Tourismus-Fusion: Wer zahlt wie viel wofür?

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Die Fusion von ATS und TTT zu einer gemeinsamen Tourismusorganisation ist derzeit in aller Munde. Vor allem die Kosten und die künftige Organisationsstruktur sehen viele Gemeinderäte im Tal kritisch. So muss Kreuth, neben Schliersee, landkreisweit künftig als Einzige mehr bezahlen. Doch auch die anderen Kommunen würden gerne wissen, für was ihr Geld künftig ausgegeben wird.

16 der 17 Kommunen im Landkreis haben in den letzten zwei Monaten darüber abgestimmt, ob sie sich eine Zusammenlegung von TTT und ATS grundsätzlich vorstellen können. Während sich unter anderem Tegernsee und Bad Wiessee einstimmig dafür aussprachen, fiel das Votum pro Fusion in Rottach-Egern und Kreuth deutlich knapper aus.

Vergangene Woche sorgte dann der Schlierseer Gemeinderat für Aufregung. Dort steht man zwar einer Zusammenlegung von Vertriebs- und Marketingstrukturen positiv entgegen, ist aber mit dem Aufbau des neuen Tourismusverbandes unzufrieden und fordert, auch Alternativen zu prüfen. Vor allem die Kostenverteilung und die Frage, wie die finanziellen Mittel der gemeinsamen Dachorganisation künftig eingesetzt werden, wirft bei vielen Gemeinderäten Fragen auf.

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So wird die neue Tourismusorganisation finanziert

Grundsätzlich wird die ATS künftig über zwei Säulen finanziert: Das Gesamtbudget von drei Millionen Euro wird vom Landkreis (künftig 850.000 Euro, bislang 600.000 Euro), einer Basisumlage aller 17 Landkreiskommunen (1,73 Millionen Euro) und einer Premiumumlage von 500.000 Euro der Talgemeinden gespeist. Letztere soll dann ausschließlich für das Marketing des Tegernseer Tals verwendet werden und wurde auch bisher von den Talkommunen in die TTT einbezahlt.

Die Verantwortlichen Cornelius Obier, Harald Gmeiner und Georg Overs werben im gesamten Landkreis für die neue Tourismusdachorganisation. Gerade was die Kostenverteilung betrifft, müssen sie besondere Überzeugungsarbeit leisten.
Die Verantwortlichen Cornelius Obier, Harald Gmeiner und Georg Overs werben im gesamten Landkreis für die neue Tourismusdachorganisation. Gerade was die Kostenverteilung betrifft, müssen sie besondere Überzeugungsarbeit leisten

Der Anteil an der Basis- und der Premiumumlage richtet sich bei jeder Gemeinde nach den Übernachtungszahlen. Bislang basierte der Finanzierungsschlüssel auf Berechnungen aus den 50er-Jahren. Dieser soll nun an die aktuellen Gegebenheiten angepasst werden. „Das muss sich ändern“, sagte beispielsweise TTT-Geschäftsführer Georg Overs bereits im Juni dieses Jahres. Schließlich seien die Übernachtungs- und Gästezahlen heute ganz andere als damals. Geplant ist demnach, dass der Schlüssel alle drei Jahre modifiziert werden soll.

Die Verlierer Kreuth und Schliersee

Nach dem neuen Schlüssel gibt es neben einigen Gewinnern auch zwei große Verlierer. Kreuth und Schliersee zahlen künftig als einzige Kommunen im Landreis mehr, alle anderen kommen günstiger weg. So muss Kreuth zukünftig 448.000 Euro im Jahr für ein zentrales Tourismusmarketing durch die ATS bezahlen. Bislang zahlten die Kreuther noch 395.000 Euro pro Jahr in den Topf der TTT.

„Kreuth ist nun einmal eine Gemeinde mit einer überschaubaren Finanzkraft. Vielleicht können wir uns diese Form von Tourismus einfach nicht leisten“, so die Meinung von Gemeinderat Markus Wrba (FWG) in der jüngsten Sitzung des Gemeinderates. Und auch Wolfgang Rebensburg gab vergangene Woche auf einer Veranstaltung der Freien Wähler zwar zu, dass Kreuth in den vergangenen Jahren gemessen an Übernachtungen wohl zu wenig bezahlt habe, man nun aber von einem Extrem ins andere falle.

In der Tat bedeutet die Mehrbelastung von jährlich 53.000 Euro für den mit nur sechs Millionen Euro vergleichsweise kleinen Gesamthaushalt eine erhebliche Mehrbelastung. Aus diesem Grund brachte Rebensburg vergangene Woche dann auch alternative Berechnungsmodelle ins Spiel, die neben den Übernachtungen auch die Finanzkraft einer jeden Gemeinde mit berücksichtigen.

Der Kreuther Gemeinderat beschloss am gestrigen Donnerstag, den 9. Februar, Steuererhöhungen und verabschiedete den Haushaltsplan 2012.
Der Kreuther Gemeinderat sprach sich zwar für die geplante Fusion aus, die Mehrbelastung wurde jedoch intensiv diskutiert

Auch in Schliersee würde man das wohl unterstützen. Die Schlierseer müssen künftig deutlich tiefer in die Tasche greifen als bisher. So steigt der Aufwand von bisher 553.000 Euro auf nun 612.000 Euro im Jahr. Neben den Gemeinden, die künftig mehr bezahlen sollen, sind aber auch die anderen Kommunen nicht vorbehaltlos mit den Fusionsplänen einverstanden.

So zahlen zwar Tegernsee und Gmund zusammengenommen rund 180.000 Euro weniger pro Jahr. Doch gerade beim Marketingbudget in Höhe von drei Millionen Euro sind sich viele Räte nicht sicher, wie die Gelder tatsächlich verwendet werden.

Schlagkräftiger?

Die Kritiker monieren vor allem, dass die Personalkosten den größten Teil dieser Summe verschlingen. Und ATS-Geschäftsführer Harald Gmeiner hatte mit der Aussage „Entlassungen wird es im Zuge der Fusion keine geben“ im Juni 2013 diese Befürchtungen noch weiter befeuert. Ein konkretes Organigramm, das Aufschluss darüber geben könnte, welche Posten es in der neuen Dachorganisation geben wird, wollen die Verantwortlichen erst präsentieren, wenn alle Gemeinden im Landkreis sich im Grundsatz für eine Fusion ausgesprochen haben.

Erst dann wird es im Detail darum gehen, wie die Struktur der neuen Organisation endgültig aussehen wird. Besonders die Freien Wähler äußern an dieser Vorgehensweise immer wieder massive Kritik. „Bei so unterschiedlichen Strukturen, wie wir sie im Landkreis vorfinden, ist es besonders wichtig, zuerst ein schlüssiges Konzept zu präsentieren und dann darüber abstimmen zu lassen“, meinte beispielsweise der Kreuther Gemeinderat Markus Wrba in der vergangenen Woche.

Und auch in den Augen von Rottachs Gemeinderätin Gabriele Schultes-Jaskolla seien echte Alternativen zu dieser Art von Fusion nie in Erwägung gezogen worden. Die große Frage wird daher sein, ob der Zusammenschluss, wie von Georg Overs und Harald Gemeiner oft angeführt, „die Schlagkraft und Effizienz des Tourismus im Landkreis deutlich erhöhen“ oder aber zu einer aufgeblähten Struktur ohne klare Kompetenzaufteilung führen wird. TTT-Geschäftsführer Georg Overs sieht dieses Problem allerdings nicht:

„Derzeit beschäftigen wir im Landkreis 60,4 Vollzeitstellen. Das wird sich auch nach der Fusion nicht ändern. Wir wollen aus den vorhandenen Strukturen dann einfach noch mehr rausholen.“

Und auch den Vorwurf, dass ein zu großer Anteil des Budgets in Personalkosten fließt, konnte Overs heute auf Nachfrage nicht so ganz nachvollziehen. „Das ist auch jetzt schon der Fall“, so der TTT-Chef. „Die Arbeitskräfte, die sich ausschließlich mit Onlinemarketing oder Öffentlichkeitsarbeit beschäftigen, werden natürlich auch dem Marketingbudget von drei Millionen Euro zugeordnet.“

Gemeinderäte fordern klare Organisationsstruktur

Ganz überzeugt sind die Gemeinderäte im Tal von diesen Ausführungen jedoch nicht. Auch in Rottach-Egern und Tegernsee will man daher ‒ wenn es um die Details geht ‒ noch mal ganz genau hinschauen, wie beispielsweise Andreas Obermüller, Stadtrat in Tegernsee erklärt.

„Es gibt viele Menschen, die befürchten, dass die Organisation sehr groß wird. Da muss man für mehr Transparenz sorgen. Wer arbeitet für wen? Wie sind die Gewichtungen? Da muss man einfach wissen, was passiert.“

Egal, ob die Gemeinden also künftig mehr oder weniger für das landkreisweite Tourismusmarketing bezahlen müssen, wollen gegenwärtig alle ganz genau wissen, wo ihr Geld hinfließt und wofür es konkret ausgegeben wird. Klar beantworten kann oder will diese Frage aber im Moment noch niemand.

Hier der bisherige und der zukünftige finanzielle Aufwand der fünf Talgemeinden und Waakirchen:

Bad Wiessee: jetzt: 1.027.808 Euro, zukünftig: 962.000 Euro, -65.646 Euro
Rottach-Egern: jetzt 751.000 Euro, zukünftig: 722.661 Euro, -28.454 Euro
Tegernsee: jetzt: 559.777 Euro, zukünftig: 478.855 Euro, -80.922 Euro
Gmund: jetzt: 253.063 Euro, zukünftig: 155.835 Euro, -97.228 Euro
Kreuth: jetzt 394.904 Euro, zukünftig: 447.722 Euro, +52.818 Euro
Waakirchen jetzt: 10.812 Euro, zukünftig: 0 Euro, -10.812 Euro

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