Anke M.* (Name auf Wunsch geändert) lebt am äußersten Ende des Tals in Glashütte. Ihre Arbeitsstelle liegt in Ismaning bei München, gute 80 Kilometer von ihrer Heimat entfernt. Sie wohnt noch bei ihren Eltern. 160 Kilometer jeden Tag. Sie fährt einen zehn Jahre alten Diesel, der sie nach fünf Tagen zum Tanken zwingt. Seit dem Überfall der Russen auf die Ukraine müsste Anke M. im Schnitt bis zu 30 Euro mehr pro Füllung, also 120 Euro Zusatzkosten im Monat in Kauf nehmen, böge sie am frühen Morgen auf eine Tal-Tanke ein. Aber Anke ist schlau: “Ich fahre am Wochenende früh nach Achenkirch, gehe mit meinem Hund spazieren und tanke bei einem Literpreis von 1.65 Euro.”
Warum ist der Diesel-Treibstoff so teuer geworden? Im Moment ist der Preisanstieg zeitlich eng mit dem Angriff Russlands auf die Ukraine verknüpft. Noch am 23. Februar, also am Tag vor dem Angriff, hatte Diesel „nur“ 1,67 Euro je Liter gekostet, danach ging die Preiskurve steil nach oben.
Warum ist der Diesel so teuer?
Seit der Invasion Russlands in die Ukraine verteuerte sich der Öl-Preis (Brent) um rund ein Drittel, nachdem er bereits in den Wochen davor angezogen hatte. Seit Ende 2021 zog der Kurs um rund zwei Drittel an. Ähnlich sieht die Entwicklung beim Preis für ein Fass der US-Sorte West Texas Intermediate (WTI) aus. Am Montag zog der WTI-Preis um gut neun Prozent oder rund 11 Dollar auf über 126 Dollar an, nachdem er zuvor erstmals seit 2008 zeitweise über der Marke von 130 Dollar gelegen hatte.
Ein weiterer Grund: Gasöl. Das ist ein Vorprodukt für die Herstellung von Diesel und Heizöl. Hier war besonders der Preis auf dem Weltmarkt in den vergangenen Tagen gestiegen. Das galt auch für Rohöl. Aber der Preisanstieg beim Gasöl war noch stärker. Analysten der Commerzbank hatten das auf die Angst vor möglichen Sanktionen gegen russische Raffinerien zurückgeführt.
Unser Diesel stammt zudem unmittelbar aus Russland. Derzeit ist von einem Anteil von ungefähr 15 Prozent am Gesamtmarkt die Rede. Ein Importverbot für Diesel aus Russland besteht – noch – nicht. US-Außenminister Antony Blinken hatte am Wochenende neue Strafmaßnahmen gegen Russland ins Spiel gebracht: „Wir sprechen jetzt mit unseren europäischen Partnern und Verbündeten, um auf koordinierte Weise die Aussicht auf ein Verbot der Einfuhr von russischem Öl zu prüfen“, sagte Blinken am Sonntag.
Die letzte Option: Ösiland?
Verdammte Ösis, warum ist das bei denen so “billig”? Haben die mit Putin einen Extra-Deal? Sachertorte gegen Öl? Nein, Krieg hin oder her: Mutti Austria greift ihrem Bürger deutlich weniger in die Tasche wie Vater Staat in Deutschland. Überspitzt: Visionäre Öko-Gesetze werden in Städten von Städtern für Städter gemacht. Hier ist der ÖPNV eine dufte Alternative, aber hier auf dem Land schlagen sie voll in die Kasse der Bürger.
Glückliches Österreich
Die Steuerbelastung bei unseren Nachbarn ist geringer. Keine CO2-Abgabe: Klingeling, da rattern in Deutschland die Staatskassen, und pro Liter Benzin werden sieben Cent fällig. Auch bei der Mineralölsteuer will Wien weniger als Berlin vom Bürger haben. Sie ist spürbar niedriger, meist um 10 bis 12 Cent pro Liter.
Seit Jahren schon kritisieren Experten diesen dadurch entstehenden Tanktourismus, der immerhin bis zu 30 Prozent des gesamten Tankstellenumsatzes unseres kleinen, gierigen Bergvolks ausmacht. Ironie: Eine CO2-Abgabe sorgt für mehr Verkehr und somit für mehr Emissionsbelastung. Dieser Tage werden diese Zahlen noch weiter in die Höhe gehen. Denn Pendler wie Anke M. sind nahezu ohne Alternative.
- Zug? Die BOB ist für die Pendlerin ein Witz.
- Umziehen in den Münchner Speckgürtel? Finanziell illusorisch.
- Neues Auto, Elektro gar? Der Gebrauchtwagenmarkt ist speziell für Stromer ausgetrocknet.
Da bleibt der Pendlerin, wie so vielen ihrer Leidensgenossen nur eines: Weiter mit dem Hund in Ösiland spazieren gehen und dort auch tanken.
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