Traditionstheater in Not

Der Freistaat Bayern hat der Ludwig-Thoma-Bühne in Rottach-Egern die Förderung gestrichen. Jetzt fehlen dem Traditionstheater rund 6.000 Euro im Jahr.

Vorerst springt die Gemeinde ein. Doch die Probleme liegen tiefer. Die Bühne spricht die Rottacher Zuschauer nicht mehr an. Einen Umzug schließt der Leiter jedoch aus.

Die Ludwig-Thoma Bühne hat eine lange Geschichte.
Die Ludwig-Thoma-Bühne hat eine lange Geschichte.

Mehr als 110 Jahre kann man die Geschichte der heutigen Ludwig-Thoma-Bühne zurückverfolgen. Damals gründete Michael Dengg die Tegernseer Bauernbühne. Der damals noch unbekannte „Kiem Pauli“, der zum wichtigsten Volksliedersammler seiner Zeit in Oberbayern werden sollte, war der erste Musiker. 1910 sollte dann sogar ein Werk von Ludwig-Thoma in Egern uraufgeführt werden, und in den 70er-Jahren erhielt die Bühne sogar das Prädikat „künstlerisch hochstehend“.

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Doch diese rosigen Zeiten sind vorbei. Heutzutage ist die Bühne nur noch spärlich besucht. Rund 60 Zuschauer kommen durchschnittlich noch in die Vorstellungen. Vor einigen Jahren hingegen sei der Durchschnitt noch bei rund 75 Zuschauern gelegen, berichtet Michael Janiczek, der Leiter der Ludwig-Thoma-Bühne.

Zuschauer bleiben fern

Die Probleme sind vielschichtig. Jedes Jahr wird ein neues Stück eingeübt. So wechselt das Programm zwar alle paar Jahre durch. Doch dies sei ein eher langsamer Prozess, wie Janiczek zugibt. Ein schnellerer Stücke-Wechsel ist jedoch kaum möglich.

Man arbeite mit einem festen Stamm an Musikern und Künstlern zusammen, berichtet der Leiter. Diese seien auf bestimmte Stücke spezialisiert. Für neue Stücke müsse zunächst geprobt werden. Doch hier sei es schwierig, gemeinsame Termine zu finden. „Natürlich ist das auch ein Kostenfrage“, macht Janiczek klar.

Ein weiterer Punkt ist, dass das klassische Bauerntheater laut dem Experten eher etwas für ältere Zuschauer sei. „Unsere traditionellen Zuschauer brechen uns hier immer mehr weg“, weiß Janiczek. Die Thoma-Bühne verbinde man mit dem klassischen Volkstheater. Die Einheimischen würden dagegen eher zu den Theatern der Vereine gehen, wie beispielsweise dem Hirschbergler Theater.

Freistaat streicht Förderung

Zu all diesen Problemen kommt jetzt noch ein weiteres hinzu: Der Freistaat Bayern hat dem Theater ab 2015 die jährliche Förderung von 6.000 Euro gestrichen, die das Rottacher Theater seit 40 Jahren bekommen hat. Gefördert werden seit Kurzem nur noch Einrichtungen mit mehr als 100 Vorstellungen im Jahr. Die Thoma-Bühne veranstaltet jedoch nur ein Viertel davon.

Auf der Bühne arbeitet ein fester Stamm aus Musikern und Künstlern zusammen.
Auf der Bühne arbeitet ein fester Stamm aus Musikern und Künstlern zusammen.

Vorerst springt die Gemeinde dafür – zumindest zum Teil – in die Bresche. Zusätzlich zu den 4.000 Euro, die die Gemeinde ohnehin schon zuschießt, stellte der Gemeinderat noch einmalig 3.000 Euro mehr zur Verfügung. „Es ist eine schwierige Situation. Ich sehe derzeit keine Möglichkeit, die Finanzierungslücke anderweitig aufzufangen“, betont Janiczek.

Bürgermeister Christian Köck (CSU) unterstrich im Zuge der Entscheidung noch eimal die Bedeutung der Bühne für den Ort. Die Besucherzahlen sahen aber auch die Räte als Knackpunkt. „Wir sollten schauen, was getan werden kann, dass mehr Menschen hingehen“, forderte Anton Maier (CSU).

Kein Umzug nach Wiessee

Eine Lösung könnte ein Umzug der Bühne nach Bad Wiessee sein. Während der Renovierung des Seeforums gastierte das Theater dauerhaft im Gasthof zur Post. Damals hatte man einen Zuschauerdurchschnitt von 95 Leuten, berichtet Janiczek. Auch heuer fanden wieder neun Gastspiele in Bad Wiessee statt. „In Bad Wiessee werden die Veranstaltungen deutlich besser angenommen“, weiß der langjährige Theaterleiter.

Trotzdem denkt Janiczek nicht über einen dauerhaften Umzug nach Bad Wiessee nach. Er fühle sich mit dem Standort Rottach-Egern verbunden. Schon sein Vater sei bei der Bühne aktiv gewesen. Als Kind sei er daher immer wieder mit dabei gewesen und mit der Bühne und dem Standort aufgewachsen, berichtet der Nachfahre des Bühnengründers.

Er will auch weiterhin seinen Teil zur Tradition beitragen und so wenig Vorstellungen wie möglich absagen. Durch Kleinsponsoring im Programmheft will er zudem zusätzliche Einahmen generieren. Doch ohne den höheren Zuschuss der Gemeinde wird es auf Dauer schwierig. „Dann stehen wir jedes Jahr auf der Kippe“, so Janiczek.

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