Tegernseer Klatsche für Söder

Heimatminister Markus Söder ist mit seinem Entwurf für ein neues Landesentwicklungsprogramm auf viel Kritik gestoßen. Und das nicht nur bei der Opposition. Seine Planungshoheit sieht auch der Tegernseer Stadtrat und dessen CSU-Bürgermeister bedroht.

Markus Söder bei bester Stimmung im August in Tegernsee.
Markus Söder bei bester Stimmung im August in Tegernsee.

Mehr wirtschaftliches Wachstum, weniger Reglementierung durch Vorschriften und Umweltauflagen, so soll das Landesentwicklungsprogramm (LEP) künftig auch entlegeneren ländlichen Gebieten nützen. CSU-Heimatminister Markus Söder will mit der Fortschreibung des LEP neben den Ballungsräumen auch den strukturschwachen ländlichen Gegenden in Bayern zu mehr Wirtschaftsentwicklung verhelfen. Starre Vorgaben des LEP aus der Vergangenheit sollen dafür flexibler gemacht werden. Damit sollen Wachstum und Arbeitsplätze, vor allem für die Menschen auf dem Land und in strukturschwachen Gebieten, entstehen.

Weniger Reglementierung aus München, mehr Mitsprache vor Ort. Söders Ziel sei eine Demokratisierung der Landesplanung. Wie die Heimat aussehe, sollten aber auch diejenigen mit entscheiden dürfen, die dort leben, so seine Idee. Dabei will der Minister weite Teile der zentralen Orte Bayerns aufwerten und die Lebensverhältnisse bayernweit angleichen. Junge Leute sollen damit motiviert werden, nicht in die Stadt zu ziehen.

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„Freibrief für Flächenverbrauch“

Für den Heimatminister soll der ländliche Raum nicht unter einer Käseglocke versinken. Wenn auch München, Nürnberg und Augsburg zu Metropolen erklärt werden, so ist Söders Vorstellung, dass im ländlichen Raum Gewerbegebiete leichter als bisher auch außerhalb bestehender Siedlungen errichtet werden können. Dafür hat er den neuen Begriff “Anbindungsgebot” ausgegeben.

Doch darin sah der Stadtrat in Tegernsee, der sich jüngst mit Söders Entwurf befasste, eine Art Mogelpackung. Denn mit dem Anbindungsgebot würde der Kommune die Planungshoheit genommen werden, war die einhellige Meinung am Ratstisch. Martina Niggl-Fisser (BürgerListe):

Für mich ist dies ein Freibrief für den Flächenverbrauch. Gewerbeflächen auf der grünen Wiese, wie sie das LEP vorsieht, brauchen wir nicht. Auch der Zugriff auf Naturschutzgebiete werde damit erleichtert.

SPD-Stadtrat Peter Schiffmann sieht in Tegernsee wenig Flächen, für die dies relevant sein könnte. „Durch das Anbindungsgebot wird die Handlungsfreiheit der Kommunen sehr stark eingeschränkt“, kritisierte dagegen Bürgermeister Johannes Hagn (CSU). Bei der Lage zwischen See und Berg komme für die Stadt irgendwann einmal bei einem kleinen Gewerbegebiet die Notwendigkeit, es dort errichten zu können. „Ohne dass ich irgendeines schon im Auge habe“, schob er schnell zur Beruhigung aller nach.

Tegernsees Johannnes Hagn, sein Stellvertreter Heino von Hammerstein und der Stadtrat.
Tegernsees Johannnes Hagn, sein Stellvertreter Heino von Hammerstein und der Stadtrat.

„Ich halte es nicht für in Ordnung, wenn man auf der einen Seite die Metropolregionen stärken will und dort die Schwerpunkte sieht“. Auf der anderen Seite hätten die Kommunen nicht die Möglichkeit, sich maßvoll zu entwickeln. Christine Laprell (CSU) sieht Söders Papier auch eher als einen Rückschritt in der Entwicklung und verwies auf die negativen Auswirkungen einer Zentralisierung. „Während sich in München die Menschen auf kleinstem Raum drängen, ist dagegen auf dem Land die Infrastruktur vorhanden. Deswegen bin ich gegen eine Monopolisierung“, so Laprell.

Kleineren Kommunen dürfe nicht die Möglichkeit genommen werden, sich städtebaulich und wirtschaftlich entwickeln zu können, „wenn man dem Anspruch des LEP gerecht werden möchte, überall gleichwertige Lebens- und Arbeitsbedingungen zu erreichen“, so der Beschlussvorschlag, der einstimmig angenommen wurde.

Gefährdete Ressourcen des Tales

Einem anderen Vorschlag Söders in seinem LEP-Entwurf ging es nicht besser: die Einstufung Münchens als Metropole. „Dies dürfe nicht dazu führen“, so Hagn in seiner Stellungnahme, dass „Ressourcen aus dem Umland abgezogen würden. Wie zum Beispiel bei der Trinkwasserversorgung, oder kulturelle Einrichtungen außerhalb der Metropolen nicht gleichermaßen zu fördern, oder Investitionen zu Infrastrukturmaßnahmen auf die Metropole zu konzentrieren“.

Beispiele dafür seien Diskussionen zum 30-Minuten-Takt oder neue Haltestellen für die BOB. Eine verbesserte Anbindung mit der Bahn käme auch der Metropole zugute. „Die Konzentration auf Metropolen steht im Widerspruch zum Anspruch des LEP, gleichwertige Lebens- und Arbeitsbedingungen in allen Landesteilen zu erreichen“, stellte sich Hagn gegen Teile von Söders Vorstellungen.

Bis Dienstag muss die Stellungnahme Tegernsees abgegeben werden. Ende des Jahres will Söder den Entwurf unter Dach und Fach gebracht haben. Offensichtlich ein ehrgeiziges Ziel, angesichts der anhaltenden Kritik.

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