Tourismusverband funktioniert nicht mehr

Zweite Ergänzung vom 8. Oktober / 14:40 Uhr
Im August gab es den touristischen Aufreger der Sommerpause. Die Meldung, dass der Tourismusverband München Oberbayern (TVMO) vor dem Aus steht veranlasste TTT-Chef Georg Overs erst zu der Aussage “Wir sind erschüttert.”

Doch nur zwei Wochen später sah die Sache schon wieder anders aus. Die über 200 Mitglieder des Verbandes, darunter auch die Tal-Gemeinden, hatten eine notwendig gewordene Finanzspritze in Höhe von 250.000 Euro zur Verfügung gestellt. “Wir sind erleichtert”, so Overs nach der Rettung. Eine Aktion, die wahrscheinlich umsonst war. So hat Overs bestätigt, dass der TVMO definitiv vor dem Aus steht.

Das, was heute in den Medien zu hören war, stimmt. Das Ganze funktioniert so einfach nicht mehr. Jetzt müssen wir schauen, wie es nach einer möglichen Insolvenz weitergeht.

Laut Overs, der ebenfalls an der entscheidenden Sitzung um 16 Uhr in München teilnehmen wird, soll sich nach der Insolvenz ein neuer Verband gründen, der wie schon bei der letzten Konstruktion als oberbayerischer Dachverband fungieren wird. “Das wird aller Voraussicht nach so vorgeschlagen werden. Man darf nicht vergessen, vieles hat ja auch gut funktioniert.”

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Unklar ist dabei wie der aktuelle Vorschlag vom Hotel- und Gaststättenverband hinsichtlich einer Vierteilung der touristischen Gebiete angenommen wird. Dieser hatte eine Regionszugehörigkeit Tegernsee-Königssee, München plus Starnberger See, Oberland und nördliches Oberbayern angeregt. Ein Konzept, dem der TTT-Chef derzeit kritisch gegenübersteht: “Ich kann mir nicht vorstellen, wie das gehen soll. Der Tegernsee und der Königssee sind ja beides schöne Seen. Doch viel mehr Gemeinsamkeiten kann ich derzeit nicht erkennen. Und zwischen beiden Seen liegen ja auch ein paar Kilometer.”

Weitere Informationen werden wir nach dem Ende der Sitzung an dieser Stelle veröffentlichen.

Zum Verband:
Der Tourismusverband München-Oberbayern ist der Dachverband der Branche im südlichsten bayerischen Regierungsbezirk. Der größte touristische Verband Deutschlands vertritt die Interessen seiner Mitglieder und verbucht jährlich 30 Millionen Übernachtungen. Das Bayerische Wirtschaftsministerium hat den Verband in den letzten fünf Jahren mit knapp drei Millionen Euro gefördert. Fast 2,8 Millionen Euro bekam der TVMO für seine Marketingtätigkeiten.

Ergänzung vom 25. August / 9:49 Uhr
Nur wenige Tage hat es gedauert, bis die über 200 Mitglieder des Tourismusverband München Oberbayern (TVMO) die nötige Finanzspritze von 250.000 Euro bereit stellten. Unter ihnen auch die Talgemeinden.

Eine laut TTT-Geschäftsführer Georg Overs “einmalige Solidarität, die so nicht absehbar war”. Damit ist auch die Zukunft des TVMO als größter deutschen Tourismusverband erstmal gesichert.

“Wir sind erleichtert über diese einmalige Solidariät, erwarten aber gleichzeitig daher erst recht eine weitere Aufklärung und Neuorientierung”, so Overs in einer kurzen Stellungnahme.

Und auch die TVMO sieht ihre Hauptaufgabe in den nächsten Monaten in der Aufarbeitung der im Juli bekanntgewordenen Vorfälle. “Damit sollen das Vertrauen der Förderbehörden wieder erlangt und zugleich Lösungen für die Zukunft des Verbandes erarbeitet werden”.

Nach einer internen Revision war Mitte Juli bekanntgeworden, dass es in dem Lobbyverband zu Unregelmäßigkeiten bei der Verwendung öffentlicher Fördermittel gekommen war. Daraufhin stoppte die Regierung von Oberbayern die Auszahlung von Fördermitteln. Wie lange dieser Stopp weiter bestehen wird, ist derzeit offen.

Ursprünglicher Artikel vom 16. August mit der Überschrift: “Wir sind erschüttert”
Die Touristiker aus dem Oberland stehen vor einem Problem: Dem Tourismusverband München-Oberbayern (TMO), der gleichzeitig auch Dachverband der Alpenregion Tegernsee-Schliersee ist, geht womöglich demnächst das Geld aus. Bis Ende Oktober klafft ein Finanzloch von 250.000 Euro. Am Montag gab es eine eigens einberufene Krisensitzung in Starnberg.

Gerettet werden kann der Lobbyverband, in dessem Vorstand auch TTT-Chef Georg Overs sitzt, nur durch einen Schulterschluss aller TMO-Mitglieder. Auch die fünf Tal-Gemeinden müssen hierfür Geld in die Hand nehmen. Grund für die finanzielle Schieflage sind massive Unregelmäßigkeiten im Umgang mit Fördermitteln.

Ein erstes Schreiben des TMO erreichte die Mitglieder bereits letzten Mittwoch, in dem über die missliche Lage informiert wurde. Bei der kurzfristig am Montag einberufenen Sitzung am Starnberger See waren auch viele Vertreter des Landkreises Miesbach anwesend. „Wir waren vom Stimmrecht voll vertreten“, sagt TTT-Chef Overs.

Zu den Teilnehmern bei der Krisensitzung zählten unter anderem die Tal-Bürgermeister Franz Hafner (Rottach-Egern), Georg von Preysing (Gmund), Peter Höß (Bad Wiessee) und Kreuths 2. Bürgermeister Bernd Rohnbogner.

„Unregelmäßigkeiten seit Wochen bekannt“

Seit Mitte Juli ist dem Tourismusverband München-Oberbayern bekannt, dass bei der Verbuchung von Fördergeldern Unregelmäßigkeiten vorliegen. Kurzerhand ist im Juli die bis dahin zuständige Geschäftsführerin des Verbandes von allen ihren Ämtern entbunden worden und erhielt umgehend eine Kündigung.

Außerdem informierte der Verband die Staatsanwaltschaft, die in Folge dessen Ermittlungen einleitete. Allerdings, so die Information aus dem Verband, soll sich die Geschäftsführerin nicht persönlich bereichert haben. Der Tatverdacht der Veruntreuung von Geldern hat sich bis zum heutigen Tage nicht bestätigt.

Das Bekanntwerden der Unstimmigkeiten bestätigt auch TTT-Chef Georg Overs, der uns zu verstehen gibt, dass sich der Oberbayerische Tourismus Verband schon seit Wochen mit dem Thema auseinandersetzt.

Eine weitere Folge für den Tourismusverband München-Oberbayern: Das Ministerium von Oberbayern hat die Zahlung der Fördergelder bis auf weiteres eingestellt. Jeder einzelne Beleg, seit Bekanntwerden der Unstimmigkeiten, muss nun nochmals genau unter die Lupe genommen werden. Dieses Verfahren läuft seit Anfang August.

Dass das Liquiditätsproblem und die Buchungsfehler „trotz intensiver Rechnungslegungsprüfung“ auftreten konnten, darüber ist Georg Overs selbst „erschüttert“.

Regressforderungen drohen

Ungeachtet dessen, droht den Tourismusverband noch ein weiterer Paukenschlag. Denn es stehen Regressforderungen von EU-Fördermitteln im Raum. 2011 machten diese immerhin einen Anteil von 14,9 Prozent oder 432.100 Euro der rund 2,9 Millionen Gesamtmittel des Verbandes aus.

„Sollte sich der Verband tatsächlich auflösen müssen, wäre der Imageschaden für den gesamten Tourismusraum Oberbayern natürlich enorm“, teilt uns Kreuths Zweiter Bürgermeister Bernd Rohnbogner auf Nachfrage mit. „Noch dazu würde ein Neuaufbau eines Verbandes in dieser Form Jahre dauern.“ Über 300 Mitglieder, darunter hauptsächlich Gemeinden, sind unter dem Dach von Bayerns größtem Tourismus Verband organisiert.

Georg Overs, Chef der TTT

Dabei ist der TMO eine Art zentrale Koordinierungsstelle für alle Tourismusorganisationen der Region. So werden von dort aus zum Beispiel überregionale Marketingaktionen organisiert und auch diverse Förderanträge gestellt. Nicht zuletzt gehört auch die Lobby-Arbeit bei übergeordneten Stellen zu den Aufgaben des Verbandes.

Ganz konkret sind am Tegernsee beispielsweise Projekte wie der elektronische Meldeschein, die E-Fitness-Kurse für Beherbergungsbetriebe und laut Georg Overs “weitere sinnvolle Schulungen und Projekte” subventioniert worden. Auch die Beschilderung der Radwege rund um den See ist vom Dachverband aus München finanziell unterstützt und koordiniert worden.

Mitglieder sind gefordert – sonst droht Rettung zu scheitern

In jedem Fall fehlen bis Ende Oktober 250.000 Euro. Eine Finanzierungslücke, die umgehend geschlossen werden muss. Alle Mitglieder des TMO müssen nun zusammen diesen Betrag stemmen. Die Bitte um finanzielle Unterstützung ist heute in den Rathäusern eingetroffen. Bad Wiessees Bürgermeister Peter Höß macht uns diesbezüglich klar: „Der jeweilige Betrag richtet sich nach der Anzahl der Übernachtungen in den Orten.“

So muss Kreuth beispielsweise 1.700 Euro beitragen. Bad Wiessee zahlt in etwa 5.000 Euro. Rottach, Tegernsee und auch Gmund liegen dazwischen. „Mit dem Betrag kann der Verband zumindest über den Sommer gerettet werden“, macht Overs klar. Wie es danach weitergeht, müsse sich noch zeigen.

Welche Folgen hat ein Aus für das Tegernseer Tal?

Wie bereits erwähnt, drohen bei einer Pleite des Verbandes verschiedene überregionale Veranstaltungen und Projekte, zu scheitern. “Man kann das schon auch selbst organisieren und beantragen”, erklärt Overs. Eine zentrale Anlaufstelle sei da aber durchaus sinnvoll.

Selbst einige Messetermine, die der TMO bereits auf lange Sicht organisiert hat, können womöglich nicht stattfinden. Dort waren auch Stände der TTT zusammen mit der ATS eingeplant. Wie hoch der Gesamtförderbetrag für die ATS oder auch für die TTT in der Vergangenheit war, kann uns Georg Overs auf Nachfrage nicht konkret mitteilen: “Das ist schwer zurechenbar und von Projekt zu Projekt verschieden.”

Darüber hinaus sehen weder Höß noch Rohnbogner direkte und kurzfristige Folgen für das Tal und die einzelnen Gemeinden rund um den Tegernsee. Wie es um die langfristigen Folgen einer möglichen Pleite des Verbandes für das Tegernseer Tal bestellt ist, kann deshalb nur schwer abgeschätzt werden. Overs spricht hier in jedem Fall von einem klaren “Wettbewerbsnachteil” für den gesamten Tourismus in Oberbayern – sollte es tatsächlich zum äußersten kommen.

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