Tolle Lage, aber der Lack ist ab

„Einst war es eines der besten Häuser in Deutschland. Wegen des Nightclubs ist man sogar aus München rausgefahren“, beschreibt Rottachs Bürgermeister Franz Hafner den Ruf des Hotels.

Heute dagegen werden die Zimmer des Bachmair am See bereits beim Billiganbieter Lidl-Reisen verhökert. Ein Indiz dafür, in welch schwieriger Lage sich das einstige Fünf-Sterne-Hotel befindet.

Das Hotel Bachmaier zählte einst als erstes Haus am Platz.
Das Hotel Bachmair am See war einst das erste Haus am Platz.

Indikator dafür ist nicht nur der Hotelparkplatz, so Franz Hafner: „Früher gab es immer wieder Parkplatzprobleme für Gäste. Diese gibt es nun nicht mehr.“ Ein anderes Merkmal sind die recht eindeutigen Gästebewertungen, ob bei Tripadvisor, Holidaycheck oder Trivago. Sie reichen von „nettem Personal, tollem Frühstück und ruhiger Lage“ bis zu vernichtenden Urteilen wie:

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„Der Lack ist ab, Lifting mehr als überfällig, eine Enttäuschung, ungepflegtes Gebäude, durchgelegene Matratzen, das Hotel ist nur noch ein Schatten seiner selbst.“ „Das einst stolze und edle Bachmair ist zu einem erschreckenden Ort der Verwahrlosung heruntergekommen“, schreibt ein „junges Paar“ noch Ende Juli 2013. Fazit vieler Eintragungen: Die Lage entschädigt nicht für den negativen Gesamteindruck.

Selbst die Erwiderungen auf diese Kritiken durch den Leiter „Front Office“ des Hotels, Christian B., sprechen Bände: „Es ist korrekt, dass die Hoch-Zeiten des Hotels in der Vergangenheit liegen“. An anderer Stelle heißt es: „Sie haben leider Recht, dass in der Vergangenheit nur wenig zum Erhalt des Hauses getan wurde. Inzwischen haben wir jedoch mit der Renovierung begonnen, die ersten Teppiche wurden getauscht.“

Der Chef steht nicht für Interviews zur Verfügung

„Hoteleigentümer Karl Rauh hat sich nicht träumen lassen, dass die Zimmer so im Argen liegen“, räumt Heidi Leins gleich zu Beginn des Gesprächs ein, dessen Zustandekommen sich über Wochen hinauszögert. Begründet werden die Verschiebungen immer wieder mit dem Gesundheitszustand des 84-jährigen Hotelpatriarchen Rauh, „der immer das letzte Wort hat“, sagt seine rechte Hand Leins bei einem Rundgang durch den mehrteiligen Gebäudekomplex mit über 250 Zimmern.

Ein Gespräch mit ihrem Chef sei dennoch nicht möglich. Die Fragen könnten danach schriftlich eingereicht werden. Ein paar Zahlen gibt Heidi Leins, die seit 35 Jahren im Hotel wirkt, aber preis: „Wir mussten viel in den Brandschutz investieren, etwa 400.000 Euro in den letzten beiden Jahren. Auch die Erneuerung der Heizungsanlage steht an. Die Angebote liegen bei 320.000 Euro.“

Bis zu 1.500 Euro kosten die Suiten pro Nacht.
Bis zu 1.500 Euro kosten die Suiten pro Nacht.

Diese Runderneuerung der Heizung ist wohl dringend geboten, denn bei der von Heidi Leins geleiteten Führung fällt sofort die Überhitzung zahlreicher Räume auf, die sich auch in den Gästebewertungen niederschlägt. Ein weiteres Manko des Hotels ist, „dass vor allem von amerikanischen Gästen beklagt wird“, so Leins, „dass das Haus keine Klimaanlage hat“. Teilweise behilft man sich mit Ventilatoren in den Zimmern, auch in den Luxussuiten mit Seeblick, die gezeigt werden. Hier würden vor allem russische Gäste residieren, für 1.500 Euro die Nacht.

Geboten bekommen sie dafür entsprechenden Luxus: zwei Schlaf- und zwei Ankleideräume, ein Wohnzimmer, zwei Bäder mit Sauna, Wellness-Landschaft und Whirlpool. Doch auch hier, wie überall im Hotel, fällt die Fülle von Stoff auf, ob Schabracken, überbordende Vorhänge oder Himmelbetten. Dies sei Rauhs Liebe, meint seine Vertraute Leins. Sieht man genauer hin, so drängt sich dem Betrachter das Gefühl von verstaubter Geschichte in Möbeln, Teppichböden und Betten auf.

Abgewohnte Zimmer

Weniger nobel wird es dann im hinteren Bereich des Hotels. Vor allem der Neubau aus den 70er Jahren mit 75 Zimmern stehe in der Kritik, so Leins. Sie deutet auf Holzteile, an denen der Lack abplatzt. Vieles wirkt abgewohnt, ob Teppichböden oder Einrichtung. Im Bad mit Fliesen aus der Entstehungszeit gibt es noch nicht einmal Mischbatterien. Während in den besseren Zimmern alles fotografiert werden durfte, sind hier keine Fotos erlaubt.

Doch diese kursieren bereits von Gästen im Internet. Hier hat offenbar die „Devise des Hotels“ noch keinen Einzug gehalten: „In allen Zimmern findet die Kombination aus Eleganz und Stil ihre würdige Fortsetzung.“

In den günstigen Kategorien wurde lange nicht mehr investiert. Foto:
In den günstigen Kategorien wurde lange nicht mehr investiert / Foto: Holidaycheck

Heidi Leins ist es ein Anliegen, dass sie auch noch das Sportzentrum zeigen kann. Dieses sei „aufgemöbelt“ worden – überholte Fitnessgeräte auf neuen Teppichen. Dagegen sei aber die Badeerlebnislandschaft noch außer Betrieb. Genauso wie der Nightclub. „Der war im Juni-Hochwasser komplett geflutet“, erklärt Leins. Der Schaden belaufe sich auf circa eine halbe Million Euro. Mit der Renovierung soll erst im Sommer begonnen werden. Es gibt also noch etliche „Baustellen“ im weitläufigen Haus.

„Das Hotel ist seit 25 Jahren ein Thema, immer wieder gibt es Gerüchte über den Verkauf“, weiß Franz Hafner. Auch der Tegernseer Milliardär Thomas Strüngmann hatte Interesse gezeigt, wie er gegenüber der Tegernseer Stimme bestätigte: „Vor mehr als sieben Jahren wurde mir das Hotel Bachmair über einen Makler zum Kauf angeboten. Es scheiterte an den Kaufpreisvorstellungen.“

Stimmt nicht, entgegnet Karl Rauh: „Unser Haus wurde zu keinem Zeitpunkt zum Verkauf angeboten. Interessenten kamen dennoch immer wieder auf uns zu.“ Wie auch immer, ein Investor muss viel Geld für das 42.000 Quadratmeter große Areal in dieser Premium-Lage in die Hand nehmen. Allein die Renovierungen in den vergangenen fünf Jahren verschlangen „durchschnittlich zwischen 800.000 und 1,5 Millionen Euro jährlich“, teilt Rauh auf schriftliche Anfrage mit. Er wolle aber das Hotel so lange mit seiner Frau und seinen Kinder betreiben, wie sie noch Freude daran haben.

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