manchmal auch zusammen mit einem Vertreter des Jugendamtes auf den Weg zu ihrer nächtlichen Kontrollfahrt.

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Dabei tragen die Polizisten keine Uniform, sondern ganz legere Kleidung. Hätten sie keine Pistole am Hüftgürtel, könnte man meinen, die drei wären ganz normale Barbesucher.

Ein von Jugendlichen spät nachts noch gern genutzter Platz, um sich aufzuhalten. Nur nicht während der Kontrolle.

Doch bevor die Polizisten an diesem Abend zwei Bars aufsuchen, um dort nach dem Rechten zu sehen, drehen sie erst noch eine kleine Runde und fahren von Jugendlichen erfahrungsgemäß gerne aufgesuchte Plätze an. Rottach sei hier am Tegernsee laut Reifenstuhl auf alle Fälle der „Hot Spot“. Dort würde es des Öfteren zu dem einen oder anderen Vergehen kommen.

Dazu zählt nicht zuletzt der Parkplatz zwischen Mc Donald’s und dem Kino in Weissach, direkt an der Ortsgrenze zu Rottach. Nicht selten halten sich dort auch spät in der Nacht noch Jugendliche auf. „Auch die Bushäuschen an den Hauptstraßen kontrollieren wir auf unserer Fahrt um den See“, so Reifenstuhl.

Oft gehe es auch darum, einfach nur Präsenz zu zeigen, betont die Polizeiobermeisterin. Seit vier Jahren arbeitet sie bereits als Jugendbeamtin bei der Polizei in Bad Wiessee. Zwar sind die Polizisten an diesem Abend mit einem zivilen Dienstfahrzeug unterwegs. Doch die Nummernschilder seien bekannt. „Viele wissen, dass wir unterwegs sind.“ Getreu dem Motto: Gesehen und gesehen werden, sorgen die Polizisten alleine durch ihr Vorbeifahren vor Kneipen zumeist für etwas mehr Ruhe.

Zivilbeamte “stürzen” sich ins Nachtleben

Nach ihrer kurzen Kontrollfahrt halten die drei Zivilbeamten auf einem Rottacher Parkplatz und „stürzen“ sich ins Nachtleben. Es ist mittlerweile kurz vor halb ein Uhr nachts. Die Beamten betreten eine Bar. Es ist kaum etwas los. Ein paar wenige Gäste sitzen an der Bar. Zwei rauchen und haben einen Aschenbecher vor sich stehen.

Doch bevor die offensichtliche Ordnungswidrigkeit zur Sprache kommt, durchkämmen Reifenstuhls männliche Kollegen alle Räumlichkeiten der Bar. Die Jugendbeamtin selbst bleibt im Eingangsbereich stehen und meint: „Wir sind mittlerweile ein eingespieltes Team und in dieser Besetzung schon einige Male unterwegs gewesen.“ Jugendliche sind keine ausfindig zu machen. Das freut Reifenstuhl natürlich. Dennoch liegt es auch im Aufgabengebiet der Polizisten, andere Vergehen zu ahnden.

Am Eingang zur Rush Bar in Rottach-Egern

Die Zivilpolizisten geben sich kurzerhand den beiden qualmenden Gästen zu erkennen und kontrollieren zugleich deren Ausweise. Der Aufforderung, das Rauchen einzustellen, kommen sie unverzüglich nach. Gut heißen die Beamten das Vergehen allerdings nicht, und ganz aus der Welt ist die Angelegenheit deswegen auch noch nicht.

Je nachdem, wie das Gewerbeamt die Ordnungswidrigkeit einstuft, droht ein Bußgeld in Höhe von bis zu 1.000 Euro – sowohl für den rauchenden Gast als auch den Wirt. Drei Erstvergehen gegen das Rauchverbot wurden im Jahr 2012 mit Geldbußen zwischen 100 Euro und 250 Euro belegt.

Nach einem kurzen Dialog mit dem einsichtigen Wirt verlassen die Polizisten die Bar wieder. Die Ordnungswidrigkeit soll am nächsten Tag dem Landratsamt mitgeteilt werden. „Wir sind nur für die Kontrolle zuständig“, stellt Reifenstuhl klar und meint: „Was danach passiert, geht uns dann nichts mehr an.“

Wiesseer Wirt hat keine Papiere

Dann geht es weiter nach Bad Wiessee. Die zweite und letzte Kontrolle der heutigen Nacht steht an. Allerdings besteht nun nach der ersten Kontrolle die Gefahr, dass die übrigen Kneipen vor der Ankunft gewarnt werden. „Klar. Das kann gut sein. Auch Taxifahrer geben die Informationen oft weiter. Aber am Ende weiß doch keiner genau, welche Lokalitäten wir noch anfahren“, so Reifenstuhl.

Rauchende Gäste bei der nächsten Kneipe erwarten die Polizisten schon vor dem Eingang. „Das ist schon mal gut“, so ein erstes kurzes Fazit der Beamten. Wieder schwärmen die Polizisten aus. „Früher hätte es hier sicher Probleme wegen des Jugendschutzgesetzes gegeben“, erinnert sich Reifenstuhl.

Dabei würden deutlich höhere Strafen als beim Verstoß gegen das Raucherschutzgesetz drohen. Bußgelder von bis zu 50.000 Euro können gegen Wirte oder Bedienungen, die Alkohol an Minderjährige weitergeben, ausgesprochen werden. Für das Tegernseer Tal sind derzeit beim Gewerbeamt in Miesbach zwei laufende Verfahren anhängig.

Die Prüfzeichen sind mittlerweile angebracht. Bei der Polizei vorstellig geworden ist laut den Beamten allerdings noch niemand.

Doch bei der Kontrolle in Bad Wiessee stellt sich heraus: Vor Kurzem hat es einen Pächterwechsel gegeben. Der neue Wirt ist vorsichtig, was den Jugendschutz betrifft. Und so sind, wie bereits bei der ersten Kneipe in Rottach, auch in Bad Wiessee an diesem Abend keine Minderjährigen vor Ort.

Allerdings fallen den Polizisten sofort mehrere Spielautomaten auf, bei denen scheinbar notwendige Prüfsiegel – sogenannte PTB-Prüfzeichen – fehlen. Zumindest sind die Siegel nicht auf den ersten Blick zu entdecken. In der Kneipe sind vier Automaten aktiv. In einem angrenzenden Raum stehen drei weitere, die derzeit nicht in Betrieb sind.

Die nötigen Papiere für das Aufstellen der Automaten wie auch die erforderliche Konzession, dass die Bar überhaupt betrieben werden darf, ist auf die Schnelle nicht auffindbar. So wird kurzerhand der Barbesitzer telefonisch kontaktiert. In der Zwischenzeit werden Beweise gesichert und Fotos von den Automaten gemacht.

Denn: Grundsätzlich dürfen in Gaststätten nur bis zu drei Spielautomaten aufgestellt werden. Hierfür können Gemeinden sogenannte Geeignetheitsbestätigungen ausstellen. Da der Wirt die Unterlagen auch nicht ohne Weiteres herbeischaffen kann, muss er am nächsten Tag bei der Polizei vorstellig werden und diese nachreichen.

Beleidigungen an der Tagesordnung

Die Gäste, die bei der Ankunft der Zivilbeamten zum Teil noch mitten im Spiel waren, zeigen sich währenddessen wenig begeistert von der Kontrolle und überziehen die Beamten mit Beleidigungen. Solche Äußerungen „überhöre“ man schon einmal, sagt Reifenstuhl. Ihr Vorgesetzter Wilhelm Sigel betont allerdings: “Es gibt auch hier eine Schmerzgrenze, und dann gibt es schnell mal eine Strafanzeige wegen Beleidigung.”

Viel wichtiger sei jedoch, dass an diesem Abend trotz Schulferien keine Minderjährigen angetroffen worden sind. „Das ist ein gutes Gefühl, mit dem man gerne nach Hause fährt“, so die Jugendbeauftragte gegen halb zwei.

Für uns bedeutet das: Arbeitstag beendet. Für die Wiesseer Beamten geht die Nachtschicht noch bis 06.30 Uhr weiter. Erst dann ist endgültig Schluss.

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