Tegernseer Firma in schwerer See

Gestern begann vor dem Landgericht München II der Prozess gegen Dieter R. Der frühere Vorstand der Capital-Forum AG wird beschuldigt, einen Kunden um knapp zwei Millionen Euro gebracht zu haben. Folgt das Gericht der Anklage, ist der Fortbestand der Tegernseer Firma nach eigenen Angaben „gefährdet“.

Richter Achim von Engel ermittelt am Müncher Landgericht in diesem Fall
Achim von Engel ist der Staatsanwalt der Anklage. Der Fall gegen Dieter R. wird derzeit vor dem Münchner Landgericht verhandelt.

Die Capital-Forum AG in der Schwaighofstraße ist keine Unbekannte. Aufsichtsratsvorsitzender ist der Chef der Egerner Höfe, Dieter Graf von Moltke und Rainer Leidecker als Vorstandsvorsitzender. Beide dürften wenig erfreut darüber sein, dass der ehemaliger Vorstandskollege Dieter R. als Beschuldigter ihre Vermögensberatungsfirma mit auf die Anklagebank brachte.

Wie mehrfach berichtet, wird dem 55-Jährigen vorgeworfen, dem Ehepaar Siegfried und Eva S., die einst in Tegernsee lebten und nun am Lake Michigan in den USA, überteuerte Fonds zur Geldanlage angedreht und ihr Schweizer Konto leergeräumt zu haben. Statt der von R. abgezweigten knapp vier Millionen Euro, hatten die Fonds CF Spezial FIS One laut Anklage nur einen Wert von gut zwei Millionen Euro.

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Dies ermittelte bei Hausdurchsuchungen in Tegernsee und Rottach-Egern einer, der sich hier auskennt: Achim von Engel. Er brachte bereits Uli Hoeneß mit seinen Steuerhinterziehungen zu Fall. Engel ist Experte im Wirtschaftsstrafrecht. Seine Anklage im Fall Dieter R. umfasst zwar nur zwei Seiten, doch die haben es in sich. Der Angeschuldigte habe in „sechs selbstständigen Handlungen eingeräumte Befugnisse über fremdes Vermögen verletzt“ und Vermögensinteressen in den Jahren 2011 – 2013 benachteiligt. Den genauen Schaden beziffert Engel auf 1.975.335 Euro.

Hohe Schadensersatzforderungen drohen

Sieht das Gericht dies ähnlich, könnten auf die Capital-Forum AG hohe Schadensersatzansprüche zukommen, wie Leidecker schon in der letzten Bilanz befürchtete. Ohnehin geht es seiner Vermögensverwaltung nicht besonders, sie wurde nach 21 Jahren eingestellt, das Münchner Büro aufgelöst und die Vermögensverwaltungslizenz musste an die Bafin, der Finanzmarktbehörde, zurückgeben werden. Dies sei nötig geworden, so Moltke und Leidecker in der letzten öffentlich verfügbaren Bilanz, „aufgrund überraschender und kurzfristiger aufsichtsrechtlicher Vorgaben im Bereich der Eigenkapitalausstattung“.

Das Jahr 2015 sei vom „pflichtwidrigen Verhalten“ des ehemaligen Vorstandsvorsitzenden und jetzigen Angeklagten Dieter R. „geprägt“ gewesen. Dadurch seien der Gesellschaft „hohe Rechtsanwalts- und Abschluss- bzw. Prüfungskosten von mehr als EURO 250.000,00“ entstanden, sowie die Notwendigkeit, eine zusätzliche Rückstellung für mögliche Schadensersatzansprüche zu bilden. „Aus Sicht des Vorstands bestehen begründete rechtliche Bedenken gegen die gerichtlich geltend gemachten Ansprüche gegen die Capital-Forum AG“, so die Aussage in der Bilanz, „so dass für diese eine Rückstellung nicht in Höhe des vorläufigen Streitwertes, sondern in Höhe von EURO 300.000,– gebildet wurde“.

Ist der Bau der „Seeperle“ in Rottach-Egern gefährdet?

Besser läuft es offenbar bei dem anderen Geschäftsfeld der Firma, dem Immobilienbereich. Dieser habe sich 2015 „erfreulich entwickelt“. Es sei davon auszugehen, dass sich diese Entwicklung „weiter fortsetzen“ werde. Doch ein Wermutstropfen bleibt. „Die aus aufsichtsrechtlichen Gründen notwendige Veräußerung der Beteiligung an der „Projektgesellschaft Seestr. 19-21 Rottach-Egern GmbH & Co. KG“ hat sich leider nicht wie geplant umsetzen lassen“, so heißt es in der Bilanz vom Dezember 2016.

Vielleicht ist dies der Grund dafür, warum der geplante Abriss und Neubau der Seeperle in der Rottacher Seestraße bisher immer noch nicht über die Bühne ging. Denn die „Projektgesellschaft Seestr. 19-21“ ist nun Bauherrin des geplanten Hotels. Deren Akteure werden allerdings gespannt auf den Freitag blicken, dann soll das Urteil gegen Dieter R. gesprochen werden. R. zeigt sich geständig. Ein Ermittler erklärt am Montag vor Gericht: „Er hat eingeräumt, einen großen Fehler begangen zu haben“. Sollte Richterin Michaela Welnhofer-Zeitler der Anklage vollumfänglich folgen, drohen R. drei Jahre Haft.

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